[628] Humann, 1) Jean Georges, franz. Staatsmann, geb. 6. Aug. 1780 in Straßburg von armen Eltern, gest. 25. April 1842 in Paris, trat 1794 als [628] Lehrling in eine Tabakmanufaktur und gründete später ein eignes Geschäft, das bald einen großen Aufschwung nahm. Ihm hauptsächlich verdankt das Elsaß den Rhein-Rhonekanal. Als Anerkennung der uneigenützigen Dienste erwählten ihn seine Mitbürger 1821 zum Mitgliede der Deputiertenkammer, wo er sich der Opposition anschloß. Nach der Julirevolution wurde er im Oktober 1832 Finanzminister und führte zahlreiche Reformen ein, legte aber 1831 sein Amt nieder, als seine Absicht, die Konversion der Staatsrente durchzuführen, durch die Opposition seiner Kollegen vereitelt wurde. 1837 ernannte ihn Ludwig Philipp zum Pair, 1840 übernahm er zum zweitenmal das Finanzministerium. Die Parteiumtriebe in Frankreich, die bedeutenden Kosten für öffentliche Arbeiten, die Lasten des Militärbudgets und der Bau der Eisenbahnen hinderten ihn aber, das Gleichgewicht in den Finanzen herzustellen. Vgl. Spach, H., ministre des finances (Straßb. 1872).
2) Karl, Ingenieur, geb. 4. Jan. 1839 zu Steele im Regbez. Düsseldorf, gest. 12. April 1896 in Smyrna, war 135960 beim Eisenbahnbau tätig, bezog dann die Bauakademie in Berlin, mußte aber 1861 auf ärztlichen Rat seine Studien abbrechen, um im Griechischen Archipel Genesung zu suchen. Er hielt sich zunächst in Chios und Samos, später in Smyrna auf. In Samos stellte er bei dem dortigen Heratempel, einem im Alter um berühmten Heiligtum, auf Veranlassung von Strack in Berlin mit günstigem Eifolg seine ersten Ausgrabungen an. 1862 ei hielt er von dem englischen Gesandten in Konstantinopel, Sir Henry Bulwer, den Auftrag, dessen Palast auf einer Insel des Marmarameeres auszubauen. Als ihm 1864 von der türkischen Regierung der Antrag gemacht wurde, den Bau einer Eisenbahn von Jafa über Jerusalem zum Toten Meer hin zu übernehmen, ging H. nach Palästina, nivellierte das Land und nahm eine Karte davon auf. Nach einem Ausflug nach Ägypten kehrte er nach Konstantinopel zurück und wurde hier von Fuad Pascha mit der Aufgabe betraut, Übergänge über den östlichen Balkan zu suchen, um später Verbindungswege zwischen den nördlich und südlich vom Balkan liegenden Ebenen herzustellen. Die Resultate dieser Untersuchungen legte er in einer detaillierten Karte des ganzen durchforschten Gebiets nieder. Arbeiten ähnlicher Art förderte er auf zahlreichen Reisen, die ihm besonders zur genauern geographischen Erforschung eines großen Teiles von Kleinasien Gelegenheit gaben. Obgleich seine Verdienste um die Ortskenntnis jener Länder von fachmännischer Seite als epochemachend bezeichnet werden, so ist doch Humanns Name erst durch die von ihm veranlaßten und unter seiner Leitung ausgeführten Ausgrabungen in Pergamon (187886) weit hin bekannt geworden (s. Pergamon). Die Universität Greifswald verlieh ihm 1880 die Doktorwürde. 1884 wurde ihm als Leiter der Ausgrabungen in Pergamon der Titel eines Direktors am Berliner Museum mit dem Wohnsitz in Smyrna beigelegt, und 1894 wurde er zum Geheimen Regierungsrat ernannt. Nach vorläufigem Abschluß der Ausgrabungen in Pergamon und noch während dieser beteiligte er sich an den preußischen Expeditionen nach Angora, Nimruddagh und Sendschirli in Nordsyrien, und 189194 führte er die Ausgrabung von Magnesia am Mäander durch (vgl. den Bericht über die Ergebnisse von Kohte und Watzinger, Berl. 1904). Die von Priëne konnte er nur noch vorbereiten. Mit Conze, Bohn u. a. gab er heraus: »Die Ergebnisse der Ausgrabungen zu Pergamon« (Berl. 1880, 1882 und 1888), mit O. Puchstein: »Reisen in Kleinasien und Nordsyrien« (das. 1890, mit Atlas).