Menschĭkow

[615] Menschĭkow, 1) Alexander Danilowitsch, Fürst, russ. Staatsminister, geb. 16. Nov. 1672 bei Moskau aus niederm Stand, gest. 2. Nov. 1729, war als Knabe Spielgenosse Peters d. Gr. Als Sergeant im Garderegiment Preobraschensk machte er 1696 den Feldzug gegen Asow mit und begleitete dann den Zaren auf seiner Reise nach Holland und England. Im Ausland bildete er sich weiter aus und leitete die Erziehung des Zarewitsch Alexis. Im Nordischen Krieg zeichnete er sich namentlich 1702 vor Schlüsselburg aus, dessen Kommandant er wurde. Bei der Einnahme von Marienburg in Livland 1702 kam er in den Besitz jenes Mädchens, das später als Kaiserin Katharina I. den Urheber ihres Glückes nie vergaß. M. ward vom Kaiser Leopold I. 1702 zum Grafen, 1706 zum deutschen Reichsfürsten und, nachdem er 30. Okt. 1706 die Schweden bei Kalisch geschlagen, von Peter zum russischen Fürsten und Herzog von Ingermanland erhoben. Nach der Schlacht bei Poltawa 1709 zwang er bei Perewolotschna den größten Teil der schwedischen Armee unter Löwenhaupt zur Kapitulation und erhielt dafür die Feldmarschallswürde. 1710 nahm er Riga und eroberte 1713 Stettin. 1714, 1719 und 1723 der ärgsten Bestechungen und Veruntreuungen angeklagt, rettete ihn die Gunst Katharinas. Als 1725 Katharina durch Menschikows Mitwirkung den Thron bestieg, erreichte dessen Macht[615] den höchsten Gipfel. M. veranlaßte die Kaiserin, den jungen Peter II. als Nachfolger einzusetzen, indem er auf eine längere Regentschaft hoffte. Auch verlobte er seine Tochter mit Peter II. Diese Pläne erregten den Neid seiner Feinde, und da Peter überdies des Zwanges überdrüssig war, ward M. 21. Sept. 1727 der Teilnahme am Tode des Prinzen Alexis, der Absicht auf die Krone, vielfacher Bestechungen etc. angeklagt und nebst seiner Familie nach Beresow in Sibirien verwiesen, sein Vermögen verfiel der Krone. Seine Kinder wurden von der Kaiserin Anna aus der Verbannung zurückgerufen. Die Tochter Alexandra vermählte sich mit dem General Grafen Gustav Biron, Bruder des Herzogs von Kurland, und starb 24. Okt. 1736 in Petersburg. Der Sohn, Fürst Alexander Alexandrowitsch, geb. 1713, gest. 8. Dez. 1764, ward Gardeoffizier, erhielt die väterlichen Güter zurück und zeichnete sich in den türkischen und schwedischen Kriegen aus.

2) Alexander Sergejewitsch, Fürst, russ. Staatsmann, Enkel des Fürsten Alexander Alexandrowitsch, geb. 11. Sept. 1787, gest. 2. Mai 1869, trat 1805 in die Armee ein, wurde aber bald Attaché bei der Gesandtschaft in Wien. Die Feldzüge von 1812–15 machte er als Flügeladjutant des Zaren mit, nahm aber 1823 mit Kapo d'Istrias, Stroganow u. a. seine Entlassung, weil Rußland nicht in Griechenland intervenierte. Nach der Thronbesteigung des Kaisers Nikolaus 1825 ward M. nach Persien gesandt, um dem Schah ein Bündnis gegen die Türkei anzubieten; doch scheiterte das Projekt. An dem alsbald ausbrechenden persisch-russischen Krieg nahm M. im Generalstab teil. Im Kriege von 1828 eroberte er Anapa. Vor Warna wurde er schwer verwundet. Nach seiner Wiederherstellung trat er an die Spitze des russischen Seewesens, das er sehr förderte. Seit 1831 Generalgouverneur von Finnland, wurde M. 1834 zum Admiral befördert und 1836 Marineminister, übernahm aber später wieder die Statthalterschaft von Finnland. Im März 1853 ging er als außerordentlicher Botschafter nach Konstantinopel, um das Protektorat über die Christen in der Türkei zu fordern; wenn auch die Geschichte von seinem Antrittsbesuch im Überzieher sich auf ein verzeihliches Mißverständnis reduziert hat, trug doch sein brüskes Auftreten sehr zum Abbruch der Beziehungen bei. Im Krimkriege befehligte er die Streitkräfte zu Lande, lieferte den Alliierten im September 1854 die Schlacht an der Alma sowie 5. Nov. die unglückliche Schlacht bei Inkerman und verteidigte Sebastopol, bis er ernstlich erkrankte und Anfang März 1855 seinen Abschied nahm. Am 20. Dez. 1855 ward er Gouverneur von Kronstadt, im April 1856 aber wieder abberufen. Von seinem beißenden Witz wird eine Unzahl von Anekdoten erzählt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 615-616.
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