[98] Freycinet (spr. fräßinä), 1) Louis Claude Desaulses de, franz. Weltumsegler, geb. 7. Aug. 1779 in Montélimart, gest. 18. Aug. 1842 auf seinem Landgut im Drômedepartement, trat 1793 in die Marine, begleitete 1800 den Kapitän Baudin auf seiner Expedition nach der Südküste von Australien, wurde 1811 Fregattenkapitän und unternahm 181720 mit der Korvette Urania eine Entdeckungsreise in die Südsee, um zugleich über die Gestalt der Erde und den Erdmagnetismus Forschungen anzustellen. 182630 war F. Gouverneur von Martinique. Unter Mitwirkung von Gaudichaud, Arago, Pellion, Quoy, Gaimard u. a. veröffentlichte er das Prachtwerk: »Voyage autour du monde pendant les années 18171820« (Par. 182444,13 Quartbände mit 4 Atlanten). Auch vollendete er die von Baudius Begleiter Péron angefangene »Voyage de découvertes aux terres Australes pendant les années 18001804« (2. Aufl., Par. 1824, 4 Bde.).
2) Charles Louis de Saulces de, franz. Staatsmann, geb. 14. Nov. 1828 in Foix, war 1856 bis 1861 Betriebschef der Südbahn und 186267 im Auftrag der Regierung auf wissenschaftlichen Reisen. 1870, nach dem Sturz des Kaiserreichs, wurde er von Gambetta 10. Okt. nach Tours berufen, um Chef des militärischen Kabinetts der dortigen Delegation zu werden. In dieser Stellung entwickelte er eine staunenswerte Tätigkeit, griff aber auf unheilvolle Weise in die Kompetenz der Generale ein: das Verhalten Crouzats bei Beaune-la-Rolande wurde von ihm verurteilt, und die große Unternehmung Bourbakis gegen den Osten, die in einer furchtbaren Katastrophe endete, war von ihm entworfen (vgl. sein Werk »La guerreen province pendant le siége de Paris«, Par. 1871, 13. Aufl. 1888; deutsch, Bresl. 1872). 1876 in den Senat gewählt, wo er sich der republikanischen Linken anschloß, wurde er 1877 im Ministerium Dufaure und 1879 im Kabinett Waddington Minister der öffentlichen Arbeiten. Hier entwarf er einen großartigen Plan für Erweiterung des Eisenbahn- und Kanalnetzes und erlangte von den Kammern die Bewilligung eines Kredits von 500 Mill. Fr. für den Ankauf einer Anzahl kleiner Privatbahnen. Vom 29. Dez. 1879 bis 21. Sept. 1881 u. vom 31. Jan. bis 29. Juli 1882 war er Ministerpräsident und Minister des Auswärtigen, entzweite sich dann aber mit den Gambettisten wegen der ägyptischen Politik. Erst im April 1885 übernahm F. wieder das Portefeuille des Äußern und trat nach Brissons Rücktritt im Januar 1886 selbst an die Spitze des Kabinetts, in dem er auch das Ministerium des Äußern verwaltete, bis Dezember 1886. Bei der Bewerbung um die Präsidentschaft der Republik erhielt er nur 76 Stimmen. Dagegen wurde ihm das Kriegsministerium in den beiden aufeinander folgenden Kabinetten Floquet (April 1888) und Tirard (Februar 1889) übertragen. Am 17. März 1890 übernahm F. wieder die Ministerpräsidentschaft und das Departement des Krieges. Sein Programm war: Versöhnung des ganzen Volkes auf dem Boden der republikanischen Verfassung und feste, aber friedliche Politik nach außen. Im Februar 1892 wurde das Kabinett F. durch eine Verbindung der Radikalen und Monarchisten gestürzt; indes behielt F. das Kriegsministerium in dem neuen Kabinett Loubet und ebenso (Dezember 1892) in dem Ministerium Ribot. Da aber zeigte es sich bei Gelegenheit des Panamaskandals, daß F. sich früher mit anrüchigen Finanzleuten in sehr unsaubere Machenschaften eingelassen hatte, und er wurde von dem Ministerpräsidenten Ribot genötigt, seine Entlassung zu nehmen (10. Jan. 1893). Vom Oktober 1898 bis Mai 1899 war er wieder Kriegsminister, machte sich aber durch seine Hinneigung zu den Nationalisten unmöglich. Er schrieb: »Traité de mécanique rationnelle« (1858, 2 Bde.); »De l'analyse infinitésimale« (1860, 2. Aufl. 1881); »Des pertes économiquesen chemin de fer« (1861); »Principes de l'assainissement des villes« (1870); »Traité d'assainissement industriel« (1870); »Essais sur la philosophie des sciences« (1895, 2. Aufl. 1900); »Sur les principes de la mécanique rationnelle« (1902) u. a. 1891 ward er Mitglied der Akademie. Eine Auswahl seiner Reden erschien 1891.