Latĭum

[146] Latĭum, eine Landschaft des alten Italien, ursprünglich nur derjenige Theil der Ebene, welcher von dem Tiberis, dem Apennin, den Albanerbergen u. dem Meere begrenzt wird u. etwa ein Gebiet von 34 QM. umfaßt; später begriff man unter Latium alles Land, welches von dem Tiberis bis zum Liris reichte, mithin fast die ganze Campagna di Roma. Gebirge: das Albanergebirg, mit dem Albanus, Algidus u. den Tusculanischen Bergen, ferner die Äquer- u. Volskerberge, isolirt stand. der Mons sacer; Flüsse, sämmtlich ins Tyrrhenische Meer mündend: Tiberis mit Allia u. Anio, Numicus, Astura, Amasenus mit Ufens, Liris mit Trerus; Seen: Albaner See, Nemorensischer See, Fundanus u. Regillus; durch die Pontinischen Sümpfe war ein Kanal gezogen u. die Via appia geführt. Städte waren im eigentlichen L.: Fidenä, Tibur, Gabii, Rom, Tusculum, Präneste, Albalonga, Aricia, Veliträ, Lanuvium, Laurentum, Lavinium, Ardea, Cora, Signia, Sulmo, Setia, Suessa Pometia, Corioli, Antium, Satricum (s.d. a.); in L. adjectum: im Äquerlande Carseoli, Ortona; im Hernikerlande Anagnia, Ferentinum, Frusino; im Volskerlande Sora, Arpinum, Fregellä, Aquinum, Casinum, Interamna, Fabrateria, Privernum, Circesi, Terracina (Anxur); im Aurunkerlande Fundi, Amiclä, Formiä, Cajeta, Minturnä, Sinuessa. Der Boden, von vulkanischem Charakter u. gut bewässert, war sehr fruchtbar an allen Erzeugnissen Mittelitaliens, u. von berühmten Weinen wuchs bes. hier der Cäcuber u. Fundaner. Das eigentliche L. war in frühester Zeit der Wohnsitz der Latiner (s.d.), denen alles Land nördlich des Tiberis als fremdes, ja sogar als feindliches Gebiet galt, während die flachen u. sumpfigen Landstriche südlich des Albanergebirgs in den Händen der Rutuler u. Volsker, zweier umbrisch-sabellischen Stämme, sich befand u. schon Ardea u. Veliträ ursprünglich nicht zu den latinischen Städten gehörten. Im Jahre 338 v. Chr. waren bereits alle Städte L-s den Römern unterworfen; sie wurden theils in das volle römische Bürgerrecht aufgenommen, theils erhielten sie die Civität ohne Stimmrecht. Das Land der Volsker u. Ausoner wurde (317), wie esauch schon vorher (358) mit dem der Herniker u. Äquer geschehen war, mit zu L. geschlagen u. dessen Grenzen dadurch über den Liris (Garigliano) hinaus bis zum Berge Massicus (Mondragone) erweitert. Dieses neue Gebiet erhielt im Gegensatz zu dem alten L. den Namen L. adjectum od. L. novum. Die Unterworfenen bildeten ein bestimmtes Ganzes, welches die Benennung Nomen Latinum bekam; sie erhielten vor den Fremden od. Peregrini einzelne Vorrechte (wie das des Vermögensverkehrs u. der Testamentserbfolge nach Römischem Recht, das Commercium u. dergl.), welche auch später andere Städte von den Römern erhielten; namentlich wurden Latinische Colonien (s.d.) mit denselben in viele Orte Italiens abgeführt. Diese Mittelstufe zwischen der Civität u. Peregrinität ist das Jus Latii od. die Latinität, s. Rom (Verfassung).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 146.
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