Niemann

[672] Niemann, 1) Albert, Opernsänger (Tenor), geb. 15. Jan. 1831 in Erxleben bei Magdeburg, war zuerst Maschinenbauer, ging aber nach kurzer Zeit 1849 in Dessau zur Bühne über, fand 1852 eine Anstellung in Halle, machte darauf noch Studien in Paris und Berlin und wurde 1860 Mitglied der Hofbühne in Hannover. 1861 wählte ihn Wagner bei den Pariser Aufführungen des »Tannhäuser« für die Titelrolle. 1866–88 gehörte er als hervorragender Vertreter des Heldentenorfachs der königlichen Bühne in Berlin an. Zahlreiche Gastspiele (1887 und 1888 auch in Amerika) verschafften N. die allgemeinste Anerkennung, namentlich aber hat er sich durch seine Mitwirkung bei den Bayreuther Festspielen 1876 einen Ehrenplatz in der Künstlerwelt gesichert. 1859 vermählte er sich mit der Schauspielerin Marie Seebach (s. d.), von der er 1868 wieder geschieden wurde; 1871 ging er eine zweite Ehe mit der Schauspielerin Hedwig Raabe (s. d.) ein. N. lebt in Berlin.

2) August, Militär- und Romanschriftsteller, geb. 27. Juni 1839 in Hannover, trat 1856 in die hannoversche Armee ein und nahm 1866 seinen Abschied. 1868–88 war er Mitredakteur des »Genealogischen Hofkalenders« in Gotha; später lebte er in Leipzig, Stuttgart und an andern Orten, gegenwärtig in Niederporitz bei Dresden. Als Militärschriftsteller veröffentlichte er ein »Militär-Handlexikon« (Stuttg. 1878, 2. Ausg. 1881); »Der deutsch-französische Feldzug« (Hildburgh. 1871; auch in »Meyers Volksbüchern«, Leipz. 1896); »Das 6. thüringische Infanterieregiment Nr. 95 im Feldzug gegen Frankreich« (Gotha 1875). Seit 1879 trat er als Romanschriftsteller hervor mit den Romanen: »Katharina« (2. Aufl., Stuttg. 1884), »Eine Emanzipierte« (das. 1880), »Bakchen und Thyrsosträger« (Leipz. 1882, 2 Bde.), »Die Grafen von Altenschwerdt« (das. 1883, 3 Bde.), »Eulen und Krebse« (Gotha 1888), »Des rechten Auges Ärgernis« (Stuttg. 1889), »Amors Bekenntnisse« (Dresd. 1889), »Bei Hofe« (das. 1889), »Der arme Dichter« (Stuttg. 1890), »Der Günstling des Fürsten« (Berl. 1891), »Voll Dampf voraus« (Stuttg. 1892), »Hochgebirge und Ozean« (Dresd. 1893), »Maskenspiel des Lebens« (das. 1894), »Der Junggesell« (Berl. 1894), »Der Agitator« (Dresd. 1895, 2 Bde.), »Die Erbinnen« (das. 1896, 2 Bde.), »Das goldene Haus« (Berl. 1898), »Nur ein Weib« (Dresd. 1898), »Gerechtigkeit«, Roman aus dem Burenkrieg (Berl. 1900), »Gwendolin« (Stuttg. 1904), »Hans Jakob, Graf von Garsebach, der Garde-Panzerreiter«, humoristischer Roman (Braunschw. 1904), »Der Weltkrieg. Deutsche Träume« (Berl. 1904) u.a., in denen ernste Weltanschauung und Lebenskenntnis mit lebendiger Schilderungsgabe zusammenwirkten. Außerdem schrieb er das philosophische Werk »Die Erziehung des Menschengeschlechts« (Dresd. 1889),[672] »Manas, Gedanken über das Seelenleben unsrer Zeit« (Berl. 1893) und mehrere Jugendschriften (»Pieter Maritz, der Bauernsohn von Transvaal«, 7. Aufl., Bielef. 1903; »Das Flibustierbuch«; »Das Geheimnis der Mumie«).

3) George, Architekt, Bruder des vorigen, geb. 12. Juli 1841 in Hannover, seit 1872 Professor der Architektur an der Akademie der bildenden Künste in Wien, nahm 1873 im Auftrag der Regierung mit A. Conze und Hauser an der österreichischen Expedition nach Samothrake teil (vgl. »Archäologische Untersuchungen auf Samothrake«, Wien 1875) und unternahm 1881 und 1882 mit O. Benndorf Reisen in Kleinasien, deren wissenschaftliche Ergebnisse unter seiner Mitwirkung erschienen (»Reisen in Lykien und Karien«, das. 1884; »Das Heroon von Gjölbaschi-Trysa«, das. 1889). Über seine im Auftrag des Grafen Lanckoronski 1884 und 1885 mit dem Archäologen Petersen ausgeführten weitern Forschungsreisen in Kleinasien berichtet das Werk »Städte Pamphyliens und Pisidiens« (Wien 1890–92). Er veröffentlichte außerdem: »Handbuch der Linearperspektive« (Stuttg. 1884), »Palastbauten des Barockstils in Wien« (Wien 1883) und »Theophilos Hansen und seine Werke« (mit Feldegg, das. 1893).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 672-673.
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