[94] Antwerpen, nach Brüssel die wichtigste Stadt des Königreichs Belgien, an dem rechten Ufer der Schelde, welche hier selbst die größten Kriegsschiffe trägt, ist regelmäßig gebaut, wird von mehren Kanälen, die durch viele Brücken verbunden sind, durchschnitten und hat mehr als 10,000 Häuser und etwa 73,000, meist katholische Einw.
Das ausgezeichnetste unter der großen Zahl öffentlicher Gebäude ist der Dom, welcher 500 F. lang und 240 F. breit ist, dessen Gewölbe von 125 Säulen getragen wird und dessen hohe [94] Fenster mit schönen Glasmalereien verziert sind. Im Innern desselben befinden sich unter mehren andern Monumenten das Grab des Malers Rubens und zwei seiner ausgezeichnetsten Gemälde; der Thurm ist der höchste in Europa und mißt 444 F. Das Rathhaus zeichnet sich durch seine einfache Bauart aus; die Börse ist eine der ansehnlichsten in Europa, und auch der von Napoleon erbaute ehemalige kais. Palast ist bemerkenswerth. Die Stadt ist befestigt und ihre Citadelle durch die jüngste Belagerung im J. 1832 durch die Franzosen und ihre tapfere Vertheidigung durch die Holländer unter dem General Chasse aufs Neue in der Kriegsgeschichte berühmt geworden. Der Hafen A.'s ist gut und geräumig, sodaß er über 1000 Schiffe fassen kann; er wurde auf Napoleon's Anordnung 1808 erweitert, der auch zwei große mit Quadern ausgemauerte, 30 F. tiefe Bassins erbauen ließ, in welchen durch Schleusen, die mit der Schelde in Verbindung stehen, und sogenannte Flutthüren fortwährend der höchste Wasserstand erhalten wird und in denen eine große Anzahl Schiffe bequem aus- und einladen können. Auch das Arsenal und dir Schiffswerfte, sowie die Waarenniederlagen waren prachtvoll und, namentlich letztere, von ungeheuerm Umfange. Auch sie verdanken theils ihre Entstehung, theils ihre Erweiterung Napoleon, der den Plan hatte, A. wieder zu seinem alten Glanze und zum bedeutendsten Handelsplatze zu erheben, welchen Rang es noch im 17. Jahrh. einnahm, wo es gegen 200,000 Einw. zählte. Über 2000 Schiffe nahm es damals in seinem Hafen auf, die ihm die Waaren und Reichthümer aus allen Ländern der Welt zuführten, bis der westphäl. Friede die Schelde schloß und so den Lebensfaden von A.'s Handel zerschnitt, der schon vorher durch die Religionsunruhen und die span. Kriegszüge, in denen es zwei Belagerungen, 1576 und 1585, ausgehalten, sehr gelitten hatte. Auf A.'s Fall gründete sich die Größe Amsterdams, wohin damals die meisten Kaufleute auswanderten. Die franz. Revolution stellte die Freiheit der Schelde wieder her und schnell erhob sich auch A. durch seine glückliche Lage wieder zur blühenden Handelsstadt, wo vor dem Ausbruche der belg. Revolution im J. 1830, als A. der Hauptstapelplatz Belgiens und Hollands war, täglich gegen 60 Schiffe ausladeten. Als im J. 1830 A. von den Belgiern eingenommen worden und die Mehrzahl der Bürgerschaft sich für die Revolution erklärt hatte, zog sich die holländ. Besatzung unter dem General Chassé in die Citadelle zurück, der, von den Belgiern gereizt, am 27. Oct. 1830 die Stadt sieben Stunden lang beschießen ließ. Die ungeheuern Waarenlager, wo große Vorräthe von Zucker, Kaffee, Indigo, Kattun und andern kostbaren Stoffen aufgespeichert lagen, und drei Häuser, sowie das Arsenal gingen im Feuer auf. Dadurch und durch die Kriegszurüstungen, als Frankreich und England 1832 sich vereinigt hatten, die Räumung der Citadelle von den Holländern zu erzwingen, gerieth der Handel bis zur Eroberung derselben, am 23. Dec. 1832, wieder in Stocken, doch wird er bei völliger Befreiung der Schelde schnell wieder in Gang kommen. Neben dem Handel bilden die zahlreichen Fabriken und Manufacturen, welche vorzüglich Seiden- und Baumwollenwaaren, Zwirn, Spitzen, Tapeten, Treffen, Tücher, Zucker, Taback, Branntwein u.s.w. liefern, die Hauptnahrungsquellen der Stadt; auch gibt es daselbst ausgezeichnete Gold- und Silberarbeiter, Diamanten- und Steinschleifer. Zu den wissenschaftlichen Anstalten der Stadt gehören das Athenäum, die kön. Akademie der schönen Künste und die Gesellschaft zur Aufmunterung der Künste und Wissenschaften; eine Malerakademie, eine medicinische Schule, ein Gymnasium, eine Galerie meist niederländ. Gemälde und eine öffentliche Bibliothek.