Tolēdo [2]

[594] Tolēdo, 1) Hauptstadt der gleichnamigen span. Provinz (s. oben), 529 m ü. M., malerisch auf einem vom Tajo auf drei Seiten umflossenen, schroff abfallenden Granitberg, an der Eisenbahnlinie Madrid-Castillejo-T. gelegen, ist von hohen Zinnenmauern umgeben, hat zwei hochgespannte Brücken (San Martin und Alcantara) mit Eingangstoren und enthält im Innern enge, winklige, steil ansteigende Gassen. Das ansehnlichste Gebäude ist die 1227 an der Stelle einer Moschee erbaute gotische Kathedrale, 120 m lang, 59 m breit, im Mittelschiff 30,5 m hoch, mit einem über 100 m hohen Turm (der zweite Turm unvollendet und als Kuppel ausgebaut), fünf durch 84 Pfeiler getrennten Schiffen, 40 Steinkapellen, prachtvollen Grabmälern und zahlreichen Kunstschätzen. Die Bibliothek des Domkapitels besitzt viele seltene Handschriften. Bemerkenswert sind weiter: die ehemalige Klosterkirche San Juan de los Reyes (von 1476 bis ins 17. Jahrh.) mit herrlichem Kreuzgang, die Kirche Santa Maria la Blanca (ehemals Synagoge) und die sogen. Sinagoga del Transito (gleichfalls im 15. Jahrh. in eine Kirche, San Benito, umgewandelt), der am höchsten Punkt der Stadt gelegene Alkazar aus dem 13. Jahrh. (1887 durch Brand beschädigt), der ehemalige Inquisitionspalast (jetzt Regierungsgebäude), das Stadthaus (im Renaissancestil) mit zwei Türmen, das Stadttor Puerta del Sol (von 1100) in arabischer Bauart etc. T. hat (1900) 23,317 Einw., während es im Mittelalter deren 200,000 gezählt haben soll. Nahe am Tajo liegt die königliche Waffenfabrik, in der ausgezeichnete Degenklingen (Toledoklingen), Säbel, Bajonette, Messer etc. verfertigt werden. Außerdem liefert T. Seiden-, Gold- und Silberstoffe (Kirchenparamente) und berühmten Marzipan. Die Stadt ist Sitz des Gouverneurs und eines Erzbischofs, der den Titel »Primas von Spanien« führt; sie hat ein Instituto, ein Seminar, ein Militärkollegium, eine Kunstakademie, eine Kunstgewerbeschule, eine Provinzialbibliothek (70,000 Bände), ein Provinzialmuseum, ein Irrenhaus und mehrere Spitäler (Santa Cruz u. a.). Die 1498 gestiftete Universität ist 1845 eingegangen. – T. hieß zur Römerzeit Toletum, war ein befestigter Ort der Karpetaner im tarrakonensischen Spanien, wurde später römische Kolonie, war schon frühzeitig durch seine Stahlwarenfabrikation berühmt und zu der Zeit Cäsars ein starker Waffenplatz. Unter den Westgoten war es eine Zeitlang (576–711) Residenz der Könige sowie Vereinigungsort zahlreicher Konzile und Reichsversammlungen und wurde bedeutend vergrößert. Unter der Herrschaft der Mauren (seit 714) bildete es längere Zeit ein eignes Reich. 1085 eroberte Alfons VI von Kastilien die Stadt und machte sie zu seiner Residenz. In der Folge war T. Sitz des Primas von Spanien. Vgl. Gamero, Historia de la ciudad de T. (Toledo 1863); Calvert, An historical and descriptive account of the, City of Generations' (Lond. 1907). – 2) Hauptstadt der Grafschaft Lucas des nordamerikan. Staates Ohio, am Maumee, 7 km oberhalb dessen Mündung in die Maumeebai des Eriesees, am Miami-Eriekanal, Knotenpunkt von elf Bahnen, hat mehrere Parke, darunter den von dem Deutschen Peter Lenk gestifteten City Park, schöne Kirchen und Schulen, öffentliche Bibliothek (50,000 Bände),[594] Kriegerdenkmal, Irrenhaus des Staates, drei Waisenhäuser, Zuchthaus und (1906) 159,980 Einw., worunter 12,373 in Deutschland Geborne. Die Industrie förderte 1905 mit 15,759 Arbeitern für 44,823,004 Doll. Waren, vor allem Maschinen, Eisenwaren, Wagen, Fahrräder, Mehl, Bretter und Bier. Der Handel vertreibt große Mengen von Getreide, Holz, Kohle, Eisenerz. In dem 6 m tiefen Hafen liefen 1904: 1567 Schiffe mit 1,1 Mill. Reg.-Ton. ein.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 594-595.
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