[619] Appellation (v. lat. Appellatio, Berufung, Provocation), I. ein ordentliches suspensives u. devolutives Rechtsmittel zum Schutze dessen, welcher sich durch eine obrigkeitliche Entschließung (Bescheid, Resolution od. Handlung) in seinen Rechten für verletzt erachtet, wodurch diese der Oberbehörde zur Prüfung, Abänderung, auch neuen Entscheidung übergeben wird. Suspensiv ist dieses Rechtsmittel, weil, sobald es eingewendet ist, der bisherige Richter (, Judex aq no) in der Sache nicht fortfahren kann, ohne ein Attentat (Innovation, Crimen attentati) zu begehen; devolutiv aber, weil es zur Kenntniß eines höheren Richters (Judex ad quem, die Appellationsinstanz) gebracht werden muß, u. zwar an die zunächst höhere Behörde, weil jede Appellatio per saltum. d. h., wodurch eine Instanz übersprungen wird, verboten ist. Der, welcher zur A. seine Zuflucht nimmt, heißt Appellant, sein Gegner Appellat. Das Recht zu appelliren (Appellationsfreiheit), ist des Mißbrauchs wegen beschränkt, theils durch gesetzliche Bestimmung der Fälle, wo die A. unzulässig ist; theils durch die Appellationssumme (Summa appellabilis), d.i. ein gewisser Betrag an Geld, den die angebliche Beeinträchtigung des Appellanten übersteigen muß; theils durch Niederlegung einer Geldbuße (Succumbenzgeld), welche der Appellant verliert, wenn seine A. für frivol (A. temeraria), d. h. den Gesetzen zuwiderlaufend, erklärt wird; theils endlich durch den Appellationseid, ein Gefährdeeid, wodurch er erhärtet, daß nicht Streitsucht die Ursache der A. sei. Auch darf in gewissen geringfügigen Sachen nicht zweimal appellirt werden, sondern es verbleibt bei der zweiten Entscheidung. Unter diesen Beschränkungen ist de A. gemeinrechtlich in allen Rechtssachen zulässig, sowohl gegen Erkenntnisse als gegen das Verfahren; auch neuerdings auf Verwaltungsjustizsachen u. reine Verwaltungssachen, unter dem Namen Recurs, meist übertragen. In Polizei- u. Disciplinarsachen hat die A. in der Regel keine Suspensivkraft, sondern das Verfahren wird fortgesetzt, allein darüber in kürzester Zeit an die Oberbehörde berichtet. Sehr beschränkt ist der Gebrauch der A. auch im neueren Criminalproceß wegen des Grundsatzes der Mündlichkeit (s. unten). II. Eingetheilt wird die A. in: A) die gerichtliche (A. judicialis), welche in einem wirklichen Rechtsstreite eingewendet wird, u. entweder a) eine ordentliche (A. ordinaria), wenn sie wider ein Erkenntniß, od. b) eine außerordentliche (A. extraordinaria) ist, wenn sie gegen ein Decret, Resolution od. Handlung des Richters gerichtet ist; u. B) die außergerichtliche (A. extrajudicialis), welche aus dem Kanonischen Rechte herstammt u. Statt findet in einer Sache, die kein eigentlicher Rechtsstreit ist, z.B. gegen Bestätigung eines Vertrags, od. weil der Richter ein Gesuch, z.B. um Dilation, abgeschlagen hat. Außerdem kann sie nach der Form ihrer Einwendung eine schriftliche od. mündliche sein, ferner eine reine, gegen eine schon zugefügte Beeinträchtigung, od. eventuelle, gegen eine noch ungewisse Beeinträchtigung, z.B. wenn zunächst um Declaration des ersten Bescheides gebeten, für den Fall aber, daß diese Declaration zu Ungunsten des Appellanten ausfallen sollte, zugleich A. eingewendet wird. Die eventuelle A. unterscheidet sich daher noch von der sogen. blinden A., welche sich gegen eine zur Zeit noch gar nicht eingetretene Beeinträchtigung wendet. Der Grund jeder A. ist eine durch richterlichen Ausspruch zugefügte Beschwerde (Gravamen), welche daher zu erweisen u. ohne deren Angabe keine A. zu berücksichtigen ist. III. Der Inbegriff der gesetzlichen Vorschriften, welche bei der Verhandlung solcher Beschwerden zu beachten sind, heißt das Appellationsverfahren, u. der daraus erwachsende Rechtsstreit selbst Appellationsproceß (Processus appellatorius) od. Appellationsinstanz. Die Form des Verfahrens A) in Civil- od. bürgerlichen Rechtssachen ist gemeinschaftlich a) eine feierliche bei der A. ordinaria. Nach gemeinem Rechte sind dafür gewöhnlich 4 bei Verlust der A. nicht zu verabsäumende Nothfristen (Appellationsfristen) festgesetzt, nämlich aa) das Fatale interponendae appellationis, die Einwendung (Interpositio) der A. muß in einer Frist von[619] 10 Tagen (Decendium) nach Eröffnung des beschwerenden Urtels, unter Angabe der Beschwerdegründe beim Unterrichter erfolgen. Bedient sich der Gegner nach erhaltener Nachricht auch der A., so wird diese Erklärung Adhäsion (Adhaesio, Remedium adhaesionis) (s.d.). bb) Das Fatale petendorum apostolorum, es muß der Appellant hierauf binnen 30 Tagen (nach römischem Rechte binnen 5 Tagen, jetzt gewöhnlich gleich bei der Einwendung) den Richter um Fertigung der sogenannten Apostel (Apostoli, Literae dimissoriae), d. h. eines Berichtes an die höhere Behörde über die gehörig erfolgte Einwendung des Rechtsmittels, ersuchen. Diese Apostoli heißen dimissoriales, wenn der Richter sich darin für die Zulässigkeit der A., refutatorii, wenn er sich dagegen erklärt; reverentiales, wenn er sie dem Ermessen des höheren Richters anheim stellt, u. bisweilen testimoniales, wenn der Bericht in Nothfällen außergerichtlich durch einen Notar gemacht ist. In vielen Ländern ist auch noch ein Fatale requirendorum actorum zu Ablösung u. Einsendung der Acten eingeführt, auch nach früherem Sächsischen Rechte ein Fatale redimendorum apostolorum, eine vom Richter nach Willkür vorgeschriebene Frist (gewöhnlich 34 Wochen), binnen welcher der Appellant den gefertigten Bericht abzulösen, d. h. gegen Zahlung der Gebühren in Empfang zu nehmen hat; ee) das Fatale introducendae appellationis, eine vom richterlichen Ermessen abhängende Frist (gewöhnlich 1 Monat), innerhalb welcher der Appellant seine A. einführen (Introductio appellationis), d. h. der höheren Behörde durch Übersendung der abgelösten Apostel (welches jetzt der Richter selbst zu thun pflegt), gehörige Nachricht davon geben u. um ihre Annahme bitten muß. Hierüber ertheilt das Obergericht ein Decret, welches die A. entweder wegen. Versäumniß der Fristen od. offenbarer Unerheblichkeit der Beschwerden abschlägt (Verwerfung der A., Rejectio appellationis), worauf das vorige Erkenntniß in Kraft bleibt u. der muthwillige Appellant in Strafe verfällt; od. welches in seltenen Fällen bei eingereichter vorgreifender Vorstellung Appellatens (Präoccupationslibell) den Beschwerden sofort abhilft (Rescriptum de tollendo vel emendando gravamine); od. die A. zuläßt u. dabei festsetzt: dd) das Fatale justificandae appellationis, Frist zur Rechtfertigung der A., in welcher, nachdem der Appellant in seiner Rechtfertigungsschrift (Libellus appellatorius), die Entstehung des Rechtsstreites, den bisherigen Lauf der Sache, die ihm zugefügte Beschwerde, mit Anführung rechtlicher Gründe auseinander gesetzt (Materialia) u. die Beobachtung der Fristen (Formalia) dargethan hat, das Obergericht nunmehr über die Beschaffenheit der Beschwerden durch Relevanzbescheid erkennt, welcher verwerfend, od. abhelfend ist, od. wodurch es A-processe erkennt. Sind letztere vollständige (Processus appellatorii pleni), so erfolgen Einhaltsbefehle an den Unterrichter, in der Sache nichts weiter zu verfügen (Inhibitoriales), Befehl zu Einsendung der Acten (Compulsoriales), u. unter Mittheilung der Einführungs- u. Rechtfertigungsschriften (s. oben), Auflage an Appellaten zur Erklärung darüber. Fehlt eine od. die andere Verfügung, so heißen die Processus appellatorii minus pleni, unvollständige. Den Parteien steht in doppelten Sätzen die Ausführung ihres Rechtes zu, welche sich auf neue Thatsachen u. Beweise (Nova) erstrecken darf (Beneficium nondum deducta deducendi, nondum probata probandi), wenn sich zur Beeidigung der erst jetzt davon erlangten Wissenschaft erboten wird, u. die Landesgesetze dies nicht wie in Anhalt, Baiern, Sachsen aufgehoben, od. wie in Preußen, Bremen, Mecklenburg, Hessen, Nassau beschränkt haben. Dann erfolgt die Entscheidung der Oberbehörde (Appellationsurteil), welche sich auf den angegriffenen Theil der Entschließung des Unterrichters zu beschränken hat, u. wodurch diese aus früheren od. aus anderen Gründen bestätigt (Sententia confirmatoria) od. abgeändert (Sent. reformatoria), od. theilweise bestätigt, theilweise geändert wird (Sent. mixta). Statt dieses Verfahrens ist jetzt fast überall ein weit kürzeres eingeführt. Nach Einwendung der A. innerhalb des Decendi um (s. oben) steht in kurzen Fristen Appellanten eine bei dem Unterrichter zu überreichende Ausführung (Deductio), Appellaten eine Widerlegung (Refutatio) zu, worauf das Gericht Bericht erstattet an das Obergericht, u. dieses sofort in der Sache erkennt. Wird gegen das Appellationserkenntniß kein Rechtsmittel wiederum eingewendet, od. ist keins mehr zulässig, so hört, dem früheren Rechte entgegen, die Devolutivkraft der A. auf, u. die Angelegenheit wird vor dem früheren Proceßrichter weiter geführt. b) Ein minder feierliches A-verfahren (Processus appellatorius minus solemnis) besteht bei der A. extraordinaria, der A. wider das Verfahren, nach deren Einwendung die Obrigkeit höchstens den Parteien zu Beibringung ihrer Rechtsausführungen die Frist bis zum Abgange des Berichtes nach einigen Landesgesetzen anzeigt, u. diesen sodann od. außerdem sofort unter Einsendung der Acten an die Oberbehörde erstattet, welche durch Verordnung (Decret, Rescript) die A. verwirft, od. eine Abänderung der Beschwerde anordnet. Die neueren Proceßgesetzgebungen haben für die A. meist viel einfachere Formen eingeführt, welche sich an das eben gedachte minder feierliche A-verfahren anschließen. Die A. wird bei dem Unterrichter innerhalb gesetzlicher Frist eingelegt, nach deren Ablauf dem Appellanten eine zweite, auf Ansuchen auch zu verlängernde Frist läuft, um das eingewendete Rechtsmittel zu rechtfertigen. Diese Rechtfertigungsschrift, wie die Schrift, mittelst welcher die A. eingewendet ist, wird dem Gegentheil binnen gleicher Frist mitgetheilt; gleichviel ob derselbe dann die Widerlegung einreicht od. nicht, sendet der Unterrichter dann die Acten an den Oberrichter ein. Das Beneficium nondum deducta deducendi, nondum probata probandi ist dabei als der Eventualmaxime widersprechend meist aufgehoben. Das gefällte Erkenntniß wird an den Unterrichter gesendet, damit dieser es den Parteien publicire. Hat das zweite Urtel hierbei das erste lediglich bestätigt, od. handelt es sich nur um ein Streitobject von geringerem Werthe, so schließen die meisten Gesetzgebungen alsdann eine weitere A. an eine dritte Instanz aus, während sonst für den ordentlichen feierlichen Proceß, gleichviel ob das zweite Erkenntniß abänderte od. nicht, für den deutschen Civilproceß die Regel bildete. Ganz eigenthümlich hat sich das A-verfahren[620] für Civilsachen nach französischem Rechte gestaltet. Wegen Mündlichkeit des Verfahrens führe die A. hier ein vollständiges, weitläufiges, neues Verfahren mit neuen Advocaten vor dem Appellhofe herbei. Zur Einwendung des Rechtsmittels steht hier der Partei eine Frist von 3 Monaten von Einhändigung des Urtels offen, u. das Verfahren selbst stellt sich als ein ganz neuer Proceß dar, der wie in einer Sitzung des Gerichts erster Instanz verhandelt wird. Vgl. Linde, Handbuch über die Rechtsmittel, Gießen 183140, 2 Bde. B) Im Criminalprocesse hat man das gemeinrechtliche Untersuchungs- u. das neuere Anklageverfahren zu unterscheiden. Nach dem ersteren kann A. vom Angeschuldigten od. denen, welche ihn zu vertreten haben, als dem Vater, Vormund, Ehegatten u. Vertheidiger, ebenso wie vom öffentlichen u. Privatankläger, od. dem Fiscal, nie vom Denuncianten in der Regel gegen alle Zwischen- u. Endurtel eingewendet werden. Der Angeschuldigte ist dazu an die zehntägige Nothfrist nicht gebunden, u. auch wo etwa Fristen angeordnet sind, wird deren Einhaltung nach dem Charakter des Strafprocesses nicht streng genommen. Nach dem Grundsatze, möglichst freie Vertheidigung zu gestatten, kann die A. schriftlich od. mündlich erfolgen, sofort od. in einer besonderen Schrift ausgeführt werden, u. ist hierzu dem Vertheidiger Acteneinsicht u. Unterredung mit dem Inculpaten erlaubt; auch sind auf gegründetes Ansuchen zu Erörterung neuer Thatsachen u. Beweise, neue Ergänzungen u. Vernehmungen zu veranstalten u. Fristverlängerungen zur Ausführung zu bewilligen. Bei A. eines Anklägers wird aber erst noch der Angeklagte mit seiner Vertheidigung gegen die ihm vorzulegende A-srechtfertigungsschrift gehört. Das A-sgericht erkennt bestätigend od. abändernd, aber nie verschärfend (Reformatio in pejus), wenn Landesgesetze dies nicht ausdrücklich gestatten, z.B. früher in Baiern. Für das neuere Anklageverfahren mit Mündlichkeit u. Öffentlichkeit ist die Frage über Zulässigkeit der A. sowohl in der Theorie, als in der Gesetzgebung verschieden beantwortet worden. Nach dem französischen u. rheinischen Verfahren tritt Berufung nur gegen Urtel der Zuchtpolizeigerichte ein, nicht gegen die Rechtssprüche der Assisenhöfe, gegen welche nur das Rechtsmittel der Cassation zulässig ist. Die Berufung steht nicht blos dem Verurtheilten, sondern auch der Civilpartei u. dem Staatsanwalt zu. Die Einlegung derselben erfolgt durch eine auf der Gerichtsschreiberei niedergelegten Denkschrift; die Verhandlung vor der zweiten Instanz beginnt mit dem Vortrag eines Mitgliedes über den Inhalt der in der ersten Verhandlung vorgekommenen Aussagen u. geht dann zu der etwa nöthigen Aufnahme der neuen Beweismittel über, worauf die mündlichen Vorträge der Parteien u. zuletzt die Verkündigung des Urtels folgt. Noch beschränkter ist die A. im preußischen Strafprocesse (Ges. v. 1849, Art. 126; von 1852, Art. 102); indem hier zunächst ebenfalls nur gegen Urtel der Kreisgerichte, nicht die der Schwurgerichte appellirt werden kann, auch bei A-en wider die ersteren aber der A-srichter hinsichtlich der Thatsachen nur die im ersten Verfahren erfolgte Feststellung zu Grunde legen soll, u. nur ganz ausnahmsweise die Erhebung neuer Beweismittel zugelassen wird. Eine weitere Ausdehnung hat dagegen die A. in dem österreichischen u. königlich sächsischen Strafprocesse. Nach dem österreichischen Gesetze, nach welchem nur Staatsrichter u. keine Geschwornen entscheiden, findet die A. nicht blos gegen Urtel der ersten, sondern auch der zweiten Instanz Statt, wenn dadurch das vorige Erkenntniß abgeändert wurde; doch ist das Verfahren der höheren Gerichte nur schriftlich, so daß es zu einer Wiederholung der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz nicht kommt. Die königlich sächsische Strafproceßordnung läßt dagegen auch dies zu, wenn der Angeklagte neue wichtige Thatsachen vorbringt u. nach dem Ermessen des oberen Gerichtes sich danach erhebliche Zweifel gegen die thatsächliche Feststellung des ersten Erkenntnisses ergeben. Die A. kann auch nur vom Angeklagten erhoben werden, u. das Urtel darf nicht zum Nachtheil des Angeschuldigten abgeändert werden; der Staatsanwalt kann sich nur der Nichtigkeitsbeschwerde bedienen. Doch ist über die Zweckmäßigkeit einer so weiten A-sbefugniß des Angeklagten gerade in Sachsen viel gestritten worden. IV. Geschichte. Die A., stets beruhend auf der Gerichtsverfassung, ward im alten Rom durch die Provocation an das Volk u. die Intercession einer dem Richter gleichstehenden Magistratsperson ersetzt, u. bildete sich unter den Kaisern. Sie geschah in Rom an den Praefectus urbi, in den Provinzen an die Consularen u. in letzter Instanz an den Kaiser. Die Einwendung geschah binnen 2 Tagen, durch einen Stellvertreter binnen 3 Tagen, erst seit Justinian innerhalb 10 Tagen. Die Berichtserstattung u. Acteneinsendung des Unterrichters erfolgte in den nächsten 30 Tagen, worauf Appellant binnen 5 Tagen Succumbenzgelder (s. oben) erlegte, u. in 36 Monaten die A. einführte. War das Erkenntniß bestätigend, so mußten die Kosten dem Gegner vierfach ersetzt werden. Dies ganze Verfahren wurde durch Bericht des Unterrichters an den Kaiser (Relatio od. Consultatio) u. Einholung von Verhaltungsbefehlen erspart. Ähnlich war die A. in Strafsachen, doch waren das Volk, seit Hadrian der Senat u. der Kaiser, inappellabel. Das Kanonische Recht bestäugte u. erweiterte die A., u. ihm schloß sich die deutsche Reichsgesetzgebung an. Hier in Deutschland hatte man schon vor Reception des Römischen Rechts in dem sogen. Urtelschelten ein der A. ähnliches Institut, indem das gefundene Urtel von einem der Schöffen od. einer Partei gescholten, d. h. für widerrechtlich erklärt u. dadurch an die mehreren Stimmen des höheren Gerichts gezogen werden konnte (Sachsenspiegel II. 12). Bei der Ähnlichkeit dieses Verfahrens war es daher um so erklärlicher, daß die in den römischen u. kanonischen Rechtsquellen enthaltene A. leicht Aufnahme fand. Durch die Ausbildung der geistlichen Gerichtsbarkeit u. deren Übergreifen in Civilsachen entstanden bes. im Mittelalter die A. nach Rom von geistlichen u. auch häufig von weltlichen Gerichten an den Papst, als den höchsten Richter auf Erden, welche die Päpste sehr begünstigten, weltliche u. selbst geistliche Untergerichte aber nach u. nach aufhoben u. beschränkten (vgl. Körner, De provocat. ad sed. roman., Lpz. 1785). In allen deutschen unmittelbaren Reichsländern mußten Gerichte zweiter Instanz errichtet werden, an deren Stelle in kleinen Gebieten Versendung an Spruchbehörden trat, u. in Ländern mit A-sfreiheit mußte auch eine dritte Instanz vorhanden sein, welche außerdem das Reichskammergericht[621] u. den Reichshofrath bildeten. Da nach der Deutschen Bundesacte es für jeden Bundesstaat 3 Instanzen geben muß, so befinden sich nicht nur in jedem derselben außer dem Untergericht als zweiter Instanz A-sinstanzen (Appellations-, Hof-, Ober-, Kammergerichte od. Tribunale od. Landesjustizcollegien), sondern auch eine dritte Oberappellationsinstanz (Oberappellations-, Oberhofgerichte). Letztere sind für Staaten unter 300,000 Einwohnern gemeinschaftlich errichtet, z.B. zu Lübeck, Jena, mit welchem letzteren neuerdings auch das früher für Anhalt u. Schwarzburg in Zerbst bestandene verbunden worden ist.
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