Kolonāt

[284] Kolonāt (lat., »Bebauungsrecht«), allgemeine Bezeichnung für die durch Verleihung eines Bauerngutes begründeten Besitz- und Nutzungsrechte. Kolonen (coloni) hießen im spätrömischen Reiche jene halbfreien Gutsangehörigen, die erblich an ein Grundstück gebunden und dem Gutsherrn zu jährlichen Abgaben für die Nutzung des Gutes verpflichtet waren. Dieses Verhältnis hat sich in Gallien, Bayern und Schwaben auch in fränkischer Zeit erhalten. Dem Kolonen verwandt ist bei den Bayern der Parschalk (soviel wie Freiknecht). – In späterer Zeit wurde die Bezeichnung K. (Kolonatrecht) auf die Besitz- und Nutzungsrechte an Bauerngütern überhaupt angewendet, so daß das Wort K. in diesem Sinn alle Arten der bäuerlichen Leihe, insbes. aber die der erblichen Leihe (Erbleihe, Erbpachtrecht, Erbbestandrecht, Erbfestenrecht, Meierrecht, Erbzinsrecht u. a.) umfaßt. Kolone (Kolonist) ist hiernach der Inhaber solcher bäuerlicher Nutzungsrechte. Das Rechtsverhältnis zwischen Gutsherren und Kolonen bestimmte sich bei allen diesen Gütern im einzelnen nach den bei der Verleihung etwa aufgenommenen Urkunden (Leihbrief, Meierbrief) sowie nach den im vorigen Jahrhundert hierüber ergangenen Ordnungen (Meier-, Erbpachtsordnungen), endlich nach örtlichem und partikulärem Gewohnheitsrecht. Die Grundzüge des Rechtsinstituts sind im großen und ganzen überall dieselben: ein sogen. Obereigentum (dominium directum) des Gutsherrn, ein nutzbares Eigentum des Kolonen (dominium utile); der Kolone hatte die auf dem Gute ruhenden Lasten zu tragen; Veräußerungen ohne Zustimmung des Gutsherrn waren nichtig; das Gut haftete nicht ohne weiteres für die Schulden des Kolonen; dieser war zu sorgfältiger Bewirtschaftung des Gutes verpflichtet und konnte im entgegengesetzten Fall »abgemeiert« werden (s. Abmeierung). Gewöhnlich hatte der Kolone beim Antritte der Erbleihe eine Abgabe (Handlohn, Laudemium, Weinkauf, Ehrschatz) an die Gutsherrschaft zu entrichten; zuweilen war auch eine sogen. Baulebung (s. d.) üblich; ebenso war hier die sogen. Interimswirtschaft (s. d.) gebräuchlich. Heute ist an die Stelle der bäuerlichen Nutzungsrechte das volle Eigentumsrecht des Besitzers gesetzt (s. Ablösung). Vgl. auch Erbpacht, Erblehen. Vgl. Koken, Die rechtlichen Grundideen des deutschen Kolonats (Holzminden 1844); Pfeiffer, Das deutsche Meierrecht (Kass. 1848); Busch, Beiträge zum Meierrecht (Hildesh. 1855).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 284.
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