Kanalisation [1]

[331] Kanalisation der Privatgrundstücke bezweckt, alle auf den Grundstücken erzeugten Abwässer, bei der Schwemmkanalisation auch die Fäkalien, unterirdisch abzuleiten und innerhalb kanalisierter Orte den Straßenkanälen zuzuführen. Die hierzu dienenden Anlagen, Hauskanalisationen oder Hausentwässerungen genannt, bilden einen hochwichtigen Teil jeder Ortskanalisation, weil Fehler, die hierbei gemacht werden, den unheilvollen Einfluß auf das Wohlbefinden der Hausbewohner ausüben und auch unmittelbare sachliche Schädigungen der Gebäude verursachen können.

Grundsätze bei Anordnung von Hauskanalisationen. In erster Linie müssen sämtliche Hauskanäle absolut dicht hergestellt werden. Um das Gefälle möglichst auszunutzen, sind tunlichst die kürzesten Wege für die Hauskanäle zu wählen. Zu große Kanalprofile sind wegen der leichter entstehenden Ablagerungen, zu kleine wegen der ungenügenden Leitungen zu vermeiden, daher die Dimensionen den abzuführenden Wassermengen entsprechend zu bestimmen. Weil es sich fast immer um recht kleine Entwässerungsgebiete handelt und die Dachflächen sowie die gepflasterten Höfe kein Wasser versickern lassen, so empfiehlt Verfasser, die Hauptleitung der Hausentwässerungskanäle für Abflußmengen nicht unter 15 Sekundenliter für je 1000 qm Entwässerungsfläche zu berechnen. Die lichte Weite der Hauptleitungen beträgt hiernach für städtische Grundstücke gewöhnlicher, nicht über 1000 qm hinausgehender Größe und bei nicht unter 1 : 50 betragenden Gefällen 15 cm. Bei größeren Flächen wird die Anordnung zweier und mehrerer 15 cm weiter Röhren an Stelle weiterer Rohrkanäle vielfach vorgezogen. Die lichte Weite der Seitenkanäle soll zu 12,5 und 10 cm bemessen werden. Für Regenfallröhren sind in der Regel 10 cm Lichtweite geeignet; bei ganz kleinen Flächen, z.B. Vordächern und Balkonflächen, genügen geringere Durchmesser. Unter 4 cm Weite sollte kein Fallrohr, auch nicht von einzelnen kleinen Ausgußbecken, hergestellt werden. Gewöhnliche Küchenfallröhren erhalten zweckmäßig 8 cm Weite. Die Fallröhren der Spülaborte füllten nicht unter 10, nicht über 14 cm Weite erhalten. Beim Anschluß mehrerer Klosetts sind 12 cm Lichtweite empfehlenswert. Das geeignetste Gefälle für die Hauptstränge der Hauskanalisationen ist 1 : 20 bis 1 : 50; geringere Gefälle, etwa bis 1 : 125, sind anwendbar, wenn ausreichende Spülung, namentlich durch Selbstspüler, gesichert ist. Gefälle unter 1 : 150 und bis etwa 1 : 250 sollten nur bei ganz großen Grundstücken, die genügend großen und dauernden Wasserzufluß erwarten lassen, angewendet werden. Möglichst unmittelbar unterhalb jedes Wassereinlaufes ist ein Wasserverschluß anzubringen. Kein Rohrstrang soll an der höchsten Stelle geschlossen, sondern jeder behufs Lüftung über das Dach des Hauses verlängert werden. Vor ihrem Austritt aus dem Grundstücke ist es zweckmäßig, die Hauptleitungen durch Anlage einer Revisionsstelle (Revisionsschacht, Inspektionsgrube) zugänglich zu machen. Bei freistehenden Häusern sind die Grundleitungen tunlichst außerhalb und nicht zu nahe den Häusern zu verlegen. Beim Durchgange der Kanäle durch Hausmauern sind jene nicht einzumauern, sondern in Ton oder Füllsand einzubetten, so daß sich Gebäudemauern oder Kanäle ohne Schaden für die Leitung setzen können. Jede Einmündung eines Rohrstranges in einen andern hat unter spitzem Winkel zu geschehen. Auf Sicherung gegen Frost ist besondere Rücksicht zu nehmen; in unserm deutschen Klima sind daher die Fallröhren, abgesehen von den Regenfallröhren, im Innern der Häuser anzubringen. Die außerhalb der Häuser liegenden unterirdischen Leitungen sollten eine Deckung von wenigstens 1 m erhalten; nur in geschützt gelegenen Höfen genügen 70 cm. Im Gebäudeinnern sind die Fallrohrleitungen und Wasserverschlüsse, wenn irgend möglich, nicht an den kalten Außenwänden anzuordnen. Alle Wassereinläufe müssen Siebe oder Gitter erhalten, welche gröbere Stoffe, die Anlaß zu Kanalverstopfungen geben können, zurückhalten. Abwässer, welche Sinkstoffe mit sich führen, sollen bei ihrem Abfluß durch Sinkkasten fließen. Die Rohrleitungen, welche Klosettabfallstoffe aufnehmen, sind als Hauptleitungen auszubilden, an die sich die übrigen Leitungen durch seitliche Abzweigstücke anschließen. Nie sollte in der Abflußrichtung ein Profil in ein solches von geringerer Weite übergehen. Wo dies entgegen der Abflußvorrichtung eintritt, ist der Uebergang durch besondere Uebergangsröhren zu bewirken. Jedes zu entwässernde Grundstück ist mit ausreichendem Spülwasser in[331] der Art zu versehen, daß jeder Einlauf aus einem Wasserleitungszapfhahn Wasserzufluß erhalten kann. Ausreichende Wasserversorgung der Grundstücke ist deshalb Vorbedingung für sachgemäße Ausführung und geordneten Betrieb einer Hauskanalisation. Größere Mengen heißen Wassers von über 40° C. sind nicht unmittelbar in die Hauskanäle einzuleiten, weil hierdurch einesteils die Zersetzung der Abwässer gefördert, andernteils Begnadigungen der Kanäle verursacht werden können. Vorherige Abkühlung in geeigneten Behältern ist erforderlich. Gelegentlich der Neukanalisierung eines Grundstücks sind alle alten, außer Betrieb kommenden Kanäle zu beseitigen und die vorhandenen Hohlräume mit reinem Grund auszufüllen.

Einzelkonstruktionen.

Die einzelnen, besonderen Teile einer Grundstückskanalisation bilden die Aufnahmevorrichtungen für Abwässer und Fäkalien, die Wasserverschlüsse, die Revisions- und Spüleinrichtungen. Von den Aufnahmevorrichtungen sind die wichtigsten die Wasserklosetts und die Pissoirs (s. Abort, Bedürfnisanstalten, Klosett). Zur Ableitung des Regenwassers von den nicht überbauten Grundstücksflächen dienen die Hofsinkkasten (Fig. 1 u. 2), Behälter aus Eisen oder Steingut mit gewöhnlich kreisförmigem Querschnitt von 25–40 cm lichter Weite, die mit einem Einlaufgitter abgedeckt und mit einem aushebbaren Eimer zur Ablagerung der von den Schmutzwässern mitgeführten schwereren Sinkstoffe versehen sind. Der Ablauf geht in einen Rohransatz über und ist derart nach aufwärts gekrümmt, daß ein ausreichender Wasserverschluß entsteht. – Zur Abführung der Abwässer aus überdachten Räumen benutzt man zumeist viereckige eiserne Sinkkasten (Hofeinläufe, Gullies, Fig. 1). Die Einlaufgitter derselben besitzen gewöhnlich ein trichterförmiges, in den Wasserspiegel hineinreichendes Ansatzstück, wodurch die nach dem Raum ausdünstende Wasserfläche wesentlich verringert wird. Da die Gefahr des Einfrierens in geschlossenen Räumen wegfällt, so können die hierfür bestimmten Sinkkasten mit sehr geringer Höhe, gewöhnlich nur 30–50 cm, auskommen. Die Küchenwässer werden durch Vermittlung von Ausgüssen (Küchenausgüsse, Wasser-Schüttstein, Spülbecken, Fig. 4) den Fallröhren zugeführt. Dieselben bestehen aus an der Wand befestigten Becken von Stein, emailliertem Eisen, Steingut oder Fayence. Der Boden derselben soll an seinem tiefsten Punkt ein festes Sieb besitzen, durch welches die Abwässer in einen Siphonwasserverschluß und von diesem durch eine kurze Seitenleitung in das Küchenfallrohr fließen; das Abzweigrohr des letzteren soll aber dem Durchmesser der Anschlußleitung entsprechen.

Die Sand- und Fettfänge halten von Küchen- und sonstigen Abwässern, die viel Fett- und Sandbestandteile mit sich führen, durch welche die Hauskanäle leicht verstopft würden, diese Stoffe zurück. Ihre Abflußöffnung ist[332] möglichst weit unterhalb des Wasserspiegels angeordnet [4], so daß das obenauf schwimmende Fett nicht abfließen kann (Fig. 1). Der bei den Fettfängen meistens verwendete Hängeeimer muß außerdem ausreichenden Raum für die sich in demselben niedersetzenden Sandteile bieten. Die Fett- und Sandfänge werden entweder nächst den Wasserabläufen, also in den Küchen u.s.w. selbst, oder am Fuße der betreffenden Fallrohre angebracht. Bei den Abläufen größerer Küchen, z.B. von Restaurationen und Hotels, auch von Metzgereien, sollten jedenfalls Fett- und Sandfänge angeordnet werden. Die Fallröhren für Badewasser lind von den Abläufen der Bäder durch Wasserverschlüsse (Siphons) zu trennen. Die Regenfallröhren werden gewöhnlich an die Kanäle unmittelbar angeschlossen. Wo die Dachmündung dieser Röhren in der Nähe von Fenstern bewohnter Räume liegt, sind zur Vermeidung des Einströmens von Kanalluft dorthin Wasserverschlüsse anzuordnen. Da von den Dächern der Häuser Ruß, Steine, Laub u.s.w. sowie bei bewohnten Dachgeschossen oft auch Brauchwasser in die Regenfallröhren gelangen, so können als Wasserverschlüsse nicht einfache Siphonkrümmer verwendet werden, sondern es sind solche mit nach oben abzweigendem Putzrohr (Putzsiphon) zu wählen, um sie von Zeit zu Zeit reinigen zu können. Besser ist es, Regenrohrsandfänge (Fig. 1 u. 3) zu verwenden, die leichter zu reinigen sind. Wo Wert darauf gelegt wird, daß von derb Regenfallrohrwasser möglichst wenig Luft nach den Straßenkanälen geführt werde (namentlich bei Kanalnetzen mit nicht ausreichender Zahl von Scheitelventilationsabgängen und engbemessenen Profilen gerechtfertigt), empfiehlt sich die Anlage der Habermannschen Luftabscheider am Fuße der Regenfallröhren [12]. Der untere Teil der Regenfallröhren, die gewöhnlich aus Zinkblech bestehen, wird zur Vermeidung von Beschädigungen in Höhe von 1,5 bis 2 m aus Gußeisenröhren (Regenstandröhren) hergestellt [11]. Die Hochwasserverschlüsse, Rückstauverschlüsse, Rückstauschieber sind zur Sicherung von Kellern oder sonstiger unter der Hochwasserhöhe der Straßenkanäle liegender, mit Entwässerungsanschluß versehener Räume gegen Ueberschwemmung durch Kanalwasser erforderlich. Solchen Verschluß hat gewöhnlich die bekannte Schieberkonstruktion (Fig. 4a). Der Schieber soll nur geöffnet werden, wenn aus dem zu entwässernden Räume Wasser abfließen soll, so daß jederzeit bei starkem Regen das sich stauende Kanalwasser den Weg nach dem tief gelegenen Einlauf gesperrt findet. An Stelle der Schieber können auch Durchgangshähne verwendet werden. Diese Rückstauverschlüsse sind am zweckmäßigsten dicht hinter dem zu beschützenden Einlauf, keinesfalls in der Hauptleitung anzubringen, weil im letzteren Fall das gesamte Hauswasser einschließlich des Regenwassers am Abfluß gehindert würde. Die selbsttätigen Hochwasserverschlüsse (Klappen, Schwimmkugeln und Ventile) sind mangels jederzeitiger völlig sicherer Wirkung auf solche Fälle zu beschränken, in denen es sich um tiefliegende dauernde Abflüsse oder um Reinwasserabflüsse handelt [2], [5], [7] sowie zu vorläufiger Sicherung vor den vorher beschriebenen Hochwasserverschlüssen für den Fall zu verwenden, daß diese versehentlich nicht geschlossen sein sollten. Neuerdings haben u.a. Behn-Hamburg, Unna-Köln [11], Geiger [17] sowie Künzell-Düsseldorf (D.R.P. Nr. 69399) bemerkenswerte Rückstauvorrichtungen konstruiert. Zur Erleichterung der zeitweisen Prüfung der Grundstückskanalisation, der Beseitigung von Verstopfungen und der schnellen Entscheidung der Frage, ob eine Verstopfung im Anschlußkanal auf Straßengebiet oder im Privatgrundstück vorhanden ist, dienen die Revisionsschächte mit Spundstücken, auch Inspektionsgruben genannt (Fig. 4b). Dem gleichen Zwecke dienen Rohrabzweigungen mit Blindflanschdeckel [15]. Die Reinigung der Hauskanäle erfolgt durch starke Wasserdurchspülung und, wo diese nicht ausreicht, durch Einführung zusammengebundener spanischer Rohre oder biegsamer Spiraldrahtseile, an deren Ende Bürsten und sonstige Reinigungswerkzeuge befestigt werden können. Besondere Spüleinrichtungen sind nur bei sehr langen und wenig Wasser abführenden Leitungen sowie beim Vorhandensein ungünstiger Gefälle und solcher Abwässer[333] notwendig, die sehr viel Schwimm- und Sinkstoffe mitführen. Es genügen aber in solchen Fällen fast immer die bekannten Kippgefäße und Heberspüler (s. Spüleinrichtung für Kanäle). Die Höhe der Wasserverschlüsse sollte bei Hofsinkkasten, Sand- und Fettfängen nicht unter 10, bei den übrigen Abflußvorrichtungen nicht unter mindestens 4 und wenn möglich nicht unter 6 cm betragen. Es ist darauf zu sehen, daß der Einlaufquerschnitt aller Wasserverschlüsse stets kleiner sei als die Querschnitte an der Umbiegungsstelle und in den Fallröhren, weil sich andernfalls bei starkem Wasserzufluß die Rohrquerschnitte völlig mit Wasser füllen und so einerseits die Wasserverschlüsse als Heber wirken und sich entleeren, anderseits in den Fallröhren oberhalb der abfließenden Wassersäule ein Absaugen, unterhalb derselben ein Luftüberdruck auftritt, wodurch die mit dem Fallrohr in Verbindung stehenden Wasserverschlüsse ausgelaugt oder durchbrochen werden [1]–[5], [7]. Durch eine Entlüftung der höchsten Stellen sämtlicher Wasserverschlußbiegungen nach dem Fallrohr, oder nach einem besonderen Luftrohr – sekundäre Lüftung – [7], [20], [21], werden diese Vorgänge völlig unmöglich gemacht. Die Lüftung aller Fallröhren und damit diejenige der gesamten Grundstückskanalisation ist unbedingt notwendig. Jedes Fallrohr ist daher in gleicher Weite über Dach zu führen. Wo die Hauskanäle ohne Unterbrechung durch besondere Wasserverschlüsse mit den Straßenkanälen unmittelbar in Verbindung stehen, wie dies in Deutschland vorzugsweise der Fall ist, entsteht für die Straßen- und Grundstückskanalisation eine einheitliche Durchlüftung (zusammenhängendes System), welche der besonders in England üblichen getrennten Entlüftung der beiden Kanalisationsgruppen (Disconnecting system oder Abtrennungssystem) vorzuziehen ist [3], [5]–[8]. Die Trennung wird durch den sogenannten Hauptwasserverschluß bewirkt (Fig. 5), welcher entweder allein oder in Verbindung mit dem Inspektionsschacht angeordnet wird [1], [5], [11]. Der Hauptwasserverschluß bedingt für die ausreichende Lüftung der Straßenkanäle besondere hochgeführte Lüftungsröhren, welche ein System von hochliegenden Luftöffnungen gegenüber den Luftöffnungen auf den Straßen bilden, während für die Lüftung der Grundstückskanäle die infolge des Hauptwasserverschlusses fehlenden tiefgelegenen Luftöffnungen besonders angeordnet werden müssen.

Material. Für die Grundstückskanalisation kommen hauptsächlich Steinzeug (gebrannter Ton), Eisen, Blei und Zink und außerdem Messing, Kupfer, Porzellan, Marmor zur Verwendung. Für liegende, genügend bedeckte Hauskanäle sollten lediglich Steinzeugröhren zur Verwendung kommen, sofern nicht gußeiserne, ausreichend starke Röhren vorgezogen werden. Mit »Steinzeugröhren« bezeichnet man im Gegensatz zu gewöhnlichen Tonröhren jetzt allgemein scharf gebrannte Röhren aus Ton mit Schamottezusatz, welche einen dichten gesinterten Scherben aufweisen. Die üblichen Lichtweiten sind 100, 125, 150, 175 und 200 mm. Die Steinzeugröhren erhalten entweder Tondichtung oder Zementdichtung, oder aber Zementdichtung mit äußerem Tonwulst sowie Tondichtung mit äußerer Zementmörtelhülle und endlich Asphalt- oder Bitumendichtung. Bei allen Verdichtungen wird zunächst das Schwanzende des Rohres gegen die Muffe mit Teerstricken abgeschlossen. Die Tondichtung ist die am wenigsten widerstandsfähige, hat aber den Vorteil, daß die Leitung bei etwaigen Setzungen ausreichend beweglich ist. Zementdichtung ist sehr sicher, gibt aber dem Rohrstrang einerseits eine völlig starre Verbindung und birgt anderseits die Gefahr in sich, daß durch etwaiges Treiben des Zements die Muffen gesprengt werden. Nach jeder Richtung vollkommen ist sie aber auch nicht, weshalb neuerdings die Gußasphaltdichtung immer mehr in Aufnahme gekommen ist, bei welcher die Muffen mit einer flüssigen heißen Mischung von Asphaltmastix (s.d.) und Goudron ausgegossen werden. Umfangreiche gute ältere und neuere Erfahrungen über diese Verdichtungsart lassen dieselbe als besonders empfehlenswert erscheinen, weil sie neben großer Dauerhaftigkeit und Erzielung guter Abdichtung den Rohrsträngen eine gewisse Beweglichkeit gegenüber etwaigen Setzungen innerhalb ausreichender Grenzen sichert. Nachdem zunächst das Schwanzende des Rohres gegen die Muffen mit Teerstricken abgeschlossen worden ist, wird die Asphaltdichtung in der Weise vorgenommen, daß die Muffen mit einer flüssigen heißen Mischung von Asphaltmastix und Goudron ausgegossen werden. Das Ausgießen der Muffen von oben wird mit Hilfe eines vorgelegten Tonwulstes oder besonders angefertigter Dichtungsringe ermöglicht. Als sicherste und solideste Hauskanäle sind, besonders im Gebäudeinnern, normale Gußeisenröhren mit Bleidichtung zu empfehlen. Die ganz leichten, sogenannten schottischen Röhren sind zu vermeiden. Bei Leitungen über dem Boden ist möglichst immer Eisen zu verwenden, jedoch kommt auch Blei vielfach zur Anwendung. Bei den Bleiröhren ist auf gute Lötung und ausreichendes Gewicht (z.B. bei 100 mm weiten Röhren mindestens 11 kg pro laufenden Meter) besonderer Wert zu legen. Für Regenfallröhren außerhalb der Gebäude kann auch Zink, jedoch nicht in geringerer Stärke als Nr. 12, zur Anwendung kommen. Die im Innern der Häuser unterirdisch Hegenden Kanäle, die so viel Ueberdeckung haben – wenigstens 1/2 m –, daß sie vor äußerem Druck und Stößen genügend gesichert sind, können aus Steinzeugröhren hergestellt werden. Messing- und Kupferröhren sowie Porzellan, Fayence, emailliertes Eisen, Marmorplatten u.s.w. werden hauptsächlich für Klosetts, Pissoirs, Bade- und Kücheneinrichtungen verwendet.

Normalien für die Lichtweiten und Wandstärken der verschiedenen Röhrenarten sind vom Verband deutscher Architekten und Ingenieure in der Abgeordnetenversammlung am 31. August 1903[334] festgesetzt worden (vgl. Beilage zur Deutschen Bauzeitung 1904). Diese Normalien sind aber noch nicht allgemein eingeführt. Der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten hat unterm 20. November 1905 durch Runderlaß folgendes bestimmt: Der Verband deutscher Architekten- und Ingenieurvereine hat Normalien für Abflußröhren aufgestellt, die, soweit sie Bleiröhren und Steinzeugröhren betreffen, fortan bei den von der Staatsbauverwaltung auszuführenden Bauten zu beachten sind. Hiernach sind die nachstehenden Bezeichnungen einheitlich zu wählen: 1. Ableitungen für liegende Leitungen, sogenannte Gefällsleitungen, Sohlleitungen u.s.w.; sie werden in Hauptableitungen und Nebenabteilungen geteilt; 2. Fallröhren für senkrecht herabkommende Leitungen; sie werden in Hauptfallröhren und Nebenfallröhren geteilt; 3. Schrägleitungen für alle Leitungen, die an der Wand geschleift werden; 4. Knieröhren für Röhren in Bogenform mit Halbmessern von zwei Rohrdurchmessern; 5. Bogenröhren für Röhren in Bogenform mit größeren Halbmessern als unter 4. angegeben; 6. Hilfsluftleitung statt sekundäre Ventilation; 7. Fußbogen statt Fußkrümmer; 8. Verbindungen statt Abzweigungen; 9. Bogenverbindungen statt Pfeifenköpfe; 10. Sprungröhren statt Etagenbogen, S-Stücke u.s.w.; 11. Uebergangsröhren statt Reduktionen, Sprung u.s.w.; 12. Uebermuffen statt Ueberschieber.

Bleiabflußröhren erhalten folgende Durchmesser, Wandstärken und Gewichte:


Durchmesser25304050 mm
Wandstärke3,03,54,04,0 mm
Gewicht pro 1 m3,04,26,37,7 kg

Steinzeugröhren erhalten folgende Abmessungen:


Durchmesser1012,51520 cm
Kleinste zulässige Wandstärke1,51,61,71,9 cm
Baulänge der geraden Röhren1,51,660 u.100 cm
Muffentiefe1,51,66bis 7 cm

Die Innenfläche der Muffe und das Schwanzende der Röhre werden auf 5 cm Länge mit wenigstens fünf Riesen versehen. Die Dichtungsstärke an der vorderen Muffenwand soll 1,5 cm betragen und darf bis zum Muffenboden sich bis auf 1,2 cm vermindern. Für die Bogenröhren gelten folgende Abmessungen: bei 15° Zentriwinkel 200 cm Halbmesser und 52 cm Baulänge; bei 30° Zentriwinkel 100 cm Halbmesser und 52 cm Baulänge; bei 45° Zentriwinkel 60 cm Halbmesser und 47 cm Baulänge. Für besondere Fälle (senkrechte Anschlüsse) sind Knieröhren mit 90° Zentriwinkel und mit einem Halbmesser gleich ungefähr dem Zweifachen des Rohrdurchmessers zu verwenden; diese Knieröhren dürfen jedoch in liegenden Leitungen nicht verwendet werden. Die Uebergangsröhren sind auf 60 cm Baulänge bemessen und vermittelst, mit Ausnahme des Ueberganges von 10 auf 15 cm, nur den Uebergang von einem Rohrdurchmesser auf den nächstfolgenden Durchmesser. Die Verbindungsröhren sind auf 60 cm Baulänge bemessen. Der Anschlußstutzen bildet mit dem Hauptrohr einen Winkel von 60°. Anschlüsse unter andern Winkeln sowie Doppelverbindungen sind ausgeschlossen.

Für gußeiserne Abflußröhren hat der Verband deutscher Architekten- und Ingenieurvereine ebenfalls Normalien aufgestellt, die aber nicht in allen Teilen annehmbar sind. Gußeisernen Abflußröhren mit folgenden Abmessungen (in Millimetern) ist der Vorzug zu geben.


Kanalisation [1]

Die Rohrlängen von 3000 mm sind hauptsächlich bei Erdleitungen zu verwenden. Für die Dichtungsfuge genügt zylindrische Form. – Vgl. a. [18].[335]

Vorschriften für die Ausführung der Grundstückskanalisation. Eine technisch und hygienisch richtige Ausführungs- und Betriebsweise von Grundstückskanalisationen ist nur an der Hand ortspolizeilicher Bestimmungen zu erreichen (Polizeiverordnung, Ortsstatut), Beispiele in [8]–[10], [13]–[15]. Aus diesen Bestimmungen soll die Verpflichtung zur Herstellung und Instandhaltung der Grundstücksentwässerungen hervorgehen sowie die technischen Anforderungen ersehen werden können. Es ist vorzuschreiben, daß für jede Entwässerungsanlage eine baupolizeiliche Genehmigung unter Vorlage eines genauen Planes zu erwirken ist; Planbeispiele s. Fig. 6 sowie in [7], [9]–[11], [19], [21]. Keine Grundstückskanalisation, auch nicht eine Veränderung derselben, sollte ohne vorherige Anzeige bei der Baupolizeibehörde in Angriff genommen werden dürfen, so daß eine technische Ueberwachung der Arbeiten erfolgen kann. Ehe eine Anlage in Benutzung genommen wird, sollte durch eine vorgeschriebene Schlußrevision festgestellt werden, ob sie vorschriftsmäßig ausgeführt und betriebsfähig ist. Ferner sollte, wenigstens in größeren Orten, von Zeit zu Zeit durch Sachverständige eine Revision stattfinden, durch welche man sich versichert, daß die Leitungen und die einzelnen Entwässerungsobjekte noch den bestehenden Vorschriften entsprechen.

Die Kosten der Grundstückskanalisationen betragen unter Voraussetzung einfacher Ausführung pro Quadratmeter zwischen 1 und 2 ℳ. für jede Stockwerksfläche eines Hauses, wobei auch die Keller und die bewohnten Dachgeschosse als Stockwerke zu zählen sind. Eine andre Annahme ist, daß ein laufendes Meter Hauskanal und Fallrohr einschließlich aller Nebenanlagen, also Klosetts, Siphon, Hofsinkkasten u.s.w. für ein gewöhnliches Wohnhaus durchschnittlich 12–15 ℳ. erfordert. Man kann auch für ganz überschlägliche Schätzung rund 2–21/2% der gesamten Bausumme annehmen [5], [7], [9], [11].


Literatur: [1] Röchling, Techn. Einrichtungen für Wasserversorgung und Kanalisation in Wohnhäusern, Deutsche Vierteljahrsschr. für öffentl. Gesundheitspfl., Jahrg. 1895. – [2], [5], [6], [7] wie unter dem Art. Kanalisation der Städte. – [3] Kirchner und Lindley, Referat über die Schädlichkeit der Kanalgase, Deutsche Vierteljahrsschr. für öffentl. Gesundheitspfl., Jahrg. 1896. – [4] Gerhard, Paul, New York, Anlage von Hausentwässerungen, 1880. – [8] Brix, J., Die Kanalisation von Wiesbaden, Wiesbaden 1887. – [9] Dobel, Kanalisation, Stuttgart 1903. – [10] Cohen, Max, Bestimmungen der örtl. Straßenbaupolizei über Kanalisationsanlagen, Berlin 1896. – [11] Böcking & Co., Rud., Halbergerhütte, Brebach-Saar, Hausentwässerungs- und Kanalisationsgegenstände, 1895. – [12] Gesundheits-Ing., Jahrg. 1896, S. 380, und 1893, S. 578. – [13] Desgl., betr. Hausentw.-Statut 1894, S. 43. – [14] Stolp, Ortsgesetze, Berlin (letzte Jahrgänge). – [15] Archit. und Ing.-Ver. f. Niederrhein und Westfalen, Die Hausentwässerung, Köln 1887. Außerdem: Teale, T.P., Lebensgefahr im eignen Hause, aus dem Englischen übersetzt von I.K.H. Prinzessin Christian von Schleswig-Holstein, für deutsche Verhältnisse bearb. von H. Wansleben, Kiel 1886; Gerhard, Paul, Entfernung und Reinigung der flüssigen und festen Stoffe ländlicher Wohngebäude, Gesundheits-Ing. 1882; Ders., ebend. 1895, Nr. 16. – Ferner [16] Handb. der Baukunde, 3. Teil, Bd. 5, Entwaffnung und Reinigung der Gebäude, Stuttgart. – [17] Katalog von E. Geigers Fabrik, Karlsruhe 1902, und die Kataloge der größeren deutschen Steinzeugfabriken. – [18] Normalien für Abflußrohre, empfohlen vom Oesterreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein, Wien. 1903. – [19] Technische Vorschriften für Herstellung und Betrieb von Grundstücksentwässerungen (aufgestellt vom Verband deutscher Arch.- u. Ing.-Ver.), Deutsche Bauzeitung 1905, S. 289. – Außerdem s. [20] Aßmann, G., Die Bewässerung und Entwässerung von Grundstücken, München und Leipzig 1893. – [21] Büsing, F.W., Die Städtereinigung, Bd. 3 des Werkes Der städt. Tiefbau, Stuttgart 1901.

J. Brix.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 4a.
Fig. 4a.
Fig. 4b.
Fig. 4b.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 331-336.
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