[478] Beduinen (arab. Bedāwi, d.i. Bewohner des stachen Landes od. der Wüste) werden gegenüber den Landbauern u. Städtebewohnern diejenigen Araber genannt, die ein nomadisirendes Leben führen. Von ihrer Urheimath, dem Inneren der Arabischen Halbinsel aus, verbreiteten sie sich schon frühzeitig über die Syrische u. Ägyptische Wüste, später, nach Untergang der alten Culturstaaten in Syrien, Mesopotamien u. Chaldäa, zuletzt mit bei Eroberung NAfrikas im 7. Jahrh. n.Chr., nicht, blos über die nördlichen Küstenländer, sondern auch über Nubien, die Sahara u. einen großen Theil des Sudan; das nördliche Afrika ist ihnen zur zweiten Urheimath geworden. Nur in einigen anbaufähigen Gebieten Mesopotamiens, Syriens u. der Berberei treiben die B. Ackerbau u. haben feste Wohnsitze; der bei Weitem größte Theil führt, durch die Natur seiner Ländergebiete gezwungen, ein herumschweifendes Leben u. nährt sich von dem Ertrage der Viehzucht, der Jagd u. des Raubes Physisch u. moralisch bekunden die B. ihren semitischen Ursprung, modificirt durch ihre Lebensweise. Der Beduine ist im Ganzen wohlgebaut, sehrmager, mehr sehnig als muskulös, dabei aber kräftig, behend, abgehärtet u. ausdauernd. Ihre Farbe ist braun in verschiedenen Stufen, ihre Sinne sehr scharf, der Blick feurig u. schlau, der Gesichtsausdruck stolz u. unbefangen, die Haltung frei u. imponirend. Von Charakter ist der Beduine geldgierig, raublustig, treulos, sowie wollüstig u. rachsüchtig bis zur unbändigen Leidenschaft, dabei jedoch nüchtern, furchtlos, kriegerisch, ruhmliebend, gastfreundschaftlich, in manchen Verhältnissen selbst ritterlich. Ihren Reichthum bildet ihr Viehstand an Kameelen u. Pferden, die sie zärtlich lieben, dann an Eseln, Schafen u. Ziegen, aus dem Pflanzenreiche vor Allem die Dattelpalme. Ihr politisch-socialer Zustand ist der eines patriarchalischen Stammlebens. Den Mittelpunkt eines jeden Stammes bildet eine od. einige Familien, deren männliche Glieder den Namen Sheikh (dialektisch auch Shêkh) führen; aus ihnen werden die Häuptlinge des ganzen Stammes, die Kaïds od. auch Emirs, sowie die Vorsteher der Duars od. Dörfer gewählt. Letztere sind bewegliche Lager u. bestehen aus einem unregelmäßigen Zirkel von Zelten, die aus Decken von Ziegen- u. Kameelhaaren bestehen, welche über 3 od. 56 Fuß hohe Stangen ausgespannt sind. Jedes Zelt wird von einer Familie bewohnt u. durch einen Vorhang in 2 Theile getheilt, deren einer nur für die Weiber ist. In den leeren Raum, den der Zirkel dieser Zelte einschließt, werden des Nachts die Heerden getrieben. Hunde sind die einzigen Wachen. Die Pferde bleiben gesattelt, man ist jeden Augenblick zum Aufbruche bereit, u. doch werden die B. oft von anderen Horden überrumpelt u. ihnen ihr Vieh geraubt. Der Religion nach sind jetzt alle B., mit Ausnahme einiger Stämme in Syrien, die besondere Secten bilden, Mohammedaner. Die Stelle der Priester vertreten die Marabuts (s.d.). Die meist unverschleierten Frauen bewegen sich freier als bei den seßhaften Orientalen. Die B. sind treffliche Reiter, sind sehr geschickt als Jäger u. im Ballspiel; sonstige Vergnügungen sind Tanz, Gesang u. Mährchenerzählung, sowie süßes Nichtsthun bei Tabak u. Kaffee. Ihre hauptsächlichsten Kleidungsstücke sind der Hailh, ein weites Unterkleid, u. der übergeworfene Burnus, beide aus selbst gewebten Wollenstoffen; auf den Bart wird sorgfältige Pflege verwendet. Über die Fertigung der unentbehrlichsten Geräthschaften u. Stoffe geht die Industrie des B. nicht hinaus; für die Erzeugnisse seiner Heerden erhandelt er Waffen, Getreide u. Schießbedarf. Ihre geistige Bildung ist gering, doch sind sie von natürlichem Verstand, lebhaftem Geist u. feueriger Phantasie, wie u. A. ihre Mährchen u. Poesien bekunden. Die B. halten sich für das vornehmste Volk u. verachten die Araber, welche in Städten wohnen. Diejenigen Stämme, welche, wie in Syrien, dem Peträischen Arabien u. in Algier, mit Europäern in nähere Berührung gekommen sind, haben sich den Einflüssen derselben nicht entziehen können u. ihre Lebensweise in manchen Stücken modificiren müssen. Die besten Aufschlüsse über das Leben u. Treiben der B. haben bes. Niebuhr, Burckhardt, Wallin, Burton, für Afrika in neuester Zeit bes. Barth gegeben.