99. Geburts-Tag Mannes und Weibes Das beste Binden ist sich binden mit den Armen; Das beste Lösen ist in süsser Gunst erwarmen.
99. Gläubiger Ist Schuldrich gleich Blut-arm, ob Niemand ihn gleich acht, Wird er mit Mahnern doch bedient, begleit, bewacht.
99. Gut Gewissen Ohne Leben lebt der Welt, Wer nicht gut Gewissen hält; Gut Gewissen in der Zeit Hebt schon an die Ewigkeit. Gut Gewissen traut auff GOTT, Trit für Augen aller Noth, Ist verschildwacht allezeit Mit der freyen ...
99. Hofe-Tugend Bey Hof ist alles sonst umsonst; Die beste Tugend ist die Gunst.
99. Hoffnung Der nichts hat, dem ist noch Rath, Weil er Hoffnung nur noch hat.
99. Kegeln auf der Heimburg. Auf der Heimburg (einige sagen im Keller) wird gekegelt. Die Kegel sind von Silber, die Kugeln von Golde, oder umgekehrt.
99. Kleines für Kleines Die liebe kleine Zeit will Kleines haben, Drum bring' ich ihr so viele kleine Gaben. Aus vielen Tagen wird ja doch ein Jahr – Sei ganz und sieh ein Ganzes in der Schaar.
99. Kommandowort Geht es schlecht, so laß es gehen, Geht es gut, so heiß' es stehen!
99. Oberstelle unter Bürgern und Edelleuten Bürger wollen oben an für den Edelleuten sitzen; Geld und Perlen, Seid und Sammt kan sie billich drüber schützen. Gold und Perlen, Seid und Sammt zeucht sie für sich selbst empor; Dann es dencket ...
99. Reichthum Viel haben nicht, nicht viel bedürffen machet reich; Was ists, was ich nicht darff, wann ichs nicht habe gleich?
99. Reimen Freude, die gezwungen ist, geht in schwerer Fahrt; Reime, die gezwungen sind, haben wenig Art.
99. Röthe und Räthe Morgen-Röth und Abend-Räthe pflegen nicht zu tügen; Abend-Röth und Morgen-Räthe bringen mehr Vergnügen.
99. Samson Vor dem sich nicht ein Löw kunt erwehren, Der läst sich durch ein Weib kahl bescheren.
99. Schlesier Soll den Eliser-Felden Diß Land sich gleiche melden, Muß dannen diß gerathen, Daß drinnen sind nur Schaten.
99. Suche was droben im himmel ist Das leben ohne tod/ die frewd' ohn alles leiden/ Die lust ohn' alle last/ die freundschafft ohne list/ Die ehr' ohn' eitelkeit/ die weisheit ohne zwist/ Die schönheit ohne brunst/ das lieben ohne ...
99. Von Albella und Nigrino Mit Kohlen schreibet auff Pappir, Albella, stets dein Mann dir für; Du achst es nicht, die Schreibe-Stunden, Wann die nur keinen Abgang funden.
99. Von einem Hofe-Hunde Unser Hund frist Feigen, Trauben, Zucker, was nur Menschen schmecket; Warum wär er Hund bey Hofe, da man auch den Speichel lecket?
99. Warheit Frome Leute klagen sehr, daß die Warheit sey verloren; Suche, wer sie suchen wil, aber nicht in hohen Ohren.
99. Wissenschafft Das Gold gilt da und dort, und die Geschickligkeit, Die schickt sich hin und her und taug in alle Zeit.
99. Wollust Wer der Wollust sich lehnt auß, wird er nicht ums Hauptgut kummen, Wird er Kranckheit haben doch stat der Zinsen eingenommen.
Buchempfehlung
In Paris ergötzt sich am 14. Juli 1789 ein adeliges Publikum an einer primitiven Schaupielinszenierung, die ihm suggeriert, »unter dem gefährlichsten Gesindel von Paris zu sitzen«. Als der reale Aufruhr der Revolution die Straßen von Paris erfasst, verschwimmen die Grenzen zwischen Spiel und Wirklichkeit. Für Schnitzler ungewöhnlich montiert der Autor im »grünen Kakadu« die Ebenen von Illusion und Wiklichkeit vor einer historischen Kulisse.
38 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro