Delaborde

[601] Delaborde (spr. -bórd'), 1) Jean Joseph, franz. Finanzmann, geb. 1724 zu Jacca in Spanien, gest. 18. April 1794 in Paris, gewann zu Bayonne im Handel mit Westindien und Spanien ein außerordentliches Vermögen, ward hierauf von Ludwig XV. zum Hofbankier ernannt und erwarb sich besonders des Ministers Choiseul Vertrauen. Beim Ausbruch des amerikanischen Freiheitskrieges schaffte er durch persönlichen Kredit in kurzer Zeit 12 Mill. Livres in Gold und ermöglichte dadurch das Auslaufen der Expedition unter Rochambeau. Später führte er eine Menge großer, prachtvoller Bauten aus und entwickelte eine großartige Wohltätigkeit. Während der Schreckenszeit wurde D. seines Reichtums wegen vor das Revolutionsgericht gebracht und hingerichtet. – Von seinen vier Söhnen hatten zwei, die in der Marine dienten und den unglücklichen Lapérouse begleiteten, ihren Tod an der Küste von Kalifornien gefunden. Der älteste, François Louis Joseph, Graf D., diente ebenfalls in der Marine, wurde später königlicher Schatzmeister und Mitglied der Nationalversammlung und wanderte nach deren Schluß nach England aus, wo er 1801 in London starb.

2) Alexandre Louis Joseph, Marquis, jüngster Sohn des vorigen, franz. Staatsmann und Kunstschriftsteller, geb. 15. Sept. 1774 in Paris, gest. 19. Okt. 1842, ging beim Ausbruch der Revolution nach Wien und machte in österreichischen Kriegsdiensten die ersten Feldzüge gegen die französische Republik mit. Nach dem Friedensschluß von Campo Formio 1797 kehrte er in sein Vaterland zurück, bereiste aber sodann England, Holland, Italien und Spanien; die Früchte dieser Reise waren: »Itinéraire descriptif de l'Espagne« (Par. 1808, 5 Bde.; 3. Aufl., mit Zusätzen von Humboldt und Bory de Saint-Vincent, 1827–1828, 6 Bde.) und »Voyage pittoresque et historique en Espagne« (1807–15, 4 Bde.; 2. Aufl. 1823). Seit 1822 mehrmals zum Deputierten der Stadt Paris erwählt, zeichnete er sich in der Kammer durch freimütige und geistreiche Reden aus. An der Julirevolution nahm er lebhaften Anteil. Er war darauf eine Zeitlang Seinepräfekt, dann Adjutant bei Ludwig Philipp, seit 1834 wieder Deputierter, legte aber 1841 sein Mandat nieder. Von seinen Schriften sind noch zu erwähnen die »Description des nouveaux jardins de la France et de ses anciens châteaux« (1808, 2 Bde.), der sich ein andres Prachtwerk: »Les monuments de la France, classés chronologiquement« (1815–36, 2 Bde.), anschloß, und »Versailles ancien et moderne« (1840).

3) Léon, Marquis, franz. Archäolog und Reisender, Sohn des vorigen, geb. 12. Juni 1807 in Paris, gest. daselbst 25. März 1869, machte 1825 mit seinem Vater eine Reise nach dem Orient, über die er in der »Voyage dans l'Arabie Pétrée« (Par. 1830–33) berichtete, kam 1828 als Sekretär zur französischen Gesandtschaft nach Rom, war 1831 Talleyrands Sekretär in London, später in gleicher Eigenschaft bei den Gesandtschaften im Haag und in Kassel und wurde 1842 in die Akademie gewählt. Später ward er Konservator der modernen Skulptur im Louvre und 1856 Direktor der Reichsarchive und Senator. Von seinen Werken sind noch zu erwähnen: »Histoire de la gravure en manière noire« (1839); »Voyage en Orient: Asie-Mineure et Syrie« (1837–62, 2 Bde., mit 180 Tafeln); »Le palais Mazarin« (selten, 1847); »Les ducs de Bourgogne« (1849–51, 2 Bde.; unvollendet); »Le Parthénon« (1854,30 Tafeln; unvollendet); »Athènes aux XV., XVI. et XVII. siècles« (1855, 2 Bde.); »De l'union des arts et de l'industrie« (1856, 2 Bde.).

4) Henri, Graf, franz. Maler und Kunsthistoriker, Sohn des Generals Henri D., geb. 2. Mai 1811 in Rennes, gest. 18. Mai 1899 in Paris, bildete sich unter P. Delaroche und stellte in der Folge eine Reihe von Landschaften und Historienbildern aus. 1855 wurde er Konservator des kaiserlichen Kupferstichkabinetts, 1868 Mitglied und 1874 Sekretär der Akademie. Bekannter als durch seine Gemälde wurde D. durch seine kunstgeschichtlichen Arbeiten: »Études sur les beaux-arts en France et en Italie« (1864, 2 Bde.); »Ingres, sa vie, ses travaux« (1870); »Le cabinet des estampes de la Bibliothèque nationale« (1875); »La gravure« (1882); »La gravure en Italie avant Marc-Antoine« (1883); »Gérard Édelinck« (1886); »Marc-Ant. Raimondi« (1887); »Les maitres florentins du XV. siècle« (Prachtwerk, 1889); »L'Académie des beaux-arts depuis la fondation de l'Institut de France« (1891).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 601.
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