[735] Sachverständige (Kunstverständige), Personen, welche über Gegenstände, zu deren richtiger Erkenntniß u. Beurtheilung eine besondere, nicht von Jedem besessene Erfahrung od. Bildung gehört, so unterrichtet sind, daß sie über dieselben eine zuverlässige Wahrnehmung bekunden od. ein Gutachten abgeben können. Man theilt hiernach die S-n wohl noch in wahrnehmende u. beurtheilende S. ein, je nachdem der Zweck ihrer Benutzung auf eine durch Fachkenntnisse bedingte Feststellung thatsächlicher Verhältnisse ist, od. ihnen zugleich technische Fragen vorgelegt werden, welche sie den Grundsätzen der einschlagenden Kunst, Wissenschaft od. Sachkunde zu unterstellen haben, um daraus die für die Beurtheilung des Sachverhältnisses dienlichen Schlüsse zu ziehen. In beiden Beziehungen kommt der Gebrauch von S-n sowohl im Civil-, als im Criminalprocesse vor. Im Civilprocesse erfolgt die Zuziehung von S-n der Regel nach nur auf Antrag der Parteien; nur ausnahmsweise kann der Richter auch von Amtswegen dazu schreiten, in den Grenzen des richterlichen Fragerechtes zum Zwecke der Aufhellung der Streitpunkte, u. wenn das Gutachten S-r nothwendig ist, um beurtheilen zu können, ob ein von einer Partei geführter Beweis gelungen ist. Die Gkaubwürdigkeit der S-n richtet sich im Allgemeinen nach denselben Grundsätzen, wie bei Zeugen (s.d.), weshalb sie auch vereidigt werden. Dem Gegner wird verstattet seinerseits ebenfalls Kunstverständige vorzuschlagen; die S-n beider Parteien werden dann durch Vorlegung, Besichtigung od. Übergabe des Gegenstandes zur Untersuchung mit den thatsächlichen Verhältnissen, auf welche es ankommt, bekannt gemacht u. zur Abgabe ihres Gutachtens mit Gründen aufgefordert. Bei Widerspruch der S-n unter einander soll nach Einigen die Stimmenmehrheit, nach Anderen die Triftigkeit der vorgebrachten Gründe entscheiden, zu deren Beurtheilung der Richter noch ein Obergutachten von anderen S-n einholen kann. Nur bei Schätzungen, bei denen auch Gründe nicht erfordert werden, erleidet dies eine Ausnahme. Sind die Gegenstände der Schätzung umfänglicher, so werden ebenso viel Klassen (Schürzen genannt), zusammengesetzt, je aus einem S-n von Seiten des Producenten (s.u. Beweis), Producten u. des Richters gebildet, als S. von jeder Seite vorhanden sind; die Summe der Angaben aller Schürzen, dividirt durch die Zahl der Schürze, gibt die Schätzungssumme. Im Criminalprocesse ist die Wahl der S-n dem Richter anheimgestellt. In der Regel sind dergleichen hierfür (Gerichtsärzte, Taxatoren etc.) ständig bestellt; andere sind dann nur dann zuzuziehen, wenn Gefahr auf dem Verzuge haftet. Dem Angeschuldigten gebührt gegen die Person der S-n aus denselben Gründen ein Ablehnungsrecht, welche auch Richter u. Zeugen als befangen zu recusiren gestatten. Die Mittheilung des Gutachtens der S-n hat zunächst schriftlich zu den Voruntersuchungsacten zu geschehen, damit, wenn etwa das Gutachten wegen Meinungsverschiedenheiten, Mängeln in der Wahrnehmung etc. sich als ungenügend erweist, zuvörderst noch eine Wiederholung desselben unter Beiziehung eines weiteren Experten od. ein Obergutachten eingeholt werden kann. Im öffentlich-mündlichen Verfahren erfolgt bei der Schlußverhandlung regelmäßig die nochmalige Vernehmung der S-n, u. diese mündliche Ausführung wird dann meist für den Richter entscheidend. Vgl. Seeger, Das Verfahren mit S-n in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Stuttg. 1841.