Apostel

[98] Apostel, d.i. Gesandte, nennt man die Männer, welche in der nächsten Umgebung Jesu lebten und von ihm selbst unterrichtet wurden, um in seinem Namen die neue Lehre unter den Völkern zu verkündigen. Insbesondere begreift man unter diesem Namen die zwölf vorzugsweise sogenannten Jünger Jesu: Simon Petrus und seinen Bruder Andreas; Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus; Philippus; Bartholomäus; Thomas; Matthäus; Jakobus den Jüngern, einen Sohn des Alphäus; Lebbäus oder Judas Thaddäus; Simon den Eiferer, nach seinem Geburtsorte Kana der Kananit genannt, und Judas Ischariot, der Jesum verrieth und an dessen Stelle nachher Matthias erwählt ward. Später kam noch Paulus hinzu, der, früher ein heftiger Gegner des Christenthums, durch eine ungewöhnliche Erscheinung sich ihm zuwandte, es freisinniger als die übrigen Apostel auffaßte und wegen seines Eifers in Hinsicht der Bekehrung der Heiden den Namen des Heidenapostels erhielt. Sie gehörten insgesammt der arbeitenden Volksclasse an, waren redliche, mit Ausnahme des Paulus ungelehrte, mit gesundem Verstande und mit Lernbegierde [98] begabte Männer, zwar nicht frei von jüdischen Vorurtheilen, aber empfänglich für bessere Belehrungen. Durch Jesu lehrreichen Umgang und Unterricht wurden sie mit seinem höhern Plane bekannt, und obschon sein Tod sie einschüchterte, so stärkte seine Auferstehung ihren Muth und ihr Vertrauen desto mehr. Zwar wurden sie, nachdem er von ihnen geschieden, ängstlich und muthlos; allein nach dem Pfingstfeste, wo Jesus seinen Geist über sie auszuschütten verheißen hatte, waren sie wie umgewandelt, verkündeten furchtlos seine Lehre und waren entschlossen, Alles, ja selbst das Leben für dieselbe zu opfern. Einfach, ihre eignen Fehler und Schwächen nicht verschweigend, erzählen und schreiben sie, wie dies die noch vorhandenen Schriften des Matthäus, Johannes, Petrus, Paulus, Jakobus und Judas beweisen. Nur Paulus, der vorzüglich auf gelehrte Juden und Heiden zu wirken suchte, schreibt philosophischer und zuweilen dunkel. Zwar feiert die katholische Kirche ein Fest der Aposteltheilung zum Andenken der Übereinkunft der Apostel hinsichtlich der Länder, in welchen ein Jeder das Evangelium verkündigen wollte; allein es fehlen uns hierüber, sowie über die Schicksale der einzelnen Apostel, zuverlässige Nachrichten. Wahrscheinlich sind die meisten als Märtyrer gestorben; Jakobus der Ältere zuerst und Petrus und Paulus ohne Zweifel unter Nero ums I. 67 zu Rom, wo es schon eine Christengemeinde gab, noch ehe sie hinkamen. Johannes soll am längsten gelebt haben, 99 Jahr alt geworden und zu Ephesus gestorben sein, nachdem er während der Christenverfolgung unter dem Kaiser Domitian ums I. 96, der Sage nach in siedendes Öl geworfen, aber unversehrt herausgezogen, dann auf die Insel Patmos verwiesen, bald darauf aber zurückberufen worden war. Die sogenannten Aposteltage, welche die katholische Kirche feiert, sind ihre, der Sage nach angenommenen Todestage. Ihre in das Neue Testament aufgenommenen Schriften gelten fast insgesammt als authentisch, d.h. von ihnen herrührend; nur die Ächtheit des zweiten Briefs Petri, des Briefs Judä, der Offenbarung des Johannes und der zwei kleinern Briefe desselben ward bestritten, jedoch ohne ausreichende Gründe. Frühzeitig aber wurden ihnen eine Menge Schriften untergeschoben, die man indeß sehr bald als unecht erkannt hat. Durch ihre Verdienste um die Verbreitung der christlichen Lehre haben sie sich unsre ausgezeichnetste Hochachtung erworben; allein Verehrung, wie dies die katholische Kirche thut, erweist ihnen die protestantische nicht. Die ersten Nachrichten über die Thätigkeit der Apostel, insbesondere des Paulus, finden sich in der Apostelgeschichte des Lukas, der den Paulus einige Zeit auf seinen Reisen begleitete. – Das sogenannte apostolische Glaubensbekenntniß ist nicht von den Aposteln aufgesetzt, sondern unbekannten Ursprungs, jedoch sehr alt und aus der Apostel Lehre entnommen. – Den Titel apostolischer König erhielt vom Papste zuerst ums I. 1000 der König von Ungarn; ihn ernuerte für die Kaiserin Maria Theresia und ihre Nachfolger der Papst Clemens XIII. im J. 1758. – Ein apostolischer Orden, dessen Glieder gleich den Aposteln lebensollten, ward um 1260 gestiftet, artete aber sehr bald so aus, daß er mit Gewalt der Waffen unterdrückt werden mußte. Apostolischer Stuhl nennen die Päpste ihre Regierung, insofern sie Petrus als den ersten Bischof Roms annehmen.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 98-99.
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