Hohe Priester

[404] Hohe Priester (der) behauptete in der jüdischen Religions- und Staatsverfassung den doppelten Rang eines geistlichen und weltlichen Oberhaupts der Juden, obwol er als letzteres dem Ansehen des Königs und früher des Richters untergeordnet war. Seine auf Lebenszeit dauernde Würde war von Moses der Familie Aaron's als ein Vorrecht einverleibt, und in ihr erbte sie auch bis zu den Zeiten des Verfalls des jüd. Staats in ununterbrochener Reihenfolge fort. Der Hohepriester redete und befahl im Namen Jehova's, weshalb bei crimineller Ahndung ihm Niemand Gehorsam verweigern durfte. Außer den hohen religiös-bürgerlichen Amtsverrichtungen war ihm auch die Aufsicht über die Nationalheiligthümer der Juden anvertraut. Zu seinem Amte, das ihm die größte Reinheit zur Pflicht machte und nur eine unberührte Jungfrau zu heirathen verstattete, wurde er auf das feierlichste durch Waschungen, Salbungen und Opfer eingeweiht. Seine eigenthümliche, sehr kostbare und glänzende Amtstracht diente dazu, ihm in den Augen des Volks ein Ehrfurcht gebietendes Ansehen zu geben. Merkwürdig an derselben ist das aus einem Goldblech bestehende Urim und Thummim, nach Luther das Schildlein des Rechts und des Lichts. Auf ihm waren in zwölf Edelsteinen die Namen der zwölf Stämme eingegraben und er bediente sich desselben als eines Orakels beim Befragen Jehova's. Die wichtigste und feierlichste Handlung des Hohenpriesters war die Entsündigung des ganzen jüd. Volks, die er einmal im Jahre, am großen Versöhnungstage, gleichsam als Mittler zwischen Jehova und der Nation, durch Gebet und Opfer vollbrachte, welche Handlung nachmals zur Lehre von dem versöhnenden Opfertode Christi Veranlassung gegeben hat. [404] Nach Zerstörung des jüd. Staats erneuerte sich die hohepriesterliche Würde im Papstthum. Vergl. Papst und Hierarchie.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 404-405.
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