[729] Wolfram (Scheelium, Scheel, Katzenzinn) W, Metall, findet sich nicht gediegen, mit Sauerstoff verbunden als Wolframsäureanhydrid (Wolframocker), ferner als wolframsaurer Kalk (Scheelit, Tungstein), als wolframsaures Blei (Wolframbleierz, Stolzit) und besonders als wolframsaures Eisen- und Manganoxydul (Wolfram) auch in einigen andern Mineralien, in manchem Stahl und in Produkten des Zinnhüttenprozesses, wie denn überhaupt die Wolframerze meist in Begleitung von Zinnerzen auftreten. Das Metall kann direkt aus dem Mineral W. durch starkes Erhitzen mit Kohle und Digerieren der grauen porösen Masse mit verdünnter Salzsäure unter Luftabschluß erhalten werden. Vorteilhaft mischt man Wolframtrioxyd mit Aluminiumgries und flüssiger Luft und entzündet das Gemisch. W. gleicht hochpoliertem Platin, nimmt vom Messer Eindrücke an, zerspringt aber bei stärkerm Druck, es schmilzt bei 2800°. Atomgewicht 184,0, spez. Gew. 19,129, es ist an der Luft unveränderlich, läuft beim Erhitzen blau an, verbrennt, sein verteilt, bei Rotglut zu Wolframtrioxyd, gibt mit Salpetersäure Wolframsäure und verbindet sich mit Chlor nur beim Erhitzen. W. ist vierwertig, mit Sauerstoff bildet es Dioxyd WO2, blaues Oxyd W2O5 und Trioxyd (Wolframsäureanhydrid) WO3. Man stellt W. und Legierungen desselben mit Eisen und Mangan im großen dar, um sie in der Stahlfabrikation zu benutzen. Wolframeisen erhält man aus geröstetem und mit Salzsäure behandeltem (von Schwefel und Arsen befreitem) Wolframit durch Glühen mit Kohle im verschlossenen Tiegel als gesinterte, bei Zuschlag von Eisen als geschmolzene Masse. Auch kann es durch Schmelzen von Roheisen mit gereinigtem Wolframit im Kupolofen hergestellt werden. Wolframstahl (Spezialstahl) mit höchstens 8 Proz. W. und 1,5 Proz. Kohlenstoff besitzt die Härte eines hochgekohlten Kohlenstoffstahls ohne dessen Sprödigkeit und bleibt schmied- u. schweißbar. Wolframreicher Stahl kommt naturhart zur Verwendung, wo es auf außerordentliche Härte ankommt. Rapidstahl mit 9 Proz. W. und 3 Proz. Chrom arbeitet noch bei beginnender Rotglut. Wolframstahl halt den Magnetismus länger als gewöhnlicher Stahl und wird daher zu Magnetstäben benutzt. Vgl. auch Minargent. Wegen seines hohen spezifischen Gewichts wurde W. auch zu Geschossen empfohlen. Wolframdioxyd WO2 ist ein braunes Pulver, nur in Königswasser löslich, gibt beim Erhitzen Wolframsäureanhydrid (Wolframtrioxyd) WO3. Dies findet sich als Wolframocker, entsteht beim Erhitzen von W. an der Luft und wird aus Wolframsäuresalzen beim Kochen der Lösung derselben mit Säuren abgeschieden.[729] Es ist zitronengelb, kristallinisch, wird bei jedesmaligem Erhitzen dunkler, löst sich nicht in Wasser, wenig in konzentrierter Salzsäure und Flußsäure, schmilzt schwer, sublimiert bei Weißglut und wurde unter dem Namen Wolframgelb (Mineralgelb) als Malerfarbe empfohlen. Es löst sich in Alkalien unter Bildung von Wolframsäuresalzen (Wolframiaten), aus deren Lösung kalte Schwefelsäure farblose, wasserhaltige Wolframsäure (Scheelsäure, Tungsteinsäure) H4WO5 oder WO(OH)4 fällt, die in Wasser etwas löslich ist, bittersüß schmeckt und sauer reagiert. Sie verliert leicht 1 Molekül Wasser, ist dann WO2(OH)2 und bildet bei 100° Diwolframsäure H2W2O7. Metawolframsäure bildet gelbe Oktaeder, ihre Lösung gerinnt beim Kochen wie Eiweiß und scheidet weiße, dann gelbe Säure ab. Kolloidale Wolframsäure entsteht bei Dialyse einer 5 proz. Lösung von wolframsaurem Natron und Salzsäure. Sie wird durch Säuren nicht ausgeschieden und liefert beim Verdampfen eine glasartige Masse. Von den Salzen sind nur die der Alkalimetalle in Wasser löslich. Viele Salze leiten sich von Polywolframsäuren ab. Als Ausgangspunkt für die Darstellung der Wolframpräparate dient das wolframsaure Natron, das man durch Schmelzen von feingepulvertem Wolframit mit kohlensaurem Natron im Tiegel oder Flammofen erhält. Die Schmelze wird mit Wasser ausgezogen, die Lauge mit Salzsäure nahezu neutralisiert und zur Kristallisation gebracht. Wolframsaures Natron Na2WO4 bildet farblose Kristalle mit 2 Molekülen Kristallwasser, ist hygroskopisch, leicht löslich in Wasser, schmeckt bitterlich herb, reagiert alkalisch, wird durch Wasser nicht zersetzt und schmilzt bei Rotglut. Mit einer Lösung des Salzes getränkte Gewebe lassen sich nicht entzünden, sondern verkohlen nur in Berührung mit einer Flamme. Das Salz dient daher als Flammenschutzmittel für Kleider, Dekorationen und Holz, ist auch als Ersatz der Zinnpräparate in der Färberei und zum Vergolden empfohlen worden und gibt mit Kampescheholz eine gute schwarze Tinte. Wolframsaurer Baryt BaW4O13+9H2O wird aus einem löslichen Barytsalz durch wolframsaures Natron gefällt, ist blendend weiß und als Surrogat des Bleiweißes empfohlen worden, da es ebensogut deckt, nicht nachdunkelt, auch durch Schwefelwasserstoff nicht verändert wird. Wolframsaurer Kalk dient zur Herstellung fluoreszierender Schirme für Röntgenstrahlen. Als Wolframweiß wurde auch das wolframsaure Zink empfohlen, das aus einer Lösung von Chlorzink und Chlornatrium durch wolframsaures Natron gefällt wird und besser deckt als Zinkweiß. Wolframsaures Chromoxyd wird aus Chromchloridlösung durch wolframsaures Natron gefällt, ist grün und kann wie auch das wolframsaure Kupferoxyd zur Darstellung von Anilinschwarz benutzt werden. Andre Wolframsäuresalze wurden als Malerfarben empfohlen. Schmelzt man wolframsaures Natron mit Wolframsäureanhydrid und glüht das Gemenge in Wasserstoff oder Leuchtgas, so entsteht wolframsaures Wolframoxydnatron Na2W3O9, ein metallglänzendes, goldgelbes kristallinisches Pulver, das bei Ausschluß der Luft Glühhitze erträgt, durch Säuren und Alkalien nicht angegriffen, in hoher Temperatur aber durch Chlor und Sauerstoff zersetzt wird. Es ist als Safranbronze (Wolframbronze, Wolframgoldbronze) in den Handel gekommen, das entsprechende violette, im Sonnenlicht kupferglänzende Kalisalz K2W3O9 als Magentabronze und eine Mischung des letztern mit blauem Wolframoxyd als Wolframviolett. Bei Behandlung von wolframsaurem Natron mit Phosphorsäure entstehen die Natronsalze zweier Phosphorwolframsäuren, die als sehr empfindliche Reagentien auf Alkaloide benutzt werden. Erhitzt man Wolframsäure sehr mäßig in Wasserstoff, oder behandelt man sie mit Salzsäure und Zink, oder erhitzt man wolframsaures Ammoniak bei Luftabschluß, so entsteht blaues Wolframoxyd W2O5, ein intensiv blaues, in Wasser unlösliches Pulver, das an feuchter Luft in Wolframsäure übergeht. Man benutzt es als Mineralblau (Wolframblau, blauer Karmin), mit Wolframsäure gemischt als grüne und mit Magentabronze gemischt als violette Farben. Wolframsäure wurde 1781 von Scheele im Tungstein entdeckt, 1784 erhielten die Gebrüder d'Elhujar dieselbe Säure aus dem Wolframit und stellten auch das Metall daraus dar. Die Wolframindustrie datiert seit den Bemühungen von Oxland (1848), wolframsaures Natron im großen darzustellen.