Eisenbahnsignale

[535] Eisenbahnsignale (hierzu Tafel »Eisenbahnsicherungswerke« mit Text) bilden einen Zweig des Eisenbahnbetriebs, dessen zweckentsprechende Einrichtung und Handhabung eine der Grundbedingungen für die Ermöglichung des heutigen Bahnverkehrs bildet. Die Anwendung des Signalwesens zur Sicherung des Zugverkehrs ist unter »Eisenbahnbetriebssicherheit« in ihren Grundlinien dargelegt, besonders auch die Durchführung des Blocksystems, d.h. des durch Signale erfolgenden Abschlusses jedes einzelnen Streckenteils, solange ein Zug sich innerhalb desselben befindet. Die E. sind entweder hörbare (akustische): Horn- (Pfeifen-) oder Glockentöne, ausnahmsweise auch Knallsignale, oder sichtbare (optische): Arme oder Scheiben, bei Abend farbige und weiße Lichter an Signalmasten, am Zuge, an Weichenböcken, Wasserkränen u. s. s. Die Signal gebung, d.h. die Veranlassung der Signalerscheinung an entfernter Stelle erfolgt: 1) bei Signalen für kurze Entfernungen unmittelbar durch Zuruf, Hornblasen, Pfeifen, Läuten, Bewegen einer Handfahne, Scheibe oder Laterne; 2) bei sichtbaren u. hörbaren Signalen auf weitere Entfernung a) auf mechanischem Wege durch Drahtzug bis 600, auch 800 m, seltener durch Wasser- oder Luftdruck; b) auf elektrischem Wege beliebig weit und zwar mittelbar durch Beauftragung eines Wärters mittels Telegraph (bei Nebenbahnen auch Telephon) oder unmittelbar durch Auslösung der Hemmung eines Uhrwerkes (z. B. Glockensignale auf den Glockenbuden); endlich auch durch Bewegung eines Motors mittels elektrischen Stroms; 3) durch Anbringung von sichtbaren Zeichen (Scheiben, Fähnchen, Laternen) am Anfang und Ende des Zuges. Die unter 1) bezeichneten E. dienen namentlich zur Verständigung des Bahnhofs- und Zugpersonals untereinander beim Rangieren, (z. B. 1–3 kurze Pfiffe der Lokomotive: »Bremsen anziehen«; zwei mäßig lange Pfiffe: »Bremsen los«) oder Töne der Mundpfeife des Zugführers (z. B. zwei mäßig lange Töne: »Der Zug soll abfahren«). Die unter 2) bezeichneten E. dienen teils zur Benachrichtigung des Zugpersonals (Lokomotivführers) über »freie Fahrt« (Signalarm rechts hoch und grünes Licht, dabei Arme und Lichtblenden stets in selbsttätiger Verbindung) oder »Halt« (Arm rechts wagerecht und rotes Licht) oder zwei Arme rechts hoch und zwei grüne Lichter (»Abzweigung frei«) u.s.f.; teils ebenso wie die zu 3) zur Benachrichtigung des Streckenpersonals (Bahnwärter, Streckenarbeiter) über Abgang der regelmäßigen und etwaiger außergewöhnlicher Züge oder Lokomotiven etc. Bei Hauptbahnen zeigen namentlich die elektrisch ausgelösten Glockensignale durch Anzahl der Einzeltöne und der Tongruppen Abgang und Richtung des Zuges sowie etwaige Gefahr oder Betriebsruhe an.

Von besonderer Wichtigkeit sind die Bahnhofsabschluß- und Vorsignale sowie die Weichen-, Abzweigungs- und Fahrstraßensignale, die dem Lokomotivführer auf genügende Entfernung Sicherheit über die [535] Freiheit oder Sperrung seines Weges geben sollen. Auch die Stationsbeamten müssen an den Weichensignalen mit Sicherheit erkennen können, ob die Fahrstraße für einen ein- oder abzulassenden Zug richtig eingestellt ist. Werden die Entfernungen dafür zu weit, so muß durch besondere Vorrichtungen (z. B. selbsttätige Nachahmung der Weichenbewegung an kleinen Wandmodellen im Stationsbureau auf elektrischem Weg) Ersatz geschafft werden für die unmittelbare Sichtbarkeit. Zu solchen und vielen andern Zwecken dienen die Stellwerke (s. beifolgende Tafel und Artikel »Eisenbahnbetriebssicherheit«).

Die Abschluß- und Blocksignale bestehen aus hohen Masten mit Armen und Lichtern, die Vorsignale meist aus runden Scheiben (mit quadratischem Ausschnitt für das Licht bei Abend), die bei freier Fahrt wagerecht liegen, also nicht ausfallen, in senkrechter Lage dagegen dem Lokomotivführer mit grüner Farbe (grünem Licht) anzeigen, daß das bald folgende Bahnhofsabschlußsignal auf »Halt« steht, er also bremsen muß, um an richtiger Stelle vor Einfahrt in den Bahnhof sicher halten zu können. Die Abzweigungssignale erhalten zwei, auch drei gleichgerichtete Arme und Lichter. Für den Führer haben nur diejenigen Signalarme Bedeutung, die für seine Fahrtrichtung nach rechts zeigen. Die Stellung der wichtigen Weichen wird durch Laternen angezeigt, deren Gestalt bei Tag und bei Abend die Richtung erkennen läßt, und die sich selbsttätig mit Umstellung der Weiche zugleich bewegen. – Die Signale am Zuge bestehen in weißen, roten und grünen Scheiben (bei Abend Lichtern), die vorn an der Lokomotive und hinten am Zug angebracht werden. Am Ende jedes Zuges muß nach der deutschen Signalordnung eine rote Schlußscheibe (Schlußlaterne) zwischen den Puffern vorhanden sein, außerdem müssen sich bei Abend oben an den Seiten des letzten Wagens zwei nach hinten rot, nach vorn grün leuchtende Laternen befinden, damit das Zug- und Bahnpersonal auch von der Vorderseite her das Ende des Zuges erkennen kann. – Vorn an der Lokomotive sollen bei Abend unten zwei weiße Lichter angebracht sein, während zwei rote Lichter daselbst, oder bei Tag eine rote Scheibe oben vor dem Schornstein, anzeigen, daß der Zug ausnahmsweise auf verkehrtem Gleis fährt. Die Anordnung der Signale für die einzelnen Zwecke ist in außerdeutschen Ländern z. T. anders. – Die Bahnwärter haben sich bei Streckenarbeiten oder andern Hindernissen bestimmt vorgeschriebener Zeichen mit der Hand oder Laterne (auch wohl Fahne od. dgl.) zu bedienen, um dem Lokomotivführer gewisse Meldungen zu machen, wie z. B. »Halten« (Schwenken der Hand oder Mütze, bei Abend der womöglich rot geblendeten Laterne im Kreis) oder »Langsamfahren« (Entgegenhalten eines Gegenstandes, bei Abend eines grünen Lichtes) u.s.f. – Wenn Streckenarbeiten am Gleis Vorsicht verlangen, so wird Anfang und Ende solcher Arbeitsstrecke mit Stockscheiben (A und E) neben dem Gleis, abends mit Laternen (außen grün, innen weiß) bezeichnet, während eine rote Scheibe oder Stocklaterne »Halten« bedeutet. Vgl. Scholkmann, Signal- und Sicherungsanlagen (in dem Sammelwerk »Eisenbahntechnik der Gegenwart«, Bd. 2, Wiesbad. 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 535-536.
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