Bühler

[575] Bühler, Georg, Sanskritist, geb. 19. Juli 1837 in Borstel bei Nienburg in Hannover, gest. 8. April 1898 (bei Lindau im Bodensee ertrunken), studierte in Göttingen Philologie und orientalische Sprachen, besonders Sanskrit, unter Benfey, promovierte daselbst 1858, folgte 1863 einem Ruf nach Indien als Professor der orientalischen Sprachen an dem Elphinstone College in Bombay. Er bearbeitete dort mit R. West das indische Erbrecht auf Grund der Originalstellen in den Sanskritgesetzbüchern (»A digest of Hindu law«, Bomb. 1867–69, 2 Bde.; 3. Aufl. 1880), gründete 1868, zum Educational Inspector (Oberschulrat) befördert, zahlreiche neue Primär- und Sekundärschulen und kaufte auf seinen Visitationsreisen eine sehr bedeutende Anzahl von wichtigen alten Sanskrithandschriften teils für die indische Regierung, teils für die Bibliotheken von Oxford, Cambridge und Berlin, teils auch für sich selbst an. Über die in Kaschmir, in Zentralindien, Gudscharat und der Radschputana erworbenen Handschriften, über 5000 an der Zahl, gab er wertvolle Kataloge heraus, von denen der besonders interessante kaschmirsche 1877 als Extranummer des »Journal of the Royal Asiatic Society« von Bombay erschien. Auch als Herausgeber von Sanskrittexten war B. vielfach tätig, namentlich für die »Bombay Sanskrit Series«, die er zusammen mit Kielhorn gründete. Sie umfaßt jetzt eine bedeutende Zahl Sanskritwerke, die größtenteils von indischen Gelehrten (wie Bhandarkar, Telang, Shankar Pandit u. a.) ediert worden sind, wie überhaupt das Studium des Sanskrits im westlichen Indien durch B. einen bedeutenden Aufschwung nahm. Für die von Max Müller herausgegebene Sammlung »Sacred Books of the East« übersetzte er die Gesetzbücher des Apastamba, Gautama, Vasischtha, Baudhâyana (Oxf. 1879–82, 2. Aufl. 1897). Auch an der Entzifferung und Erklärung indischer Inschriften nahm B. lebhaften Anteil. Ferner schrieb er Sanskritschulbücher. Im September 1880 nahm B. aus Gesundheitsrücksichten seinen Abschied aus dem indischen Dienst und wurde schon einen Monat später zum Professor des Sanskrits und der indischen Philologie in Wien ernannt. Dort entfaltete er die umfassendste Wirksamkeit und bildete zahlreiche Schüler heran. Er veröffentlichte in dieser Zeit außer zahlreichen Abhandlungen über indische Altertumskunde einen »Leitfaden für den Elementarkursus des Sanskrits, mit Glossaren« (Wien 1883). Sein außerordentliches Wissen, mehr über die jüngere indische Literatur als über die des Veda sich erstreckend, seine tiefe Kenntnis Indiens und der Inder verlieh ihm eine Autorität, die ihn als den Berufenen zur Begründung des großartigen »Grundrisses der indoarischen Philologie und Altertumskunde« erscheinen ließ (Straßb. 1896ff.), in dem er selbst sein Werk »Indische Paläographie« (1896) veröffentlichte. Die Herausgabe dieses Grundrisses, an dem etwa 30 europäische, amerikanische, indische Gelehrte mitarbeiten, wird nach seinem Tode von Kielhorn (s.d.) geleitet. Vgl. I. Jolly, Georg B. (Straßb. 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 575.
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