Primas

[592] Primas (lat.), 1) der Erste, Vornehmste; 2) in einer Kirche der Geistliche, welchem der Primat in derselben zukommt, so ist der Papst P. der ganzen Katholischen Kirche; 3) Titel des ersten Bischofs eines Landes, welchem die Consecration der Erzbischöfe u. Bischöfe, die Berufung der Nationalconcilien, die Annahme von Appellationen, die Krönung der Könige zustanden. So nannte sich der Erzbischof von Lyon P. von Gallien, der zu Bourges P. von Aquitanien, der von Rheims P. von der Normandie, der von Rouen P. von Belgien; P. von Spanien war Anfangs der Erzbischof von Sevilla, später der von Toledo; in England gab es zwei Primates, der Erzbischof von Canterbury war P. von ganz England mit Wales, der von York P. von England; P. von Ungarn war der Erzbischof von Gran;[592] P. von Polen war seit dem Kostnitzer Concil der Erzbischof von Gnesen; der Erzbischof von Lund war P. von Skandinavien; der von Mainz, Salzburg u. Magdeburg P. von Deutschland. Diese Würde besteht jetzt nur noch dem Titel nach; 4) Fürst P., der ehemalige Kurerzkanzler u. Erzbischof von Regensburg, Karl von Dalberg, nach Errichtung des Rheinbundes (1806), als welcher er den Sitzungen des Rheinbundes präsidirte u. Ausschreiben des Protectors erließ. Sein Gebiet bestand aus dem Fürstenthume (nebst der Stadt) Regensburg, dem Fürstenthume Aschaffenburg, so wie später dem Fürstenthume Frankfurt a. M., der Grafschaft Wetzlar u. der Hoheit über die Grafschaften Werthheim u. Rineck, 421/2 QM., 202,400 Ew. Der Cardinal Fesch war von Napoleon dem Fürsten Dalberg als Coadjutor u. Nachfolger gesetzt worden. Bis 1808 war der Fürst P. ein Geistlicher geblieben, dann aber hob Napoleon sein geistliches Wirken, die Coadjutorschaft u. das Recht der Nachfolge des Cardinals Fesch auf, vergrößerte das Gebiet, indem er ihm für das an Baiern abgetretene Regensburg die Fürstenthümer Hanau u. Fulda (55 QM., 158,000 Ew.) gab, u. ließ Dalberg den Titel Großherzog von Frankfurt annehmen, Eugen Beauharnois aber als seinen Nachfolger designiren. Das Großherzogthum Frankfurt zählte nun gegen 300,000 Ew., es stellte 1800 Mann Contingent u. zerfiel in die Departements Frankfurt, Aschaffenburg, Hanau u. Fulda. Am 13. Aug. 1813 stiftete der Fürst P. den Concordienorden. Mit der Schlacht von Leipzig endete das Dasein dieses Großherzogthums, Dalberg ging nach Constanz u. sein Land wurde durch den Wiener Congreß unter mehre Fürsten vertheilt, Frankfurt mit seinem Gebiet wurde freie Stadt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 592-593.
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