[250] Herzfehler (Vitia cordis), krankhafte Abweichungen vom normalen Bau des Herzens, kommen teils angeboren, teils erworben vor. Diejenigen angebornen H., bei denen das Kind nach der Geburt fortzuleben vermag, stellen sich gewöhnlich als abnorme Öffnungen zwischen beiden Vorhöfen (Offenbleiben des eirunden Loches) oder der beiden Herzkammern (mangelhafte Bildung der Kammerscheidewand), fettener als Verengerung und Verschluß eines normalen Ostiums, eines großen arteriellen Gefäßstammes etc. dar. Sämtliche angeborne H. haben das Gemeinsame, daß bei ihnen im Herzen eine Vermischung des arteriellen und des venösen Blutes eintritt, weil die rechte mit der linken Herzhälfte in offener Verbindung steht. Die wichtigste Erscheinung ist daher bei ihnen die Blausucht (Cyanosis), wozu sich gewöhnlich Dyspnoe, oft Herzklopfen, Zeichen allgemeiner Ernährungsstörung u. dgl. hinzugesellen. Die meisten angebornen H. werden schon in den ersten Lebensjahren tödlich; selten werden sie bis zum 12., 14. Lebensjahr oder noch länger ertragen. Die Kran ken sterben unter den Erscheinungen zunehmender Kohlensäureüberladung des Blutes und allgemeiner Wassersucht. Eine Behandlung dieser Leiden ist unmöglich. Die erworbenen H. sind fast immer eine Folge der Endokarditis (s. Herzentzündung 2). Da bei werden die Klappen durch Schrumpfung, Verdickung, Auslagerung von narbenartigem Gewebe, durch Verwachsung der freien Ränder teilweise nicht mehr schlußfähig, so daß das Blut bei Erschlaffung der austreibenden Herzkammer in diese zurückströmt (Insuffizienz), teilweise werden sie verengert (Stenose); häufig ist gleichzeitig eine Schlußunfähigkeit und eine Verengerung eines Ostiums vorhanden, so daß das Blut nur mit erhöhter Kraft durch das enge Ostium hindurchgetrieben werden kann. Selten entsteht Schlußunfähigkeit von Herzklappen durch plötzliche Zerreißung infolge von Unfällen, von Überanstrengung u. allzu großer Blutdrucksteigerung. In allen Fällen hat der stromaufwärts von der erkrankten Klappe liegende Herzabschnitt vermehrte Arbeit zu leisten, sei es, daß er das Blut durch ein verengertes Ventil durchzupressen hat, oder daß er durch stärkere Füllungen trotz Zurückströmens einer gewissen Blutmenge den gleichen Nutzeffekt zu erzielen sucht. Daher zeigt derselbe bei längerm Bestande der Klappenschädigung meist eine Hypertrophie, d. h. Massen- (und Kraft-) zunahme; kann diese ausgleichende Veränderung nicht eintreten (z. B. wegen Erkrankung des Herzmuskels selbst), so wird derselbe von dem sich stauenden Blut passiv gedehnt (Herzerweiterung, Dilatation), ein unerwünschtes Zeichen von Herzschwäche. Jedoch tritt bei manchen Klappenfehlern auch Hypertrophie und Dilatation (exzentrische Dilatation) als Ausgleichserscheinung auf. Ist die Muskelkraft des Herzens gut, so ist der Ausgleich oft auf viele Jahre hinaus, namentlich bei zweckmäßiger Lebensweise, ein vollkommener; man nennt dies Kompensation. Eine Kompensationsstörung tritt ein, wenn die Hypertrophie aus irgend welchen Gründen ausbleibt, oder wenn allzu starke Anforderungen zu ungünstige Arbeitsbedingungen mit sich bringen, oder wenn in dem Herzmuskel chronische Entzündungs- u. Entartungsvorgänge (s. Herzentzündung) um sich greifen. Es tritt dann zunächst in dem stromaufwärts von dem erlahmenden Herzabschnitt gelegenen Gebiet (z. B. beim Erlahmen der linken Kammer im Lungenkreislauf), dann im ganzen Kreislauf eine Blutstauung ein, dazu gesellen sich Atemnot, Wassersucht, die zunehmende Kreislaufstörung führt dann in kürzerer oder längerer Zeit zum Tode. Die Diagnose, die sich auch auf die Frage, welche Klappen erkrankt sind, zu erstrecken hat, ergibt sich aus der Auskultation der bestehenden Herzgeräusche (s. Herztöne), namentlich aus dem Vorherrschen derselben an bestimmten Stellen des Brustkorbes, ferner aus den Veränderungen, welche die Herzdämpfungsfigur durch Hypertrophie oder Dilatation einzelner Herzabschnitte erleidet. Das Maß der Kompensation ergibt sich aus dem Vorhandensein oder Fehlen von Kreislaufstörungen (z. B. Atemnot, Wassersucht) bei verschiedenartigen Anforderungen. Die Behandlung chronischer Herzklappenfehler besteht in mäßiger Lebensweise (Vermeidung von starken Körperanstrengungen, von Exzessen aller Art, kräftige, leicht verdauliche Nahrung), daneben können Kuren in Terrainkurorten und Gebrauch kohlensaurer Bäder nützlich sein; bei schwereren Kompensationsstörungen ist Digitalis das wertvollste Mittel.