Roß [4]

[158] Roß, 1) Sir John, brit. Seefahrer, geb. 24. Juni 1777 in Wigtownshire (Schottland), gest. 30. Aug. 1856 in London, trat 1786 in die Marine, zeichnete sich im Kriege gegen Frankreich aus und schwang sich bis zum Kommandeur auf. 1818 wurde er zur Auffindung einer nordwestlichen Durchfahrt nach der Bassinstraße gesandt, drang auch in den Lancastersund ein, kehrte aber vorzeitig um, da er ihn geschlossen wähnte. Ergebnisreicher war eine neue Expedition 1829–33 mit dem Dampfer Victory, die zur Aufnahme der Küsten von Boothia Felix und King William-Land und (durch seinen Neffen James Roß, s. unten) zur Auffindung des magnetischen Nordpols führte. Doch mußte nach zweimaliger Überwinterung im Boothiagolf das Schiff aufgegeben und in Booten der Rückweg zum Lancastersund angetreten werden, wo nach nochmaliger Überwinterung im Prinz Regent-Inlet die Mannschaft von einem Hilfsschiff aufgenommen wurde. 1850–51 beteiligte sich R. an der Franklinsuche durch eine Fahrt nach dem Wellingtonkanal. Nach seiner Rückkehr wurde er Konteradmiral. Er veröffentlichte: »Voyage of discovery for the purpose of exploring Baffin's Bay« (Lond. 1819; deutsch, Leipz. 1820); »Narrative of a second voyage in search of a North-West Passage« (Lond. 1834; deutsch, Berl. 1835–36, 3 Bde.); »A treatise on navigation by steam« (2. Aufl., Lond. 1837) und »Rear-Admiral Sir John Franklin« (das. 1855).

2) Sir James Clarke, brit. Seefahrer, Neffe des vorigen, geb. 15. April 1800 in Balsorroch (Irland), gest. 3. April 1862 in Ailesbury, trat 1812 in die Marine, begleitete 1819–27 Parry auf vier Polarexpeditionen, war 1829–33 zweiter Befehlshaber unter seinem Oheim auf der Polarreise, wobei er den magnetischen Nordpol entdeckte, und leitete 1839–42 eine von der Regierung ausgerüstete Südpolarexpedition, die vorzüglich Beobachtungen über den Erdmagnetismus anstellen sollte. Mit den Schiffen Erebus und Terror gelangte er in drei Vorstößen 1841 und 1842 an die Küsten des antarktischen Viktorialandes und bis 78°4´ südl. Br., wo ihn ein 50 m hoher Eiswall noch 255 km vom magnetischen Südpol entfernt hielt. An der Aufsuchung Franklins beteiligte sich R. 1848–49 durch eine Fahrt nach der Barrowstraße und dem Wellington-Kanal. Er veröffentlichte: »Voyage of discovery and research in the Southern and Antarctic Seas« (Lond. 1846, 2 Bde.; deutsch, Leipz. 1847) und »Narrative of the proceedings in command of the expedition through Lancaster Sound and Barrow Strait« in den »Parliament Papers« (Bd. 35, 1850). Nach ihm benannt sind die Roß- Straße zwischen Boothia Felix- und King William-Land und die Roß-See, östlich vom antarktischen Viktorialand. Vgl. auch die Karten »Nordpolarländer« und »Südpolarländer«.

3) Ludwig, Altertumsforscher, geb. 22. Juli 1806 auf dem Bauerngut Altekoppel bei Bornhöved in Holstein, gest. 6. Aug. 1859 in Halle durch Selbstmord, studierte in Kiel und Leipzig Philologie, unternahm 1832 eine Reise nach Griechenland, erhielt 1833 das Amt eines Konservators der Antiquitäten im Peloponnes und wurde 1837 ordentlicher Professor der Archäologie an der neuerrichteten Otto-Universität in Athen. 1844 ging er in gleicher Eigenschaft nach Halle. Seine Hauptwerke sind: die »Inscriptiones graecae ineditae« (Heft 1, Nauplia 1834; Heft 2, Athen 1842; Heft 3, Berl. 1845); »Die Akropolis von Athen« (Abteil. 1: »Der Tempel der Nike Apteros«, mit Schaubert und Hansen, Berl. 1839); »Reisen auf den[158] griechischen Inseln des Agäischen Meers« (Stuttg. u. Halle 1840–52, 4 Bde.); »Griechische Königsreifen« (Halle 1848, 2 Bde.); »Die Demen von Attika nach Inschriften« (das. 1846); »Das Theseion und der Tempel des Ares in Athen« (das. 1852); »Hellenika, oder Archiv archäologischer, philologischer, historischer und epigraphischer Aufsätze und Abhandlungen« (das. 1846, 2 Bde.); »Archäologische Aufsätze« (Leipz. 1855–61, 2 Bde.). Vgl. O. Jahn, Biographische Aufsätze (2. Aufl., Leipz. 1867); Robert, Zum Gedächtnis von L. R. (Berl. 1906).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 158-159.
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