Eisenbahnverein

[546] Eisenbahnverein (Verein deutscher Eisenbahnverwaltungen). Der durch den Eisenbahnbetrieb bedingte enge Wechselverkehr zwischen den Verwaltungen erfordert ein festes Zusammenwirken der einzelnen Direktivbehörden und führte bei der frühern Zersplitterung des deutschen Eisenbahnwesens 1847 zur Begründung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen, der sich im Laufe der Zeit zu einem wertvollen Bin deglied für die dem mitteleuropäischen Eisenbahnnetz gehörigen Bahnen gestaltet hat. Der Verein sucht durch gemeinsame Beratung und einmütiges Handeln das eigne Interesse und dasjenige des Publikums zu fördern, und hat nach und nach alle wichtigern Zweige des Eisenbahnbetriebs seiner einigenden Regelung unterzogen. Außerdem fördert er auch die Eisenbahnwissenschaft durch Ausschreibung von Preisen für hervorragende Erfindungen und literarische Erscheinungen auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens. Während in den ersten Jahrzehnten keine bindenden Beschlüsse durch die jährlichen Generalversammlungen gefaßt wurden, werden seit 1874 die Beschlüsse der Generalversammlung als bindend betrachtet, sofern sie durch neun Zehntel der im Verein vertretenen Stimmen genehmigt sind. Die Beschlüsse werden in Ausschüssen vorbereitet, die für alle wichtigen Angelegenheiten ständig bestehen. Die Ausführung der Vereinsbeschlüsse wird von der geschäftsführenden Verwaltung überwacht. Der Verein erstrebte von vornherein die Herstellung einer deutschen Eisenbahnstatistik (s. d.), deren erster Jahrgang 1851 erschien. Die Publikation gleichmäßig geordneter Stationsaushängetafeln und Fahrpläne zur leichtern Orientierung des reisenden Publikums wurde 1853 von der Generalversammlung beschlossen; 1854 wurde[546] die ins Auge fallende Unterscheidung der Tag- und Nachtzeiten angeordnet und 1856 die Aushängung der Fahrpläne fremder Bahnen gestattet. Das erste Reglement für den Güterverkehr wurde 1848 genehmigt, und 1850 trat das umgearbeitete Vereins-Güterreglement in Kraft, das dem vom deutschen Bundesrat erlassenen Betriebsreglement (jetzt Verkehrsordnung) für die Eisenbahnen Deutschlands als Grundlage gedient hat (s. Eisenbahnverkehrsordnung). 1850 stellten die Techniker sämtlicher Vereinsverwaltungen die Grundzüge für die Gestaltung der Eisenbahnen Deutschlands fest. Diese Grundzüge umfaßten die Verordnung über Planum, Oberbau, Bahnhofsanlagen, Konstruktion der Lokomotiven und Wagen, Signalwesen, sicherheitspolizeiliche Bestimmungen für den Zustand der Bahn und der Betriebsmittel, für Handhabung des Fahrdienstes sowie endlich Vereinbarungen über einheitliche Vorschriften für den durchgehenden Verkehr auf den bestehenden Eisenbahnen u.a. Technikerversammlungen des Vereins finden seit jener Zeit regelmäßig statt und haben sich durch den Austausch der Erfahrungen für die Ausbildung der Eisenbahntechnik als sehr segensreich erwiesen. Seit 1861 gibt der Verein (geschäftsführende Verwaltung die königliche Eisenbahndirektion Berlin) die wöchentlich erscheinende »Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen« heraus, die ihre Stellung als maßgebendes Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens auf allen Gebieten bis heute gewahrt hat. Für das Gebiet der Eisenbahntechnik steht ihm das seit 1845 in Wiesbaden erscheinende »Organ für Fortschritte des Eisenbahnwesens in technischer Beziehung«, begründet von Heusinger von Waldegg, zur Seite. Genaue statistische Angaben über die dem Verein angehörenden Eisenbahnen, deren Verwaltungen etc. enthält Kochs »Handbuch für den Eisenbahn-Güterverkehr«, Bd. 1: Eisenbahnstationsverzeichnis (33. Aufl., Berl. 1903). Dem Verein gehörten 1902 an: 46 deutsche Bahnen mit 49,978,85 km, 19 österreichisch-ungarische mit 35,403,76 km und 9 fremdländische Bahnen mit 6743, 10 km Länge, zusammen 92,125,71 km Betriebslänge, die sich wie folgt verteilen:

Tabelle

Vgl. die »Festschrift über die Tätigkeit des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen etc., 1846–1896« (Berl. 1896).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 546-547.
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