Schimmel [1]

[190] Schimmel, 1) der feinfaserige od. zart wollige Überzug auf organischen Stoffen, wenn dieselben an feuchten, dumpfigen Orten in Gährung od. Fäulniß übergehen; er besteht aus kleinen, zu der Klasse der Pilze gehörigen Pflänzchen, welche unter dem Mikroskop als einfache od. verästelte Fädchen erscheinen, welche die Sporen frei, eingestreut od. in der angeschwollenen Endzelle od. in Ketten verbunden tragen. Man unterscheidet mehre Arten, bes.: Gemeiner Kopfschimmel (Mucor mucedo), mit flockiger Unterlage, einfache Fäden mit kugeligen, graugrünen, später schwarz werdenden Sporenbehältern an den Enden; erscheint auf Brod, Fleisch u.a. in Fäulniß übergehenden organischen Substanzen; Graugrüner Pinselschimmel (Penicillium glaucum), an den Enden der aufrechten Stiele hängen Sporenketten büschelig herunter, ist gemein auf Brod; Seegrüner Knotenschimmel (Aspergillus glaucus), auf modernden Pflanzen, Brod, Käse etc. gemein. An den Weinfässern in den Kellern setzt sich als dichter, tuchähnlicher, graugrüner od. graubrauner Filz (Kellertuch) die Kellerknopffaser (Rhacodium cellare) an; Trichoderma viride bildet auf faulem Holz weiße, später grüne rasenartige Überzüge; Brunnenzopf (Rhizomorpha), in faulenden Brunnen- u. Wasserleitungsröhren; Gemeiner Traubenschimmel (Botrytis vulgaris), kurzästige Flocken, mit rundlichen Sporenhäufchen am Ende, auf faulen Pflanzen gemein; Kartoffel-Spindelschimmel (Fusisporium solani), ästige gehäufte Flocken tragen an der Spitze spindelförmige Sporen mit vier verwachsenen Zellen; auf kranken Kartoffeln; Fruchteischimmel (Oidium fructigenum), gemein auf faulendem Obst; Oidium Tuckeri, auf Weinstöcken bei der Traubenkrankheit, richtet große Verheerung an. Der Genuß schimmeliger [190] Nahrungsmittel ist schädlich; um dieselben vor S. zu schützen, muß man sie an trockenen u. frischer Luft zugänglichen Orten aufbewahren. Um das Schimmeln der Tinte zu verhüten, wirst man einige Gewürznelken in dieselbe. Die Schimmelbildung steht mit der Zersetzung organischer Materien durch Gährung u. Fäulniß im engsten Zusammenhang, aber ob in allen Fällen, in denen Schimmelpflanzen hierbei in die Erscheinung treten, dieselben als die Ursachen od. vielmehr blos als die zufälligen, wenn auch sehr häufigen Begleiter der Umsetzungen gedeutet werden müssen, ist zur Zeit noch nicht entschieden. Nach der von Schwann entwickelten Theorie der Gährung sind überall in Luft u. Wasser zahllose Keime von lebenden Pflanzen verbreitet, welche sich da entwickeln, wo sie die zu ihrer Entwickelung günstigen Verhältnisse finden, u. die aus der Entwickelung dieser Keime hervorgegangenen niederen Organismen sind es, welche die Gährung veranlassen. Besondere Stützen für diese Ansicht liefern die Versuche von Schwann u. And., welche ergaben, daß, wenn organische Substanzen aufgekocht u. dann mit Luft in Berührung gebracht wurden, welche vorher durch glühende Röhren od. Schwefelsäure geleitet wurde, dieselben keinen S. bildeten; die Luft besaß die Fähigkeit zum Einleiten der Fäulniß nicht, weil durch die Glühhitze od. die Schwefelsäure die in der Luft befindlichen lebenden Keime zerstört wurden. Wurde dagegen der äußeren Luft Zutritt gestattet, so trat schon nach kurzer Zeit Schimmelbildung ein. Dusch u. Schröder fanden, daß auch eine durch Baumwolle geleitete Luft die Bildung von Schimmelpflanzen verhindere, u. Pasteur beobachtete wirklich in der zu diesem Zweck angewendeter Baumwolle od. Asbest Pilzsporen; er zeigte auch, daß die geglühte Luft nur durch das Zerstören der Keime die Schimmelbildung verhindere u. daß jene Keime allein dieselbe einleite. Man hat früher geglaubt, daß der S., sowie andere ähnliche Bildungen unmittelbar aus der organischen Substanz entstehen können, u. eine sogen. Urzeugung (Generatio aequivoca) angenommen, doch sind die angeführten Versuche geeignet zu beweisen, daß, wie im übrigen Pflanzenreich, die neu entstehenden Individuen stets von derselben Art durch Vermehrung od. Fortpflanzung abstammen. 2) so v.w. Schimmelpilze; 3) eine Krankheit des Hopfens, von welcher er bei anhaltendem, kaltem Regenwetter leicht befallen wird; 4) so v.w. Bergente (A. marilu), s. Ente d) cc).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 190-191.
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