Grumbach [2]

[440] Grumbach, Wilhelm von, Sprößling eines der ältesten Rittergeschlechter Ostfrankens, geb. 1. Juni 1503, gest. 18. April 1567, kam früh an den Hof des Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach, Johann Kasimir, ward hier für den Hofdienst erzogen und verheiratete sich 1523 mit Anna v. Hutten; eine Schwester von ihm wird unbegründeterweise als die Gattin Florian Geiers (s. d.) bezeichnet. Nach dem Tode des Markgrafen (1527) lebte er auf den Besitzungen seines Vaters, die er zwischen 1535 und 1537 übernahm. G. gab Anlaß zu einer wilden und weitreichenden [440] Fehde, den sogen. Grumbachschen Händeln, einer letzten Erhebung der Reichsritterschaft gegen das Landesfürstentum. Nach dem Tode des Bischofs v. Bibra 1544 wurde Grumbachs Gegner, Melchior v. Zobel, Bischof von Würzburg. G. gab sein Amt als würzburgischer Hofmarschall auf, zog sich auf sein Schloß Rimpar zurück, trat in Verbindung mit dem Markgrafen Albrecht Alkibiades von Kulmbach, begleitete ihn 1548 an den Hof des Herzogs Albrecht von Preußen, ließ sich aber vorher von dem Bischof aller seiner Lehnspflichten entbinden. Allein während Grumbachs Abwesenheit suchte der Bischof Grumbachs Besitz zu schmälern, dieser aber glaubte sich auch persönlich verfolgt, übergab deshalb die Lehen seinem Sohn und trat in des Markgrafen Albrecht Dienste. Während dieser vor Magdeburg lag, war G. Statthalter der markgräflichen Lande zu Kulmbach; dann vermittelte er den Vertrag, durch den das Hochstift Würzburg von Albrecht Schonung erkaufte. Dieser Vertrag enthielt die Bestimmung, daß Würzburg auch eine bedeutende Forderung Grumbachs an den Markgrafen übernehmen sollte, die später wirklich durch Abtretung einiger Ortschaften und durch völlige Aufhebung des Lehnsnexus der Grumbachschen Familie beglichen wurde. Da jedoch der Kaiser Albrechts Vertrage mit den fränkischen Ständen nachher für ungültig erklärte, so hielt sich auch der Bischof nicht länger an seinen Vergleich mit G. gebunden, und G. suchte nun durch einen neuen Vergleich zu erlangen, daß gegen Rückgabe der würzburgischen Ortschaften sein Sohn mit Rimpar und Berchtheim belehnt, ihm aber Bleichfeld und die übrigen Güter belassen würden. Nach der Aussöhnung des Markgrafen Albrecht mit Karl V. befahl aber letzterer den fränkischen Einungsverwandten die Erfüllung ihrer Verträge mit Albrecht. Auch Grumbachs Forderungen an den Bischof wurden dadurch aufs neue rechtskräftig, aber der Bischof wandte sich unter Berufung auf den frühern Bescheid an das Reichskammergericht. Markgraf Albrecht eröffnete nun die Feindseligkeiten gegen den Bischof, G. selbst war abwesend, währenddessen die fränkischen Stände den Kurfürsten Moritz von Sachsen zur Hilfe herbeiriefen. 1553 trat G. in den Dienst des Markgrafen. Der Bischof von Würzburg verheerte Grumbachs Güter. Nach der Schlacht bei Sievershausen 1553, wo G. mitgefochten, beteiligte er sich eine Zeitlang nicht weiter an der Fehde in Franken und suchte eine Vermittelung mit den Gegnern. Gegen die ihm vom Reichskammergericht zuerkannte Restitution in seine Güter und Rechte legten seine Gegner Verwahrung ein; König Ferdinand setzte einen Termin zu einer gütlichen Verhandlung an (1. März 1556), aber Grumbachs gereizte Verteidigungsschrift und die Gegenschrift des Bischofs von Würzburg zeigten, daß an eine Versöhnung nicht zu denken war.

Mit Albrechts Tode sank die letzte Hoffnung Grumbachs. Georg Friedrich von Ansbach, der Erbe Kulmbachs, weigerte sich, die Schulden, die auf Albrechts Hinterlassenschaft ruhten, zu übernehmen, und so drohte G. ein Verlust von 300,000 Gulden. Da suchte G. eine Zuflucht bei Herzog Johann Friedrich von Sachsen im Koburgischen, wurde dessen Rat und gewann auf den schwachen Fürsten großen Einfluß, indem er ihm Hoffnungen auf Wiedererlangung der sächsischen Kur machte. G. faßte den Plan, an der Spitze des Adels sich des Bischofs zu bemächtigen und die Herausgabe seiner Güter zu erzwingen, aber zu weitgehende Dienstfertigkeit eines alten Dieners von G. führte die Ermordung des Bischofs herbei (15. April 1558). G. floh auf die Nachricht von dem Vorfall nach Frankreich; seiner Versicherung, daß er am Morde keinen Anteil habe, wurde nicht geglaubt. Im Glauben, daß sich bei dem bevorstehenden Ausgleich zwischen Markgraf Georg Friedrich und den fränkischen Einungsverwandten auch eine Besserung seiner Lage erzielen lasse, begab er sich Anfang 1559 wieder nach Deutschland. Allein bei seiner Ankunft hatten sich die Fürsten schon vertragen, und es blieb daher für G., wenn er wieder zu seinem Besitz gelangen wollte, nur ein Weg: dessen gewaltsame Wegnahme. Die neuen Rüstungen, die er unter dem Vorwand französischer Werbung machte, verrieten den Plan, aber als ihm die rheinischen Kurfürsten ihre Vermittelung auf dem Reichstag anboten, entließ G., ihrer Versicherung trauend, seine Scharen. Trotz des Widerstrebens seitens des Würzburger Bischofs erschien er unter sicherm Geleit zu Augsburg. Ruhig und fest verteidigte er vor der kaiserlichen Kommission sein Recht und beharrte auf seiner Restitution in die ihm entrissenen Güter. Zuletzt schlug sich der Kaiser selbst ins Mittel, aber vergeblich. Der landsbergische Fürstenverein trat mit den fränkischen Einungsverwandten 1560 zu Ingolstadt gegen G. zusammen, und der Bischof von Würzburg zieh G. offen des Mordes an Melchior v. Zobel.

G. ging wieder in französische Kriegsdienste; als er nach dem Frieden von Amboise 1563 zurückkehrte, wies ihm der Herzog Johann Friedrich einen Zufluchtsort zu Hellingen bei Koburg an. Hier trat G. mit seinen Gefährten Wilhelm v. Stein und Ernst Mandelslohe zusammen, um sein Recht auf dem Wege der Gewalt durchzusetzen. Sie erließen 16. Sept. 1563 einen Absagebrief an den Bischof; schon 4. Okt. stand G vor Würzburg und erzwang durch die Drohung mit Plünderung von dem Statthalter einen Vergleich, demzufolge der Vertrag von 1552 wieder in Gültigkeit gesetzt und von seinen Gegnern die Kosten der Exekution übernommen werden sollten. Bei der Wiedereinnahme seiner Güter eignete G. sich nur an, was er früher unbestritten besessen hatte; was irgend zweifelhaft war, sollte dem Ausspruch eines Schiedsgerichts unterstellt bleiben. Allein der Kaiser sprach die Acht über G. aus und inhibierte den Vollzug des Vertrags, obwohl Würzburg selbst um Zurücknahme des Befehls bat. Als G. die neue Phase seines Schicksals erkannte, erwies er in neuen Schriften die Rechtswidrigkeit seiner Achtung. Wirklich erhielt er auch viele Beweise fürstlichen Wohlwollens; nichtsdestoweniger setzten die kaiserlichen Kommissare auf dem Verhandlungstag 4. Febr. 1564 durch, daß die Vollziehung der Acht beschlossen wurde. Die Ritterschaft in Franken sandte eine neue Vorstellung an den Kaiser, die rheinischen Kurfürsten drängten den Würzburger Prälaten bis zu den Präliminarien eines Güteversuchs, das brandenburgische Haus bot sein ganzes Ansehen auf, um seines alten Dieners Haupt von dem kaiserlichen Zorn zu entlasten, und man erreichte wenigstens einen Aufschub. Kaum aber war der Kaiser Ferdinand I. gestorben (25. Juni 1564), so griff der Bischof von Würzburg G. in einer Schrift auf das schonungsloseste an. G. wandte sich 1566 in einer Eingabe an den Reichstag, nicht nur an die Einsicht, sondern auch an das Mitleid seiner Richter. Aber der Kaiser war durch die ihm von dem Kurfürsten August von Sachsen über Grumbachs Einfluß am Hofe zu Gotha gemachte Mitteilung im voraus gegen ihn eingenommen; die Fürsten waren ihm teils feindlich gesinnt, teils wenigstens teilnahmlos[441] gegen ihn. Und auch die Hilfe des Adels blieb aus. Nur Herzog Johann Friedrich vermochte nicht, sich von G. zu trennen, und so fiel auch er um Grumbachs willen in die Acht. Die Exekution wurde dem sächsischen Kurfürsten August übertragen, der zur Belagerung Gothas (1566) schritt. Hartnäckig weigerte Johann Friedrich die Auslieferung Grumbachs. Endlich fiel die Stadt in Augusts Hand (4. April 1567). G. wurde ergriffen und, nachdem man ihm durch die Folter Geständnisse abgepreßt hatte, 18. April auf dem Markt zu Gotha gevierteilt, während man den gefangenen Herzog nach Österreich abführte, wo er 27 Jahre hindurch bis zu seinem Tode festgehalten wurde. Vgl. Ortloff, Geschichte der Grumbachschen Händel (Jena 1868–70, 4 Boe.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 440-442.
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