[444] Grundbau (Gründung, Fundierung; hierzu Tafel »Gründung«). Je nach der Beschaffenheit des Baugrundes, der in angemessener Tiefe, mit oder ohne Wasserandrang erreichbar oder nicht erreichbar ist, und je nach dem Zweck und der Wichtigkeit des Bauwerkes, ob ruhende Last oder Erschütterungen, ob schräger oder lotrechter Druck zu übertragen ist, unterscheidet sich die Art des Grundbaues. Die Gründung eines Bauwerkes aus Gemäuer auf dem Festlande besteht zunächst in einer Ausgrabung im Erdboden und sodann, wenn nötig, aus einer geeigneten Konstruktion auf der Sohle der Ausgrabung (Fundament), um eine feste Unterlage für das Mauerwerk zu bilden. Die Sohle des Grundgemäuers sollte tunlichst senkrecht sein zur Richtung des Druckes, den sie auf den Baugrund zu übertragen hat, und der Druck sollte möglichst gleichförmig sich über die Grundfläche verteilen. Der Druck auf die Flächeneinheit darf an keiner Stelle der Grundfläche größer werden, als es die durch besondere Untersuchungen ermittelte Tragfähigkeit des Baugrundes gestattet. Lockerer Baugrund besitzt um so größere Tragfähigkeit, je tiefer man hinabgeht, und der Rauminhalt des durch den G. verdrängten Erdkörpers ist bei einerlei Gesamtbelastung und einerlei Baugrund theoretisch eine festwertige Größe. Müßte also z. B. in gegebenem lockern Baugrund ein Grundmauerkörper, nach der Theorie der Gründungen, 30 cbm Rauminhalt haben, so ware es theoretisch gleichgültig, ob man dem Körper 30 qm Grundfläche und 1 m Tiefe oder 20 qm Grundfläche und 1,5 m Tiefe gäbe, obschon im zweiten Falle, gleichförmige Belastung vorausgesetzt, der Druck auf die Flächeneinheit 1,5 mal so groß würde wie im ersten. Mindestens muß man jedoch stets bis unter die Frostgrenze mit der Sohle des Grundgemäuers hinabgehen. Die Baugrubenwände stellt man womöglich lotrecht her. Wenn das Erdreich hierzu nicht standfähig genug ist, stützt man die Wände durch Bölzungen oder man böscht sie ab. Ist der Baugrund unfest, oder ist fester Grund erst in großer Tiefe zu erreichen, so kann zur Erzielung größerer Tragfähigkeit der Baugrund verdichtet werden. Dies geschieht am besten durch Eintreiben von Pfählen oder durch Einrammen von Schotter und Steinen, wovon so lange neue Schichten eingebracht werden, bis sich genügende Tragfähigkeit zeigt. Pfähle sollten wegen des Faulens immer unter Wasser bleiben. Ein Mittel, Lasten auf unfesten Boden möglichst gleichförmig zu übertragen, besteht in der Verbreiterung des tragenden Körpers; diese kann erreicht werden: a) durch das bereits im Altertum bekannte Verfahren der Sandschüttung (Fig. 1); je kleiner der Böschungswinkel des Sandes, desto dicker muß die Sandschüttung sein; b) durch Erdbogen (Grundbogen) zwischen den einzelnen Mauerpfeilern (Fig. 2); c) durch liegenden [444] Schwelleurost, der aber stets unter Wasser liegen muß (Fig. 3); d) durch ein Betonbett über die ganze Grundfläche des zu errichtenden Gebäudes (Fig. 4). Bei ungünstiger Bodenbeschaffenheit, oder wenn der gute Baugrund tief unter Wasser liegt, werden auch wohl Pfähle unter das Betonbett geschlagen (Fig. 5). In Amerika bettet man in den Beton eiserne Träger, die eine Art Rost bilden und die Lasten besser verteilen.
Bei Gründungen im Wasser wird der Beton zwischen Spundwände geschüttet (Fig. 4 und 5). Der Pfahlrost (Fig. 6) sollte stets unter Grundwasser liegen. Er besteht aus dem eigentlichen Rost und den Pfählen. Je nach der Lage des Rostes zum Wasserspiegel unterscheidet man hohen und niedrigen Pfahlrost. Der hohe Pfahlrost liegt nur wenig unter dem Wasserspiegel. Die Wasserschöpfarbeiten bedürfen deshalb keiner künstlichen Umschließung der Baugrube. Beim tiefen Pfahlrost wird die Baugrube mit Spundwänden umschlossen, oder man verwendet einen hölzernen Senkkasten. Kommt schräger Druck auf den Pfahlrost, so werden die Pfähle, unter Umständen auch der Rost, schräg gestellt. Die Pfähle verdrängen das Erdreich und verdichten den Baugrund. In weichem Boden entsteht dadurch ein Tragkörper aus verdichtetem Erdreich und Holz. Die Tragfähigkeit der Pfähle beruht auf der Reibung an ihren Seitenwänden und auf dem Widerstand des Erdreichs gegen Formänderung, dort, wo die Pfahlspitze sich ihren Weg bahnt. Anstatt hölzerner Pfähle hat man auch eiserne ɪ-Träger eingerammt. Sie dringen leicht ein und sind daher in weichem Boden nicht zu empfehlen. Ob sie an Dauer in der Nässe den Holzpfahlen auch nur nahekommen, ist fraglich. Holzpfähle pflegt man an den Spitzen mit Eisen zu beschlagen (zu beschuhen), damit sie beim Eindringen nicht stumpf werden und stecken bleiben (Fig. 6 a). Anstatt die Pfähle in den Boden einzuschlagen oder »einzurammen«, kann man sie auch ein schrauben. Die Schraubenpfähle (Fig. 7, 7a), erfunden von Alexander Mitchell, können von Holz oder von Eisen und sollten, damit sie sich leicht drehen, rund sein. Das am Fuße des Pfahles angebrachte Schraubengewinde ist gewöhnlich aus Gußeisen und macht selten mehr als eine Windung. Der Durchmesser des Gewindes ist zwei- bis achtmal so groß wie der des Pfahles, die Ganghöhe ist gleich der Hälfte bis ein Viertel des Durchmessers. Das Eindrehen erfolgt mittels Hebeln, an denen Menschen oder Zugtiere arbeiten. Bei Sand und Kies kann sowohl das Einschrauben als das Einrammen der Pfähle durch Einspritzen von Druckwasser sehr erleichtert werden. Fig. 8 zeigt eine Landungsbrücke auf Schraubenpfählen.
Der Senkkasten (Fig. 9) ist ein wasserdichter Kasten zur Gründung von Bauten, z. B. von Brückenpfeilern, im Wasser. Der Kasten wird schwimmend über die Baustelle gebracht und daselbst verankert, worauf man in ihm mauert. Mit zunehmender Belastung läßt man den Kasten sich senken, bis er auf dem Baugrund aufsitzt. Die Arbeit erfolgt bei niedrigstem Wasserstand. Der Boden des Kastens ist ein wagerechter gezimmerter Rost, dessen Bedielung kalfatert ist, und der einen bleibenden Bestandteil des Grundbaues bildet. Die Seitenwande müssen etwas höher sein, als das Wasser tief ist. Wenn der Kasten aufsitzt und das Gemäuer bis über den Wasserspiegel aufgeführt ist, werden die Seitenwände weggenommen. Der Sitz für den Senkkastenboden muß gehörig hergerichtet werden, entweder durch bloße Ausgrabung (Baggerung), oder durch Lege neines Betonbettes, oder durch Einrammen von Pfählen, die glatt in einer wagerechten Ebene abgesägt werden, oder auf eine sonstige geeignete Art. Senkkasten ohne Boden (Fig. 10) werden auf ebenem Felsengrund angewendet. Die Seitenwände richtet man so her, daß ihre untern Ränder überall auf dem Boden aufsitzen. Das Innere wird mit Beton ausgefüllt, worauf man die Wände beseitigt oder abschneidet.
Die Brunnengründung ist, wo das Wasser sich bewältigen läßt, bis zu großen Tiefen ausführbar. Sie empfiehlt sich im gleichmäßigen Sand, Schlamm oder Moor. Bäume oder große Steine in der Tiefe sind schwer zu beseitigen und kosten viel Geld und Zeit. Man unterscheidet hölzerne, eiserne u. gemauerte Brunnen.
Der Brunnen (Fig. 11) ist ein hohler, zylinder- oder kastenförmiger Körper ohne Boden und Decke. Das Absenken geschieht durch Abgraben oder Ausbaggern des Erdreiches innerhalb des Brunnens. Damit der Brunnen leicht eindringt, muß er unten einen schräg nach außen gerichteten scharfen Rand haben. Um das Sinken zu erleichtern, wird er belastet, z. B. wie in der Abbildung mittels Eisenbahnschienen. Den untern Teil füllt man mit Beton aus. Nachdem der Beton erhärtet ist, kann man das Wasser auspumpen und den Brunnen im Trocknen ausmauern oder ausbetonieren. Eiserne Senkbrunnen können aus Walzeisen oder aus Gußeisen bestehen; sie dienen lediglich als Hülle des Grundmauerkörpers. Gußeiserne Senkbrunnen bestehen aus platten- oder röhrenförmigen Stücken, die mittels Flanschen aneinander geschraubt werden. Die Senkbrunnen aus Walzeisen werden aus Blechen und Formeisen zusammen genietet oder -geschraubt. Die Brunnen sind entweder zylindrisch oder nach oben eingezogen. Die letztere Art läßt sich leichter absenken. Die neue Taybrücke ist mit schmiedeeisernen Brunnen gegründet. Jeder Pfeiler besteht aus zwei Zylindern, die bis 6,1 m unter die Flußsohle hinabreichen, der Durchmesser beträgt bei dem größten Brunnen unten 7,01, oben 5,03 m, die Entfernung zwischen zwei Brunnen 9,75 m.
Gemauerte Senkbrunnen (Fig. 11 u. 12) erhalten als Unterlage einen Brunnenschling oder Brunnenkranz aus Holz oder Eisen. Als Grundrißform eignet sich wegen des gleichmäßigen Senkens am besten der Kreis; es kommen aber, wenn die Gestalt der Bauwerke dies verlangt, alle möglichen Formen vor. Das Mauerwerk des Brunnens wird gewöhnlich aus Ziegeln hergestellt und außen, um die Reibung beim Absenken zu verringern, geputzt; die Mauerdicke ist, um dem Brunnen ein großes Gewicht zu geben, so groß zu wählen, wie die bequeme Ausführung der Bagger- oder Abgrabarbeiten es gestattet. Das Brunnenmauerwerk wird zum Tragen mitbenutzt und ist wenig teurer als Beton. Damit der Brunnen nicht abreißen kann, falls er an einer Stelle festhängt, pflegt man das Gemäuer mit dem Brunnenkranz zu verankern. Die einzelnen Brunnen eines Grundbaues werden durch Auskragungen (Fig. 12) oder Bogen verbunden. An Stelle einer größern Anzahl kleiner Brunnen kann unter Umständen vorteilhaft auch ein großer ausgeführt werden. Für kleine Brunnen spricht ungefährliche Handhabung beim Senken und Möglichkeit, an Mauerwerk zu sparen; Nachteile sind ungleichmäßiges Setzen der einzelnen Brunnen, schwierigeres Absenken wegen des größern Reibungswiderstandes und schwierige Herstellung der Verbindungsbogen, wofern sie unter Wasser liegen. Große einheitliche Brunnen sind auszuführen in weichen, namentlich ungleichmäßig festen Erdarten, wenn das ausgehende Mauerwerk aus irgend einem Grunde[445] schon unter dem Wasserspiegel vereinigt werden soll, in andern Fällen werden meistens mehrere kleine Brunnen gewählt. Der Brunnenkranz wird auf die bis zum Niedrigwasser ausgehobene Baugrube gebracht und hier der Brunnen aufgemauert und versenkt, oder der Brunnen wird bei Pfeilern im Wasser auf einer vorher angeschütteten Insel aufgemauert und von dieser abgeteuft; oder man stellt Hängegerüste auf, in denen der Brunnenkranz mit vorschreitender Aufmauerung allmählich durch das Wasser bis zur Sohle gesenkt wird. Diese Hängegerüste können entweder auf festen Unterlagen oder auch auf Schiffen ruhen.
Luftdruckgründung (pneumatische Fundierung), 1841 durch den Franzosen Triger erfunden und darauf durch Hughes bei der Brücke über den Medway zu Rochester zuerst angewendet, ist das Verfahren. wobei aus einem unten offenen und oben geschlossenen zylindrischen oder kastenförmigen Körper durch eingepreßte Luft das Wasser verdrängt wird, so daß der Boden im Innern ausgegraben und dadurch der Kasten in den Grund versenkt werden kann. Der hohle Körper, Caisson, auch Senkkasten genannt, obschon man eigentlich unter Senkkasten ein ganz andres Gründungsmittel versteht, wird aus Eisen, Mauerwerk oder Holz hergestellt. Besteht er aus Eisen, so trägt er entweder über seiner Decke das Grundgemäuer, das mit der fortschreitenden Versenkung aufgemauert wird, oder er bildet auch nur, ähnlich den eisernen Brunnen, eine bis über Wasser reichende Hülle, in deren Schutz, nachdem das Senken beendet ist, der eigentliche Grundmauerkörper aufgeführt wird. Der Verkehr zwischen Außenluft und verdichteter Luft im Senkkörper wird durch die Luftschleuse bewirkt. Sie liegt entweder unmittelbar über oder unter der Decke des Senkkörpers, oder sie wird durch eiserne besteigbare Schachtrohre mit dem Senkkörper verbunden. Die Einrichtung ist durch Fig. 13 versinnlicht; der obere Teil stellt einen Querschnitt, der untere einen wagerechten Schnitt durch die Arbeitskammer dar. In dieser durch Druckluft wasserfrei gehaltenen Kammer C befinden sich die Arbeiter, die das Erdreich ausgraben und in die Fördergefäße füllen, worin man es emporwindet, um es über Tag auszuleeren. Nicht angedeutet ist das Gerüst, von dem die Baubestandteile, auch Rohrstücke zum gelegentlichen Verlängern der Schachtrohre hinabgelassen werden, und auf dem auch das zutage geförderte Erdreich weggeführt werden kann. Eine Dampfmaschine dient zum Betriebe der Gebläse, welche die Druckluft erzeugen, der elektrischen Beleuchtungsanlage, der Winden zum Aufholen der Fördergefäße u. dgl. Die Druckluft wird durch eine Röhre in die Arbeitskammer geleitet. Manometer, Sicherheitsventile, Ablaßventile müssen vorhanden sein. Bei dem abgebildeten Beispiel sind drei Schachtrohre angebracht. Die beiden äußern, F, F, dienen zur Förderung, das mittlere S dient zum Aus- und Einschleusen der Arbeiter. L sind die oben aufgesetzten Luftschleusen. Jede Luftschleuse hat an der Decke eine Falltür, die sich von der äußern Luft nach innen öffnet, und am Boden eine Falltür, die sich nach unten in den Schacht öffnet. Außerdem ist ein Auslaßhahn vorhanden, um die Druckluft aus der Luftschleuse ins Freie, und ein Einlaßhahn, um die Druckluft aus dem Schachtrohr in die Luftschleuse austreten lassen zu können. Vor dem Ausschleusen ist, wie in der Abbildung, der Auslaßhahn sowie die obere Falltür oder Klappe zu, die untere offen, die Schleuse mit Druckluft gefüllt. Der Arbeiter steigt aus dem Schacht in die Schleuse, schließt die untere Klappe und den Einlaßhahn, öffnet den Auslaßhahn. Die Druckluft entweicht aus der Schleuse, der Druck in ihr gleicht sich mit dem Drucke der Außenluft aus. Die obere Falltür kann geöffnet werden, während die untere Tür durch den Luftdruck im Schachte fest geschlossen erhalten wird. Beim Einschleusen betritt der Arbeiter durch die offene obere Klappe die Kammer, drückt diese Klappe zu und macht sie fest, schließt den Auslaßhahn und öffnet den Einlaßhahn. Die Schleuse füllt sich aus dem Schachtrohr mit Druckluft, bis der Druck in ihr und im Schachte sich ausgeglichen hat und die untere Falltür geöffnet werden kann, während die obere dicht zugepreßt bleibt. In ähnlicher Weise erfolgt das Ausschleusen des Aushubes aus den Förderzylindern F, F.
Nach beendeter Senkung wird zunächst, in verdichteter Luft, der untere Arbeitsraum mit Beton oder Mauerwerk ausgefüllt, dann nimmt man die Luftschleusen ab, füllt die Schachtrohre mit Beton und setzt im Freien die Ausmauerung fort. In Amerika werden vielfach Senkkörper mit hölzernen Wänden angewendet. Die erste und großartigste Ausführung in dieser Richtung sind die Senkkörper der East River-Brücke bei New York mit 1594, bez. 1632 qm Grundfläche. Die Decke der Arbeitskammer ist 6,7 m dick, die Wände sind auf 1,5 m Tiefe kalfatert; es wurden zur Herstellung derselben 11,000 cbm Holz gebraucht. Während der Ausführung kam die Arbeitskammer siebenmal in Brand, die innere Wand wurde deshalb mit Eisenblech verkleidet.
Bei den ersten Anwendungen der Luftdruckgründung waren die Luftschleusen stets oben angeordnet. In neuerer Zeit wurden die Schleusen auch mehrfach unten angebracht, und zwar sowohl über als unter der Decke der Arbeitskammer. Dies geschah zuerst bei der Mississippibrücke bei St. Louis und bei der East River-Brücke. Die Vorzüge der tiefen Lage bestehen darin, daß 1) beim Verlängern der Schachtrohre der Betrieb nicht unterbrochen wird, 2) die Luftverluste verringert werden und 3) bei großen Tiefen das beschwerliche Aufsteigen der Arbeiter in verdichteter Luft wegfällt. Die zur Verdichtung der Luft in den Arbeitskammern dienenden Luftpressen müssen fortwährend den Luftverlust ersetzen, der durch Undichtigkeiten der Wände, durch Entweichen unter dem Rande der Arbeitskammer, durch künstliche Lüftung behufs Erneuerung der verbrauchten Luft und beim Ein- und Ausschleusen entsteht. Die zugeführte Luft erwärmt sich beim Verdichten und muß daher mit Wasser gekühlt werden. Der Überdruck in der Arbeitskammer läßt sich, mit Rücksicht auf Leben und Gesundheit der Arbeiter, höchstens auf 31/2 Atmosphären bringen. Die Tiefe der Luftdruckgründung kann deshalb kaum über 20 bis 30 m getrieben werden. Die Arbeiter bleiben bei Überdruck bis 1,75 Atmosphäre zweimal 4 Stunden und bei 33,5 Atmosphären nur zweimal 1 Stunde während 24 Stunden in der Arbeitskammer. Wichtig ist, daß das Einschleusen, insbes. aber das Ausschleusen möglichst langsam erfolge, und zwar um so langsamer, je höher der Druck. Rasches Ausschleusen kann schon bei 2 Atmosphären Überdruck lebensgefährlich werden. Man hat daher bei der Gründung der großen Schiffahrtschleusen am Wiener Donaukanal, nach dem zuerst bei der East Riper-Brücke eingeführten Vorgang, eigne Spitalkammern aufgestellt Das sind große, mit Luftschleuse versehene zylindrische Kessel, die ein Bett enthalten, und worin man Arbeiter,[446] die nach dem Ausschleusen von Unwohlsein befallen werden, allmählich wieder dem vollen Luftdruck aussetzt, um den Druck dann ganz langsam, im Verlaufe mehrerer Stunden, bis auf den äußern Atmosphärendruck sinken zu lassen. Diese Einrichtung hat sich als äußerst segensreich erwiesen. Zum Ausschleusen werden bei 1 Atmosphäre 5 Minuten, bei 3,5 Atmosphären 70 Minuten gebraucht, für eingeübte Leute etwas weniger.
Gefriergründung besteht darin, daß durch Einführung von künstlich hergestellter Kälte in schwimmende Bodenschichten das Wasser in Eis verwandelt und die Schicht dadurch steinartig wird. In dem steinartigen Zustande kann der schwimmende Boden durchteuft werden. Als Träger der Kälte dient eine Chlorcalciumlauge, deren Gefrierpunkt bei -40° liegt. Zuerst wurde dieses Verfahren von dem Ingenieur Poetsch angewendet beim Abteufen von Schächten. Man treibt rings um den herzustellenden Schacht Röhren in den Boden. In jeder dieser Gefrierröhren reicht im Innern eine zweite Röhre bis hinab, worin die Lauge, von der Kältemaschine her, zugeführt wird. Die Lauge steigt dann in dem ringförmigen Raume zwischen beiden Rohren empor und bringt den anliegenden Boden zum Gefrieren. Oben wird sie wieder gesammelt und zur Kältemaschine zurückgeleitet, so daß ein fortwährender Kreislauf unterhalten wird. Der Zusammenschluß der Frostmauer erfolgt zuerst am untern Ende der Gefrierrohre, weil hier die Lauge am kältesten ist. Die Härte der gefrornen Masse ist hier ungefähr die des Sandsteins, die Dicke derselben unten bis zu 1,5 m. Die Temperatur im Schacht beträgt -5 bis 6°, steigt aber, wenn einige Arbeiter darin sind, auf -0,5 bis -1,0°. Die Zeitdauer des Zusammenschlusses der einzelnen Frostkegel richtet sich sehr danach, ob das Grundwasser ruhig steht oder fließt; in letzterm Falle kann das Verfahren unausführbar werden. Bei Königswusterhausen brauchte man (mit derselben Maschine) mit 16 Gefrierrohren von zusammen 400 m Länge im schwimmenden Gebirge 50 Tage, in Schlesien (für 42 Rohre mit 210 m Länge) 210 Tage. Ist die Frostmauer vollendet, so beginnt das Abteufen, das meistens in bergmännischer Weise mit einfachen Bretterwänden oder auch mit Brunnen geschieht. Das Absenken von Brunnen hat gegen das Schachtteufen den großen Wert, daß gleichzeitig mit den Erdarbeiten ein Teil des Grundgemäuers fertig gestellt wird. Man spart also an Zeit und das frische Mauerwerk kommt nicht unmittelbar mit dem gefrornen Boden in Berührung. Kann man die gefrorne Umschließungswand nicht bis zu einer wasserdichten Schicht hinunterführen, muß also die Sohle ebenfalls gedichtet werden, so muß man den ganzen Boden in einen geschlossenen Eisblock verwandeln. Diese Anordnung wird aber bei großen und tiefen Gründungen sehr teuer. Die Gefriergründung ist überhaupt höchst langwierig und kostspielig. Im schwimmenden Boden hat man die Gründung in einzelnen Fällen dadurch erleichtert, daß man das Erdreich, worin gebaut werden sollte, trocken legte, indem man nahe an die Baustelle Brunnen abteufte und das Wasser aus dem Boden herauspumpte.
Außer den bis jetzt aufgeführten Gründungsarten seien hier noch genannt: der in den holzreichen Gegenden Rußlands und Amerikas häufig angewendete Steinkistenbau; die Herstellung von Hafenmolen auf Steinschüttung und die Gründung mit künstlichen Blöcken; die Vereinigung von Pfahlrost mit Steinschüttung, die bei Gründung der Hafenmauern in New York ausgeführt ist, und die Versteinerungsgründung. Bei der letzten soll der aus Triebsand bestehende Untergrund mittels einer Vitriollösung, die durch Röhren mit durchlochten Wänden eingeführt wird, in künstlichen Sandstein von 810 m Dicke umgewandelt und als Fundament benutzt werden. Auch dünnen Zementbrei hat man zu gleichem Zweck in den Boden gepreßt. Vgl. Hagen, Handbuch der Wasserbaukunst, Bd. 1; »Handbuch der Ingenieurwissenschaften«, Bd. 1, 3. Abt. (3. Aufl., Leipz. 1900); L. Klasen, Handbuch der Fundierungsmethoden (2. Aufl., das. 1894); L. Brennecke, Der G. (»Handbuch der Baukunde«, 3. Abt., Heft 1, Berl. 1887; Ergänzungen 1895); Schmitt, Fundamente (»Handbuch der Architektur«, 3. Tl., 1. Bd., 3. Aufl., Stuttg. 1902).
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