[259] Ottŏkar, Könige von Böhmen: 1) O. I. Přemysl (11971230), Sohn Wladislaws II. und dessen zweiter Gemahlin, Judith von Thüringen, trat zuerst 1185 hervor, indem er statt seines Stiefbruders, des böhmischen Herzogs Friedrich, den mährischen Markgrafen Konrad Otto überfiel und die blutige Schlacht bei Lodenitz schlug. 1192 erhielt er von Kaiser Heinrich VI. die Belehnung mit Böhmen, wurde aber, da er sich der deutschen Fürstenverbindung gegen den Kaiser anschloß, 1193 wieder abgesetzt und mußte seinem Vetter und frühern Helfer Heinrich Břetislaw, Bischof von Prag, weichen. Nach dessen Tode zwang er aber seinen eignen, 22. Juni 1197 auf den Herzogsstuhl erhobenen Bruder Wladislaw Heinrich zum Ausgleich (6. Dez.), überließ diesem das Markgrafentum Mähren und behielt selbst Böhmen. Philipp von Schwaben verlieh ihm 1198 die Königswürde und fast vollständige Landeshoheit. 1203 ward er zwar von Philipp abgesetzt, weil er parteiflüchtig wurde und seine Gemahlin Adela von Meißen verstieß, erlangte aber dafür Anerkennung seiner Herrschaft durch Innozenz IV. und Otto von Braunschweig; 1204 versöhnte er sich wieder mit Philipp. Mit Otto IV., den er anfangs anerkannt, entzweite er sich und schloß sich 1212 Friedrich II. an. Er starb nach unruhiger, wechselvoller Regierung 1230.
2) O. II. Přemysl (125378), Sohn des Königs Wenzel I. und dessen Gemahlin Kunigunde, Tochter Philipps von Schwaben, geb. um 1230, ward schon bei Lebzeiten seines Vaters auf Veranlassung des Kaisers Friedrich II., dessen Partei jener 1247 verlassen, 1248 von einigen böhmischen Großen zum König gewählt, aber von Wenzel 1249 wieder unterworfen. Nach dem mit Friedrichs des Streitbaren Tod (1246) erfolgten Erlöschen der Babenberger von den österreichischen Ständen 1251 zum Herzog gewählt, setzte er sich mit Hilfe der päpstlichen Partei in den Besitz der österreichischen Lande und vermählte sich zu größerer Befestigung seiner Herrschaft 1252 mit der bedeutend ältern Margarete, Schwester des letzten Babenbergers. Nach seines Vaters Tode (1253) kam er auch in den Besitz von Böhmen und Mähren. 1254 unternahm er in Gemeinschaft mit den Deutschen Rittern und dem Markgrafen Otto von Brandenburg einen erfolgreichen Kreuzzug gegen die heidnischen Preußen und legte 1255 am Pregel den Grund zur Stadt Königsberg. 126768 zog er zum zweitenmal nach Preußen. Die Ungarn, die Steiermark hart bedrängten, schlug er 12. Juli 1260 bei Kroissenbrunn auf dem Marchfeld und erwarb im Wiener Frieden (31. März 1261) Steiermark. Da seine erste Ehe kinderlos blieb, trennte er dieselbe 1261 und vermählte sich mit Kunigunde, Bélas IV. von Ungarn Enkelin. Am 9. Aug. 1262 wurde O. von dem zum römischen Kaiser gewählten Richard von Cornwallis mit Österreich und Steiermark förmlich belehnt. Einen neuen Zuwachs von Land erhielt O. 1269 durch den Tod des Herzogs Ulrich von Kärnten und Krain, der ihn zu seinem Erben und Nachfolger eingesetzt hatte. Gegen die Ungarn mußte er noch mehrmals zu Felde ziehen, erlangte aber von denselben 1273 die Abtretung mehrerer Grenzbezirke. Als 1273 die Kurfürsten zu einer neuen Königswahl schritten und O. vom Wahlrecht ausschlossen, erhob er Widerspruch gegen die Wahl Rudolfs von Habsburg und wollte denselben nur gegen Zusicherung seines gesamten Länderbesitzes anerkennen. Rudolf lud O. zweimal vergeblich nach Nürnberg und Würzburg zur Huldigung vor, erklärte ihn 1275 in Augsburg der österreichischen Lande als heimgefallener Reichslehen verlustig und 24. Juni 1276 in die Reichsacht. Zugleich unternahm er einen Heereszug gegen ihn, eroberte Klosterneuburg und belagerte Wien, während Graf Meinhard von Tirol Kärnten und Steiermark unterwarf und König Wladislaw von Ungarn mit einem Heer nahte. Von so vielen Seiten bedroht, sah sich O. 21. Nov. 1276 zu einem nachteiligen Frieden genötigt, durch den er die österreichischen Lande verlor und nur mit Böhmen und Mähren von Rudolf neu belehnt wurde. 1278 fiel er von neuem in Österreich ein, verlor aber 26. Aug. bei Dürnkrut nächst dem Marchfeld gegen den mit den Ungarn verbündeten Kaiser nach tapferm Kampf Sieg und Leben. Um Böhmens innere Verhältnisse hatte er sich wichtige Verdienste durch Schaffung eines freien Bürgerstandes, Organisation der Gerichte, Begünstigung der deutschen Kolonisationen und Städtegründungen sowie der deutschen Literatur, Hebung von Industrie und Verkehr erworben. Der Schicksale Ottokars und seines tragischen Ausgangs hat sich die Sage vielfach bemächtigt; auch haben sie den Stoff geliefert zu Grillparzers Trauerspiel »König Ottokars Glück und Ende«. Vgl. Lorenz, Geschichte König Ottokars II. (Wien 1866); A. Huber, Geschichte Österreichs, Bd. 1 (Gotha 1885).