Seife [4]

[582] Seife und Seifenpulver. Der stets wachsende Bedarf der Kunstbutterfabriken an guten Fetten aller Art, die früher hauptsächlich in der Seifenfabrikation Verwendung fanden, hat bereits vor dem Kriege in dieser einen Notstand hervorgerufen, der sie gezwungen hat, immerfort nach neuen Rohstoffen zu suchen. Außer den Abfallfetten (s.d.), die sich früher geringer Beliebtheit erfreut hatten, da sie die Qualität der Seife herabsetzen, sind es besonders die gehärteten Fette (vgl. Oele, gehärtete, Ergbd. I, S. 583) und die Naphthensäuren, denen man seine Aufmerksamkeit zugewandt hat.

Die Fetthärtung, d.h. die Ueberführung flüssiger Oele in feste, talgartige Fette, ist von großer technischer Bedeutung, da von der Natur erheblich mehr flüssige Oele als feste Fette produziert werden. Die Germaniawerke in Emmerich, die nach dem ursprünglichen Verfahren von Normann arbeiten und vor dem Kriege wöchentlich 1000t gehärtete Fette herstellten, brachten beispielsweise folgende Qualitäten in den Handel:


Seife [4]

Außerdem als Linolith und Linolith extra ein gehärtetes Leinöl mit einem Schmelzpunkt nicht unter 45° bezw. 55°, als Durutol ein gehärtetes Kokosfett vom Schmelzpunkt 60° und als Krutolin einen gehärteten Waltran von schmalzartiger Konsistenz.

Die Bremen-Besigheimer Oelfabriken brachten das Brebesol, die Schichtwerke in Aussig a. E. das Talgit aus Tran und das Linn aus Leinöl, die Hydrogenwerke, die nach dem Erdmann-Bedford-Williams-Verfahren arbeiten, die entsprechenden Produkte als Tallogen und Linfogen [1].

Im allgemeinen können die gehärteten Fette bei der Fabrikation von Kernseifen, Eschweger Seifen und weißen Schmier- oder Silberfelsen ohne weiteres an Stelle von Talg oder Schmalz (Krutolin) verwandt werden. Sie verseifen sich nur mit schwachen Laugen (höchstens 8–10° Bé), emulgieren und verleimen sich mit dieser aber leicht. Die Kernseifen sind gewöhnlich grauweiß, sehr hart, spröde und undurchsichtig, wenn sie auf Unterlauge gesotten, weiß bis cremegelb, aber ebenfalls sehr hart und spröde, wenn sie auf Leimniederschlag hergestellt wurden. Die Ausbeute beträgt in der Regel 158–160%. In Wasser sind die Natronseifen sehr schwer löslich, im allgemeinen sogar schwerer löslich als Talgseifen, und zwar in um so stärkerem Maße, je vollkommener die Hydrogenisation, d.h. je kleiner die Jodzahl der verseiften Fette ist. Das Schaumvermögen der Seifen ist daher ein geringes. Die Natronseifen sind leicht aussalzbar. Die für das Aussalzen erforderliche Salzmenge ist wieder um so geringer, je vollständiger die Fette hydriert waren. Im allgemeinen verhalten sich die aus Waltran hergestellten Produkte mit einer Jodzahl zwischen 65 und 70 wie tierischer Talg, während Fette mit geringerer Jodzahl noch weniger Salz erfordern. Der Geruch der Seifen, der früher vielfach bemängelt wurde, ist als gut zu bezeichnen, da mit fortschreitender Entwicklung der Härtungsmethoden Mittel und Wege gefunden wurden, die früher während des Härtungsprozesses spurenweise auftretende Zersetzung zu vermeiden, auf den im wesentlichen der anfangs beobachtete »muffige« oder eigentümlich brenzliche Geruch der gehärteten Fette zurückzuführen war. – Aus gehärteten Fetten allein lassen sich keine Seifen herstellen; man verwendet höchstens bis zu 40% des Ansatzes. Ob es jemals gelingen wird, aus hydrierten Fetten allein Seifen herzustellen, die allen berechtigten Ansprüchen genügen, ist sehr fraglich, trotzdem in letzter Zeit verschiedene Verfahren[582] bekannt geworden sind, nach denen es möglich ist, die Schaumfähigkeit der Seifen aus gehärteten Fetten zu erhöhen [1].

Zu erwähnen ist hier ein Patent von Leimdörfer [2], wonach bei Kern-, Halbkern- und Leimseifen neben den gewöhnlichen Fetten und Fettsäuren oxydierte, polymerisierte, Halogen- oder Säureradikale enthaltende Fette, Fettsäuren oder deren Derivate bezw. deren Gemenge unter Verwendung der zur Bildung normaler fettsaurer Salze und dem technisch gegebenenfalls erforderlichen Alkaliüberschuß nötigen Alkalimenge vollständig verseift werden. Durch einen entsprechenden Zusatz solcher Fette, Fettsäuren oder Derivate soll es nicht nur möglich sein, aus weichen Oelen und Fetten harte Seifen herzustellen. der Zusatz soll auch bewirken, daß Seifen aus Hartfetten, die sonst wenig schäumen, ein fast ebenso gutes Schaumvermögen erhalten, wie die Seifen aus Palmkern- oder Kokosöl. – W. Schrauth [3] setzt der fertigen Seife 5–15% Rizinusölfettsäure oder Rizinussulfosäure zu, um die Schaumfähigkeit bedeutend zu erhöhen. Der Zusatz geschieht am bellen direkt im Kessel nach Ablassen der Unterlauge, kann aber auch der Seife beim Formen und bei Feinteilen sogar erst auf der Piliermaschine eingemischt werden.

Die bei der Erdölraffinierung abfallenden Naphthensäuren [4] sind ein für die Seifenfabrikation beachtenswertes Rohmaterial, das besonders in Rußland in großen Mengen zur Verwendung gelangt, neuerdings aber auch in Deutschland angeboten wird. Die Naphthensäuren werden bei der Raffinierung des Erdöls, namentlich des kaukasischen, mit Aetzlauge als schmierige, unangenehm riechende Masse von brauner Farbe erhalten, die in Rußland als »Myloin«, in Deutschland vielfach als »Mineralfette« bezeichnet wird. Ihre Zusammensetzung ist eine sehr wechselnde. In der Regel enthalten sie gegen 50% Naphthensäure, neben 15–20% Alkali und ca. 30% Wasser. Durch Behandlung mit Mineralsäure und nachfolgende Destillation lassen sie sich als ein hellfarbiges Produkt mit der ungefähren Säurezahl 255 gewinnen, dessen allgemeiner Verwendung lediglich der unangenehme Geruch im Wege steht; dieser soll sich jedoch durch Behandeln mit übermangansaurem Kali beseitigen lassen [5]. Die durch Neutralisation der Naphthensäure mit Natronlauge erhaltenen Produkte sind ziemlich weich und lassen sich auch nicht durch Härtung mit Salz oder Lauge in fester Form gewinnen; der Seifenleim verträgt im Gegenteil viel Salz, und zum Aussalzen ist nach J. Davidsohn [6] noch mehr Salz erforderlich als bei Seifen aus Kokosöl und Palmkernöl. Am besten werden daher die Naphthensäuren mit härteren Fetten, wie Talg und gehärteten Fetten, eventuell unter gleichzeitigem Zusatz von Palmkern- oder Kokosöl verseift. Auch ihre Verwendung als Oleinersatz bei der Fabrikation von Seifenpulvern ist nach Schrauth empfehlenswert. Die Seifen aus Naphthensäure sind in Wasser leicht löslich und besitzen eine große Schaumkraft; doch soll der Schaum etwas mager sein. Die Kaliseife ist eine gelbbraun bis rotbraun gefärbte Schmierseife, die Transparenz, Glanz und gute Schaumkraft besitzt. Temperaturschwankungen gegenüber ist sie hinreichend widerstandsfähig, so daß die Naphthensäuren, besonders nach erfolgter Desodorisierung, auch zur Schmierseifenfabrikation verwendbar sind.

Die Fabrikation der Seifenpulver hat bereits in den letzten Jahren vor dem Kriege eine große Ausdehnung erfahren. Sie bestehen zumeist aus Seife und Soda oder aus Seife, Soda und Wasserglas in sehr wechselndem Verhältnis. Man findet Waschpulver mit einem so geringen Gehalt an Seife, daß sie nicht mehr den Namen Seifenpulver verdienen, während die guten Seifenpulver bis zu 50% und mehr Seife enthalten. Sehr beliebt waren Waschpulver mit Zusätzen von Perborat. Ueber die Wirkung von Perborat auf die Wäschefaser s. unter Waschmittel, fettlose. Sie wurden als »selbsttätige Waschpulver« bezeichnet. Das Perborat hat die Eigenschaft, sich bei Gegenwart von Feuchtigkeit zu zersetzen. Die Folge ist, daß auch das sorgfältigst hergestellte Seifenpulver mit solchem Zusatz selbst in den Paketen sich mit der Zeit zersetzt. Der Fettansatz für ein Perboratseifenpulver soll aus gesättigten Fettsäuren bestehen, deren Seifen nicht zu schwer löslich sind. Ein geeignetes Material ist Kernölfettsäure oder abfallende Kokosölfettsäure. Harz ist unter allen Umständen auszuschließen, desgleichen Fette mit einem hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren, wie Olein, Leinöl, Bohnenöl. Die Vermischung des Perborats mit dem Seifenpulver muß in trockenem Zustande erfolgen, da beim Einbringen in einen flüssigen Seifenleim rasche Zersetzung eintreten würde, wobei das Perborat zum größten Teil in Borax überginge [7],

Ueber die Einwirkung des Wasserglases sowie wasserglashaltiger Seifen und anderer Waschmittel auf die Gewebe ist viel gestritten, und noch heute gehen die Meinungen weit auseinander. Während die einen, namentlich viele Chemiker, behaupten, daß Wasserglas und wasserglashaltige Waschmittel die Zeugfaser stark angreifen und das Wasserglas ganz aus der Wascherei ausschließen möchten, sind andere, namentlich Seifenfabrikanten, der Ansicht, daß Seifen mit Wasserglas keineswegs von besonderer Schädlichkeit für die Wäsche sind. Um die Frage zu klären, haben W. Zänker und Karl Schnabel [8] auf Veranlassung des Vorstandes des Verbandes der Seifenfabrikanten den Einfluß der Wasserglasfüllung auf die Waschwirkung von Seife und Seifenpulver durch sorgfältige Versuche festzustellen gesucht. Ihren vergleichenden Untersuchungen haben sie 1. eine wasserglasfreie, aus 60% Baumwollsaatöl und 40% Palmkernöl gesottene, neutrale weiße Kernseife, 2. eine gleiche Kernseife, der vor dem Formen 20% Wasserglas von 38–40° Bé und die zur Verhütung des Auskristallisierens notwendige Menge von 5% Natronlauge eingedrückt waren, 3. ein normales, 30% Fettsäure enthaltendes Seifenpulver und 4. ein gleiches Seifenpulver, dem noch flüssig 20% Wasserglas und 5% Natronlauge zugesetzt waren, zugrunde gelegt. Ihre Versuche haben ergeben, daß die Waschwirkung mit Wasserglas gefülltet Seifen und Seifenpulver gegenüber reiner Seife und Seifenpulver eine geringere ist, und daß, der größeren Reinigungskraft von Seife und Seifenpulver entsprechend, bei diesen die fadenschwächende Wirkung eine etwas größere als die der wasserglasgefüllten Waschmittel ist. Faserzerstörende Eigenschaften besitzt demnach das Wasserglas bei nicht zu starker Füllung und richtiger Wäsche nicht. Bei steigender Anzahl der Wäschen[583] tritt bei wasserglashaltigen Waschmitteln eine Anhäufung mineralischer Bestandteile in den Wäschestücken ein, während dieser Gehalt bei Verwendung reiner Waschmittel ziemlich gleich bleibt. Diese Anhäufung von Silikaten in den Wäschestücken hat viele Chemiker veranlaßt, das Wasserglas für schädlich zu halten, weil sie annahmen, daß dadurch ein starkes Zerreiben, Wolligwerden und Zerschneiden der Wäsche stattfindet; dies ist jedoch nach Zänker und Schnabel nicht der Fall. Unter dem Mikroskop zeigen sich diese Kiefelsäureausscheidungen mehr als bockige Auflagerungen als in der Form von Einlagerungen. Ad. Grün und Jos. Jungmann [9] haben sich bei ihren Untersuchungen über die Wirkung der Waschmittel auf die Gewebe ihr Ziel etwas weiter gefleckt; sie haben für Seife, Soda und Wasserglas sowohl die Wirkung, die jedes dieser Waschmittel für sich allein, wie auch in Verbindung miteinander ausüben, untersucht. Sie haben ihre Untersuchungen an Baumwolle und Leinwand in Leitungswasser von 8,5 deutschen Härtegraden und in destilliertem Wasser vorgenommen. Bei Verwendung von hartem Wasser war die Faser etwas weniger angegriffen als im destillierten Wasser. Die Leinwand zeigte sich gegen jedes Waschmittel erheblich weniger widerstandsfähig als die Baumwolle. Während aber die mit Seife gewaschenen Zeuge unveränderten, ja erhöhten Glanz zeigten und im auffallenden Licht blendend weiß erschienen, sind die mit Soda gewaschenen im zerstreuten Licht stark vergilbt mit einem Stich nach rosa; im auffallenden Licht scheinen sie leicht angegraut. Nach dem Waschen mit Wasserglas sind die Gewebe zwar weiß, aber vollkommen glanzlos, stumpf, gleichsam kalkig. Fast noch schlechter als die Farbe ist der Griff aller mit Soda und Wasserglas gewaschenen Zeuge. Die kombinierten Waschmittel, Seife und Soda, Seife und Wasserglas, Soda und Wasserglas, im Verhältnis von 1 : 1, griffen im allgemeinen die Faser stärker an als jedes dieser Waschmittel allein; dagegen wirkte die Kombination Seife, Soda und Wasser, im Verhältnis 1 : 1 : 1, wenig fadenschwächend.

Die deutsche Seifenindustrie ist infolge des Mangels an Fettstoffen durch den Krieg schwer in Mitleidenschaft gezogen, da alles, was an Oelen und Fetten irgendwie zu Ernährungszwecken verwendbar war, dazu herangezogen wurde und für die Seifenfabrikation nur noch Abfallfette, meist recht minderwertiger Qualität und obendrein in sehr geringen Mengen, zur Verfügung standen. Vor dem Kriege hat die deutsche Seifenindustrie im Jahre ca. 250000 t Fette und fette Oele verarbeitet und daraus ca. 150000 t Schmierseife, ca. 250000 t feste Seife, ca. 100000 t Seifenpulver und ca. 50000 t Feinseife hergestellt. Während des Krieges standen der Seifenfabrikation nur 5–71/2% obiger Fettmenge zur Verfügung. Der Bedarf der Bevölkerung an Seife und Seifenpulver mußte weit unter dem normalen Bedarf auf das geringstmögliche Maß herabgesetzt werden. Es wurde bestimmt, daß nur noch hergestellt werden durften eine K.A.-Seife für Körperpflege mit normal 20% Fettsäureharzgehalt, wobei eine Abweichung von ± 5%, somit Grenzwert 19–21%, und als Füllung nur mineralische Füllung, Ton, Speckstein u.s.w., erlaubt, Alkali- und Wasserglaszusätze nicht gestattet waren, und ein K.A.-Seifenpulver für die Wäsche mit 4,75–5,25% Fettsäureharzgehalt, wobei ein Sodagehalt von höchstens 50% (Soda als Na2CO3 berechnet), ein Zusatz von Wasserglas von 37–40° Bé nicht über 25% gestattet, während Zusätze von Kochsalz, Sulfat und anderer Streckungsmitteln nicht erlaubt waren. Später wurde der Fettgehalt noch weiter heruntergesetzt und der sogenannte Gesamtfettgehalt auf 16% mit der Zulassung der untersten Grenze von 14% festgesetzt. Ein Teil des Gesamtfettes darf aus Harz bestehen. Die Höhe dieses Zusatzes ist der Qualität der zugeteilten Fette anzupassen. Keinesfalls darf die K.A.-Seife unter zu hohem Harzgehalt leiden. Für das K.A.-Seifenpulver wurde vorgeschrieben: Gesamtfett normal 4,5%, wasserfreie Soda (Na2CO3) 30%, wasserfreies Natronsulfat (Na2SO4) 5–10%, Wasserglas 36–38° Bé 10–15%, Kaolin 0,5–1%. Die zulässige unterste Grenze des Gesamtfettgehaltes ist auf 4% festgesetzt Herstellung von K.A.-Seifenpulver ohne Wasserglaszusatz ist verboten. Ein Zusatz von Harz findet Verwendung, wenn feste Fette zur Herstellung der zugehörigen Grundseife verwandt werden. Heute enthält das K.A.-Seifenpulver bei einem Fettsäuregehalt von ca. 5% 30% Soda, 5–10% wasserfreies Glaubersalz und 15% Wasserglas. Hergestellt werden die K.A.-Seife und das K.A.-Seifenpulver in ca. 150 Fabriken, während gegen 800 Fabriken im Interesse der Arbeits- und Kohlenersparnis stillgelegt werden mußten. Rationiert wurden die Seifenprodukte zuerst nach der Verordnung vom 18. April 1916, wonach an eine Person im Monat nicht mehr als 100 g Feinseife und 500 g Seifenpulver abgegeben werden durfte, ein Quantum, das mit Verordnung vom 21. Juli 1916 auf 50 g Feinseife und 250 g Seifenpulver herabgesetzt wurde.

Die Abfallfette, die der deutschen Seifenfabrikation zur Verfügung stehen, sind meist von einer solchen Beschaffenheit, daß es nur möglich ist, durch Sieden auf 3–4 Wassern eine nur einigermaßen ansehnliche Seife herzustellen. Die meisten dieser Fette haben eine dunkelbraune Farbe, enthalten sehr viel Unverseifbares und der eigentliche Fettstoff besteht ganz oder überwiegend aus Fettsäure, dabei auch Oxyfettsäuren, deren Alkälifalze in der Unterlauge löslich sind und daher beim Sieden auf Kern verloren gehen.

Der Kriegsausschuß (jetzt Reichsausschuß) für Oele und Fette garantiert bei den zur Verteilung kommenden Fettstoffen einen Mindeftfettsäuregehalt von 94% und vergütet einen Mindergehalt pro rata. Der Verrechnung wird daher das Analyfenresultat zugrunde gelegt. Für diese Bestimmung des Gehalts an verseifbaren Fettsäurehydraten ist die Methode Stiepel maßgebend; da sie aber wegen des Mangels an niedrig siedendem Petroläther, der ein leichtes Abdampfen der Fettlösung gestattet, ohne höhere Temperatur als 100° anwenden zu müssen, Schwierigkeiten bietet, hat Stiepel [10] sie wie folgt abgeändert: Ungefähr 5 g Fett oder Oel werden in einem Erlenmeyer-Kolben genau abgewogen und dann ungefähr 30 ccm Alkohol und 10 ccm einer ca. SOprozentigen Aetznatronlauge hinzugegeben. Man erhitzt hierauf unter öfterem Umschwenken des Kolbens auf einem Sandbade oder Asbestteller, bis der Alkohol zum größten Teile abgedampft ist. Durch Hinzufügen von einigen Sandkörnern in den Kolben wird das Stoßen der siedenden Flüssigkeit am bellen vermieden. Danach bringt man den Kolben noch[584] etwa zwei Stunden in einen Trockenschrank bei einer Temperatur von 120°. Es resultiert eine trockene Seifenmasse, die mit Schwefelsäure zerlegt wird. Hierauf läßt man die abgeschiedenen Fettsäuren erkalten, dekantiert, falls die Fettsäure einen festen Kuchen bildet, das Wasser ab und löst in ungefähr 50 ccm Petroläther. Bleiben die Fettsäuren flüssig, so bringt man den Kolbeninhalt in einen Schütteltrichter unter Nachspülen mit Petroläther und zieht nach Lösen der Fettsäure und Absitzenlassen das Säurewasser ab. Die Fettsäurelösung zeigt sich meist als helle Lösung, aus der sich bei Abfallölen reichliche, bei animalischen Fetten meist geringe Mengen dunkler, harzartiger Produkte absetzen. Man filtriert darauf sorgfältig durch ein doppeltes Filter in einen trockenen Kolben. Dabei ist darauf zu achten, daß auch nicht die geringste Menge Säurewasser mit auf das Filter oder gar in den Kolben gelangt. Das Filtrat muß vollkommen blank, ohne Trübung sein. Nach Abdampfen oder Abdestillieren von möglichst viel Petroläther auf dem Wasserbade titriert man nach Zugabe von etwas Alkohol mit 1/2 N.-Kalilauge bis zum Neutralisationspunkt. Auf diese Weise erhält man durch einfache Rechnung die Anzahl Milligramm Kali, die zur Neutralisation des in 1 g des Untersuchungsobjektes enthaltenen Fettsäurehydrates nötig ist. Würde man die Säurezahl der reinen Fettsäure der untersuchten Probe kennen, so ergäbe sich durch einfache Proportionsrechnung der prozentuale Gehalt an Fettsäurehydraten. Stiepel empfiehlt nun wie folgt zu verfahren: In einem geeigneten Metallgefäß verseift man 50–100 g des zu untersuchenden Fettes mit Natronlauge und salzt den erhaltenen, gut verfelsten Leim mit starker Natronlauge aus. Nach Abziehen der Unterlauge verdünnt man wieder mit heißem Wasser und salzt nochmals mit Lauge aus. Erscheint die Lauge noch stark gefärbt, so wiederholt man die Operation noch einmal. Etwa 50 g des so gereinigten Seifenkerns zerlegt man mit Schwefelsäure, trennt die erhaltene Fettsäure ab, läßt sie sich gut absetzen und filtriert einen Teil durch ein doppeltes Filter. In 3–4 g bestimmt man die Neutralisationszahl. Hat man auch diese Zahl ermittelt, so ist die Berechnung an Fettsäure + Unverseifbarem eine sehr einfache. Verbrauchten z.B. 4,765 g reine Fettsäure 29,4 ccm alkoholische Lauge und die aus 5 g Fett hergestellte Fettsäurebenzinlösung 27,4 ccm Lauge zur Neutralisation, so enthalten 5 g Fett 4,765 : 29,4 = x : 27,4, x = 4,44 g reine Fettsäurehydrate + Unverseifbarem. Das Fett enthält also 20 · 4,44 = 88,8% reine Fettsäurehydrate + Unverseifbarem. Hiervon ist also noch der Gehalt an Unverseifbarem in Abzug zu bringen. Zur Bestimmung empfiehlt Stiepel folgenden Weg: Man verseift 5 g der Probe mit 25 ccm alkoholischer Natronlauge, die 80 g Na2O im Liter enthält, in einer Porzellanschale auf dem Wasserbade und verdampft zur Trockne. Die so erhaltene Seife wird in 50 ccm heißem Wasser gelöst und in einen Scheidetrichter von etwa 200 ccm Inhalt übergeführt, wobei 20–30 ccm Wasser zum Auswaschen der Schale benutzt werden. Nach dem Erkalten setzt man 30–50 ccm Aether hinzu und schüttelt die Lösung tüchtig durch. Nach dem Umschütteln wird etwas Alkohol zugesetzt und der Scheidetrichter vorsichtig umgeschwenkt. Die untere Seifenlösung wird hierauf in einen zweiten Scheidetrichter abgezogen und wiederum mit frischem Aether ausgeschüttelt. Die ätherischen Lösungen werden vereinigt, mit einer kleinen Menge Wasser gewaschen, um sie von Spuren gelöster Seife zu befreien, und in einen gewogenen Kolben übergeführt. Wenn nötig, muß die Aetherlösung filtriert werden. Der Aether wird auf dem Wasserbade verjagt, der Rückstand bei 100° getrocknet und gewogen. Die ermittelte Gewichtsmenge, mit 20 multipliziert, ergibt den prozentualen Gehalt an Unverseifbarem, z.B. 4,87%.

Reine Fettsäurehydrate = 88,80 – 4,87 = 83,93%.

Bei Benutzung der Methode: Stiepel zur Fettsäurebestimmung fanden Franz Goldschmidt und G. Weiß [11], daß bei Verwendung von höher als 60° siedendem Petroläther beim Trocknen der Fettsäure stets Rückstände der höher siedenden Anteile des Petroläthers zurückbleiben. Sie haben deshalb das Verfahren in der Weise abgeändert, daß sie zunächst die Gesamtfettsäure einschließlich der zur Zeit wertlosen oxydierten Stoffe mit Aethyläther ausschütteln und aus dem Aethylätherextrakt die reinen Fettsäuren mit Petroläther beliebigen Siedepunkts herauslösen. Die oxydierten Fettsäuren bleiben hierbei ungelöst und können nach Abfiltrieren der Fettsäurelösung gesondert bestimmt werden. Nach Subtraktion der so gefundenen oxydierten Fettsäuren vom Aethylätherextrakt erhält man die reine Gesamtfettsäure.

Bei Herstellung der Grundseife [12] für die K.A.-Seife verfährt man am besten in der Weise, daß man den neuen Ansatz auf die noch heiße Unterlauge des vorhergehenden Sudes bringt. Geschieht dies sofort, nachdem die Seife aus dem Kessel ist, so kostet das Läutern wenig Brennmaterial. Wenn mit der Krücke oder dem Rührwerk nachgeholfen wird, ist der neue Ansatz bald geschmolzen und durchgearbeitet. Ist die Unterlaugenmenge gering, so hilft man mit Salzwasser nach. Diese Arbeit macht sich schon durch die Wiedergewinnung des in der Unterlauge befindlichen freien Alkali bezahlt. Sind die Bedingungen der Wärmequelle, Dampf oder Feuer, günstig, so ist der neue Ansatz schnell bis zum Sieden erhitzt. Diese Vorreinigung bessert Farbe und Geruch wesentlich. – Es ist zu raten, vor dem Einbringen des neuen Ansatzes zur Vorreinigung erst einen Versuch im kleinen zu machen. Gelingt es im kleinen nicht, so kann man den Versuch der Vorreinigung unterlassen. – Zweckmäßig ist es, zum Sieden der Grundseife Kalilauge mit zu verwenden; sie verbessert die Seife außerordentlich.

So große Mengen von Tonerde, wie sie zur Streckung der K.A.-Seife notwendig sind, lassen sich ihr nur auf dem Wege des Pilierens einverleiben. Naturgemäß leiden die Mahlmaschinen dabei außerordentlich. Man geht am besten von einer flüssigen Grundseife aus, die in einer kräftigen Misch- oder Knetmaschine mit dem Kaolin gemengt wird. Am geeignetsten zum Mischen der Grundseife ist eine heizbare Knetmaschine, wie sie mustergültig von Werner & Pfleiderer in Stuttgart gebaut wird. Auf 1 Teil flüssige Grundseife kommen ungefähr 2 Teile Kaolin. Die fertig gemischte Masse muß 2–3mal durch die Walzen gehen, bis sie knetbare Beschaffenheit erlangt hat, und kommt dann in die Strangpresse. Bei diesen hochgefüllten Seifen ist die Verwendung eines guten Kaolin sehr wesentlich.[585]

Bei dem Mangel an Soda ist für das Sieden der Grundseife zu K.A.-Seifenpulver Kalilauge vorgeschrieben. Schmierseifen sind zur Herstellung von Seifenpulver wenig geeignet. Man kann die Schwierigkeit durch regelrechtes Aussalzen beseitigen. Schließlich ist auf einem zweiten Wasser zu sieden, um eine feuere Grundseife zu erhalten. Man löst die fertige Seife in Wasser zu einem gleichmäßigen Seifenleim. Löst sie sich schwer, so ist dem Wasser etwas Soda zuzusetzen oder auch, besonders im Sommer, 1–2% Natronlauge von 38° Bé. Zu dem Seifenleim wird die klare Sulfatlösung gegeben, hierauf das Wasserglas und zum Schluß die kalzinierte Soda. Der Seifenleim wird mit einem Rührwerk so lange durchgearbeitet, bis ein gleichmäßiges Aussehen die innige Mischung aller Bestandteile anzeigt. Es ist notwendig, den Brei so zu rühren, daß er ziemlich dick wird, da dünne Massen leicht zum Ausscheiden von Feuchtigkeit neigen. Je dicker der Brei, um so schneller wird er erstarren und zum Mahlen fertig. Das gemahlene Seifenpulver wird in Pakete gefüllt.

Da für K.A.-Seife und K.A.-Seifenpulver der Fettsäuregehalt vorgeschrieben ist, so ist es notwendig, in der jedesmaligen Grundseife den Fettsäuregehalt zu bestimmen.


Literatur: [1] Deite-Schrauth, Handb. d. Seifenfabrikation, 4. Aufl., 1. Bd., S. 127 u. 363, Berlin 1917. – [2] D.R.P. Nr. 250164. – [3] Seifens.-Ztg. 1914, S. 991, u. 1915, S. 24. – [4] Ubbelohde u. Goldschmidt, Chemie u. Technologie der Oele u. Fette, 3. Bd., S. 559, Leipzig 1911. – [5] D.R.P. Nr. 179564. – [6] Seifenfabrikant 1914, S. 323. – [7] Ubbelohde u. Goldschmidt, ebend., S. 870. – [8] Seifenfabrikant 1917, Nr. 19/20, S. 225; Nr. 21/22, S. 249; Nr. 23/24, S. 279. – [9] Ebend. 1917, Nr. 39/40, S. 507; Nr. 41/42, S. 529; Nr. 43/44, S. 553; Nr. 45/46, S. 579; Nr. 47/48, S. 693. – [10] Ebend. 1916, S. 565. – [11] Ebend. 1917, S. 579. – [12] Ebend. 1918, S. 329.

Deite.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 582-586.
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