[577] Haare der Pflanzen (Trichome), alle aus der Epidermis (s. Hautgewebe) der Pflanzen hervorgehenden, mehr oder weniger verlängerten, ein- oder mehrzelligen Auswüchse, die häufig auf der ganzen Oberfläche des Pflanzenteils einen haarartigen Überzug hervorbringen. Haare können an den verschiedensten mit einer Epidermis versehenen Pflanzenteilen auftreten und sind unter den phanerogamen Landpflanzen sehr allgemein verbreitet, während Wasserpflanzen in der Regel nur innere (d. h. in den Intercellularräumen befindliche) oder gar keine Haare besitzen. Das Haar entsteht aus einer einzelnen Epidermiszelle durch papillenartige Ausstülpung ihrer Außenwand und weitere Verlängerung dieser Papille. Einfache [577] Haare, z. B. die dünnwandigen und daher biegsamen Wollhaare, ebenso die Wurzelhaare bilden mit der sie tragenden Epidermiszelle einen kontinuierlichen, nicht durch Scheidewände geteilten Hohlraum. Die an den grünen Teilen vieler Pflanzen vorkommenden Borsten sind meist ebenfalls einfache, mit dicker, oft verkieselter Membran versehene Haare. Bisweilen sind die Haare auch an ihrer Außenseite mit Stacheln besetzt (Fig. 2 b, c), oder sie verzweigen sich unter bestimmten Formen, wie bei den Gabel-, Stern- (Fig. 30) und Spindelhaaren (Fig. 4). Zusammengesetzte oder Gliederhaare, deren Innenraum durch Scheidewände in mehrere Zellen abgeteilt ist (1 a), sind entweder gleichfalls unverzweigt oder in verschiedener Weise verästelt.
Schwillt das Haar kugelig an, so entstehen die köpfchenförmigen Haare, zu denen auch die Drüsenhaare (1b, 1c, 2d; s. Absonderung) gehören, die aus der angeschwollenen Endzelle ein flüssiges Sekret absondern. Bei Chenopodiazeen trennen sich diese großen Zellen leicht ab und stellen an den jungen Teilen den mehlartigen, abwischbaren weißlichen Überzug dar. Wenn in den Zellen eines zusammengesetzten Haares auch Längsteilungen auftreten, so entwickelt sich ein flächenförmig ausgebreitetes Gebilde (Haarschuppe, Hautschuppe), das schildförmig (z. B. bei Elaeagnus) erscheint oder einseitig angeheftet wird, wie bei den Spreublättern der Farne, u. a. Zahlreich zur Bildung haarförmiger Körper zusammentretende Zellauswüchse der Epidermis bezeichnet man als Haarzotten, die sehr verschiedene Gestalten (3 bei a und c) annehmen können und in ihren höchst entwickelten Formen als die aus vielen Zellen zusammengesetzten Stacheln (z. B. der Rosen) auftreten. Da bei der Bildung der Stacheln in der Regel außer der Epidermis auch noch innere Gewebepartien beteiligt sind, so werden sie auch wohl als Emergenzen von den eigentlichen Haarbildungen unterschieden. Bei den Brennhaaren der Brennessel und vieler andrer Pflanzen, z. B. Cajophora (2 a), beteiligt sich das subepidermale Gewebe an der Bildung, indem das Haar selbst von einem zelligen Höcker des Stengels oder Blattes getragen wird. Die Spitze der Brennhaare ist starr und leicht zerbrechlich; beim Abbrechen dieser Spitze wird der brennende Saft aus dem Innern der Zelle auf die berührende Stelle ergossen. Die Haare können den verschiedensten physiologischen Zwecken angepaßt sein. Die an den Wurzeln der Gefäßkryptogamen und der Phanerogamen sowie an den Stengeln der Moose vorkommenden Wurzelhaare dienen zur Aufsaugung der flüssigen Nahrungsstoffe. Die Behaarung der grünen Teile dient ihnen, besonders in der Jugend, zum Schutz vor zu starkem Wasserverlust und zu intensiver Bestrahlung, daher auch viele Wüsten-, Steppen- und Alpenpflanzen durch dichten Haarfilz ausgezeichnet sind. Andre Haare dienen als Hast- oder Klammerorgane, z. B. die Klimmhaare des Hopfens, oder auch als Verbreitungsmittel für Früchte und Samen (s. Aussaat, natürliche). In andern Fällen wird vermittelst der Haare die Oberfläche der Pflanzenteile, z. B. auf oder in Knospen, mit einem schützenden klebrigen Überzug von harz- oder schleimartigen Stoffen versehen. Bei den »insektenfressenden« Pflanzen (s. d.) scheiden gewisse Haare ein verdauendes Sekret aus. Die Borsten auf den Blättern von Dionaea und Aldrovandia dienen als Sinnesorgane zur Aufnahme von Berührungsreizen. Zahlreiche Haarbildungen dienen innerhalb der Blüte als Schutzmittel der Nektarien gegen Regen oder gegen Ausplünderung durch unberufene Gäste. Die Reusenhaare in der Blüte von Aristolochia (s. Blütenbestäubung, S. 91) verhindern durch ihre anatomischen Einrichtungen das Ausschlüpfen der im Blütenkessel gefangenen Insekten. Mitunter treten Haare auch als krankhafte Bildungen auf, verursacht von tierischen Parasiten (s. Filzkrankheit der Blätter).
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