Sterne [1]

[290] Sterne nennt man die leuchtenden Körper, welche bei unumwölktem Himmel, namentlich des Nachts, in unzählbarer Menge am Himmel sichtbar werden. Sie stehen aber auch während des Tages am Himmel, nur daß man sie dann wegen des hellen Lichtes der Sonne nicht wahrzunehmen vermag; schaut man jedoch durch ein langes inwendig geschwärztes Rohr, welches die Sonnenstrahlen abhält, das Auge zu treffen, so kann man auch am Tage die Sterne beobachten. Auch bei starken Sonnenfinsternissen werden zuweilen einzelne von den am hellsten leuchtenden Sternen sichtbar. Schon hieraus folgt, daß die Sonne selbst, sowie auch der Mond, nichts Anderes als Sterne unter den übrigen Sternen sind, welche sich nur durch ihren besondern Glanz für uns auszeichnen. Da sich die Erde täglich einmal um ihre Achse umschwingt, so hat dieses die Erscheinung zur Folge, als ob sich der ganze Himmel mit allen an ihm stehenden Sternen binnen 24 Stunden einmal um die Erde herumbewegte, und diese Bewegung geschieht gleichfalls um eine Achse, welche die Verlängerung der Erdachse bildet. Da die Ansicht des Himmels für uns durch die Ausdehnung der Erde selbst so gehindert ist, daß wir stets nur die eine Hälfte des ganzen scheinbar kugelförmigen Himmelsgewölbes erblicken, so ist die Folge der scheinbaren Umdrehung des Himmelgewölbes, daß, wie die Sonne, alle Sterne, welche uns überhaupt sichtbar sind, täglich einmal im O. aufgehen und einmal im W. untergehen. Doch kann die Zeit ihres Auf-oder Untergangs mit derjenigen zusammenfallen, in welcher die Sonne mit ihrem Lichte uns des Anblicks der Sterne beraubt. Bei genauerer Beobachtung des Sternenhimmels findet man, daß die meisten Sterne fortwährend dieselbe Stellung gegeneinander beibehalten, und sich in dieser Stellung gemeinschaftlich um die Erde herumbewegen; man nennt diese Sterne Fixsterne (s.d.). Andere Sterne bewegen sich außerdem noch unter den übrigen Sternen fort, sie heißen Planeten (s.d.). Betrachtet man diese mit starken Fernröhren, so findet man, daß sie zum Theil auch noch andere kleinere Sterne bei sich haben, welche sich wieder um sie grade ebenso herumbewegen, wie sich der Mond um die Erde bewegt, diese heißen daher Monden, Nebenplaneten, Satelliten oder Trabanten (s.d.). Endlich treten zuweilen noch Sterne von scheinbar unregelmäßigerm Lauf als alle genannten auf, die sich überdies schon durch ihr Ansehen merkwürdig auszeichnen, die Kometen (s.d.).

Um sich in dem unzählbaren Heer der Sterne zurechtzufinden, hat man die Fixsterne nach ihren gegenseitigen unwandelbaren Stellungen in Gruppen zusammengefaßt und diese mit allerhand Namen bezeichnet, welche irgend ein Bild der Phantasie mit denselben in Verbindung setzen. Diese sogenannten Sternbilder sind großtenheils schon in den ältesten Zeiten geschaffen worden. Überdies hat man auch die Sterne nach ihrer scheinbaren Größe eingetheilt und den größten unter ihnen eigne Namen gegeben. (Vgl. Fixsterne.) Die alten Namen der Sternbilder stehen im Zusammenhange mit der Mythologie und der mythischen Geschichte der ältesten Völker. Spätere neuentdeckte Sternbilder haben Namen erhalten, welche sich theils auf merkwürdige historische Personen, theils auf wichtige, namentlich naturwissenschaftliche Entdeckungen beziehen. Man hat auch einige vergebliche Versuche gemacht, die alten Namen sämmtlich durch neuere zu verdrängen. Diese Versuche waren zum Theil wenigstens sehr abgeschmackt. So wollte ein Astronom des 16. Jahrh. die Wappen aller adeligen Familien an den Himmel versetzen, und Julius Schiller in Augsburg gab 1627 einen christlichen Sternenhimmel heraus, in welchem an die Stelle der alten Sternbilder die Heiligen der katholischen Kirche gesetzt waren. Außer den zwölf Sternbildern des Thierkreises (s. Sonne) kannten die Alten noch 36 Sternbilder, von denen 21 auf der nördl., 15 auf der südl. Halbkugel liegen. Die alten nördl. Sternbilder sind: Kassiopeja, Andromeda, das nördl. Dreieck, Perseus mit dem Medusenkopf, der Fuhrmann mit der Ziege, der große Bär, der kleine Bär, der nördl. Drache, Bootes oder der Bärenhüter, die nördl. Krone, Hercules, Ophiuchus oder der Schlangenträger, die Schlange des Ophiuchus, die Leier mit dem Geier, der Adler, der Schwan, der Pfeil, der Delphin, das kleine Roß, Pegasus, Zepheus; die alten südl.: der Walfisch, der große Hund, der kleine Hund, die große Wasserschlange, der Becher, der Rabe, der Wolf, der Centaur, das Schiff Argo, die südl. Krone, der südl. Fisch, der Hase, der Altar, der Eridanus, der Orion. Später sind noch folgende neuere Sternbilder hinzugekommen: der Antinous, das Haupthaar der Berenice, die Karlseiche, die Taube, das Kreuz, das Sobieski'sche Schild, das Einhorn, die Giraffe oder das Kamelopard, der uranische Sextant, die Jagdhunde, der kleine Löwe, der Luchs, der Fuchs mit der Gans, die Sterneidechse, das kleine Dreieck, die Fliege beim Widder, Cerberus bei Hercules, die amerik. Gans, der Phönix, die kleine Wasserschlange, der Schwertfisch oder das Dreieck, der fliegende Fisch, das Chamäleon, der Paradiesvogel, das südl. Dreieck, der Pfau, der Indianer, der Kranich, der Berg Mänalus bei Bootes, das Herz Karl's II., das Rennthier, der indian. Vogel oder der Einsiedler, der Poniatowski'sche Stier, der Erntehüter oder Messier, der Mauerquadrant, das brandenburg. Scepter, Friedrich's Ehre, die Georgsharfe, das Herschel'sche Teleskop, der Luftballon, die Buchdruckerwerkstatt, die Elektrisirmaschine, das Log mit der Leine, die Bildhauerwerkstatt, der chemische Ofen, die Pendeluhr, das rhomboidische Netz, der [290] Grabstichel, die Malerstaffelei, der Seecompaß, die Luftpumpe, der Seeoctant, der Zirkel, Lineal und Winkelmaß, das astronomische Fernrohr, das Mikroskop, der Tafelberg, die Setzwage. Es gibt hiernach 48 alte, 58 neue, zusammen 106 Sternbilder. Die einzelnen zu einem Sternbilde gehörenden Fixsterne bezeichnet man so, daß man dem bedeutendsten Stern in einem jeden Sternbilde den ersten Buchstaben des griech. Alphabets α gibt, und dann nach der Größe weiter den übrigen die folgenden Buchstaben desselben Alphabets. Außerdem haben viele einzelne Sterne besondere Namen, so heißt der muthmaßlich unserm Sonnensystem nächste Fixstern α des großen Hundes Sirius, α des Stieres Aldebaran, β des Perseus Algol, α des Bootes Arktur, α des Schiffs Argo Canopus, α des Fuhrmanns Capella, α der nördl. Krone Gemma, β des Orion Rigel, α des kleinen Bären Ruecabah oder der Polarstern, α der Jungfrau Spica, α Leier Wega u.s.w. Eine eigenthümliche Erscheinung ist das zuweilen auftretende starke Funkeln der Sterne, welches in der heißen Zone zuweilen so heftig ist, daß die Sterne hin und her zu fliegen scheinen. Es ist dasselbe eine Folge von Ungleichheiten in den Luftschichten der Atmosphäre, welcher Zustand besonders in der heißen Zone häufig und stark vorkommt.

Sternkarten, auf denen die Fixsterne nach gegenseitiger Lage in ähnlicher Art eingetragen sind, wie man die Lage der Städte auf Landkarten verzeichnet, hat man schon im 17. Jahrh. verfertigt. So gab Johann Bayer eine Sammlung von 51 Kupferstichen heraus unter dem Titel »Uranometrie« (Augsb. 1603). Vorzügliche Werke sind von Hevel (1690), Flamsteed (1729, 1796), Bode und Harding. Bode's »Uranographie« (20 Bl. in gr. Fol., Berl. 1801, mit einem Katalog von 17,240 Sternen) ist in verkleinertem Maßstab herausgegeben worden von Meigen: »Der gestirnte Himmel sammt Beschreibung desselben« (Düsseld. 1823) und von Riedig: »Himmelsatlas« (20 Bl., Lpz. 1831). Die ausgezeichnetsten Sternkarten hat die Akademie der Wissenschaften in Berlin geliefert. Noch immer ist eins der vorzüglichsten Werke, um sich die Kenntniß des Sternenhimmels zu verschaffen: Bode's »Anleitung zur Kenntniß des gestirnten Himmels«, zu welchem eine allgemeine Himmelskarte gehört. Man hat in neuerer Zeit eine Menge von Hülfsmitteln erfunden, um die Orientirung am gestirnten Himmel zu erleichtern. So z.B. erschien von Bürja (Berl. 1817) eine Sammlung der vorzüglichsten Sternbilder, die in runden Pappscheiben bestehen, in denen die Sterne durch Löcher von verschiedener Größe angedeutet sind. Eine solche Pappscheibe wird in den Boden einer dazu gehörigen walzenförmigen Pappschachtel gelegt, deren Boden mit ölgetränktem Papier überzogen ist. In dem entgegengesetzten Deckel befindet sich ein Loch, durch welches man die gegen das Licht gekehrte Sternkarte betrachtet, wo man denn das auf ihr verzeichnete Sternbild in ähnlicher Weise wie das wirkliche Sternbild am Himmel sieht. Lehrreicher in vieler Beziehung sind die sogenannten künstlichen Himmelskugeln (s. Globus), indem man an ihnen die Stellung des gestirnten Himmels gegen den Horizont des Beobachters, den Auf-und Untergang und also auch die Stellung für jede Stunde der Nacht und dergl. versinnlichen kann. Durch ihre Größe ist die sogenannte Gottorpische Weltkugel, welche 1656–64 für den Herzog Friedrich von Holstein-Gottorp verfertigt wurde und gegenwärtig wahrscheinlich in Petersburg sich befindet, merkwürdig. Dieselbe hatte einen Durchmesser von 11 Fuß, im Mittelpunkt befand sich ein Tisch mit Bänken für 12 Personen und um den Horizont führte eine Galerie. Eine noch größere Himmelskugel gibt es in Kopenhagen, in welcher 30 Personen Platz finden. Die Sternkegel sind niedrige und weite Kegel, in deren Innerm die Sternbilder mit den größern Sternen eingezeichnet sind. Gewöhnlich sind sie so eingerichtet, daß der Pol in die Spitze des Kegels, der Äquator in die Grundfläche desselben fällt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 290-291.
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