Schlafsucht

[207] Schlafsucht (Hypnosis), 1) der unabweisbare Trieb der Körper zum Schlaf, welcher sich bei Gesunden nach großen Anstrengungen, Aufregungen, Nachtwachen etc. einstellt; 2) ein krankhafter Schlaf u. als solcher weit öfter Symptom von anderen Krankheitszuständen, als eine besondere Krankheitsform; gesellt sich zu Nerven-, Faul- u. Wechselfiebern (Schlaffieber, Febris intermittens soporosa), begleitet narkotische Vergiftungen u.a. Zustände. Der Kranke läßt sich wohl noch erwecken, allein öffnet kaum die Augen, antwortet gar nicht od. verwirrt, sieht mit verdrehten, schiefen, trüben, matten od. rothen geschwollenen Augen vor sich hin u. schläft gleich wieder ein; dabei ist mehr od. weniger Unempfindlichkeit, große Körper- u. Geistesschwäche, Vergeßlichkeit vorhanden. Ein höherer Grad der S. ist die Lethargie, meist mit Fieber verbunden; der Kranke kommt dabei nach dem Erwecken nicht gehörig zur Besinnung, zeigt große Vergeßlichkeit u. schläft sogleich wieder ein. Der höchste Grad der S. ist der Todtenschlaf (Casus), öfters mit Fieber verbunden u. ein geringer Grad des Schlagflusses mit einer ruhigeren, doch immer noch mühsamen Respiration, der Kranke schläft mit halb offenen Augen, ist schwer od. gar nicht zu erwecken, antwortet nicht u. hat überhaupt gar keine od. nur vorübergehende Empfänglichkeit für äußere Reize. Schlummersucht (Coma somnolentum cataphora) ist dagegen ein minderer Grad der S.u. stellt sich dar als anhaltende Schläfrigkeit, ohne Fieber u. Irrereden, ohne Schnarchen u. merkliche Vergessenheit; der Kranke liegt in einem anhaltenden Schlafe, läßt sich aber sehr leicht erwecken, beantwortet die Fragen, öffnet die Augen, bewegt sich u. schläft wieder, u. zwar bei offenem Munde, herabhängender Kinnlade, seltenem, zuweilen niedergedrücktem Pulse u. gänzlich schlaffen Gliedern. Dieser jederzeit bedenkliche Zustand hält zuweilen lange an; manchmal nähert er sich dem Schlagflusse. Hierher sind noch zu rechnen die wachende Schlummersucht (Coma vigilans cataphora), Schlaflosigkeit bei großer Neigung zum Schlafe, mit lebhafter Einbildungskraft u. gutem Gedächtnisse, ohne gänzliches Unvermögen zu willkürlichen Bewegungen; der Kranke liegt mit geschlossenen Augen scheinbar schlafend, aber sein Schlummer läßt sich leicht stören; er redet irre u. wird durch Visionen u. Gespenster, schwere Angst aufgeweckt, wirft sich herum, richtet sich auf u. fällt wieder zurück; wenn man ihn weckt, so öffnet er die Augen, sieht den Weckenden verstört an, erzählt ihm vielleicht seine Träume u. legt sich dann wieder, um zu schlafen; der Kopf ist schwer, Empfindung u. Bewegung sind schwach. Der soporöse Zustand (Sopor), eine Abart der S., ist Fühllosigkeit mit tiefem Schlafe, Schwächung aller inneren u. äußeren Sinne u. der freiwilligen Bewegungen mit Fortdauer der Respiration u. des Pulses. Man unterscheidet einen gut- u. bösartigen mit Sinken der übrigen Functionen. Die Behandlung richtet sich nach den zu Grunde liegenden Krankheiten u. ist nach diesen verschieden. Vgl. Buchholz, Über den Schlaf u. die verschiedenen Zustände desselben, Berl, 1821. 3) Krankheit der Seidenraupen, entsteht, wenn dem Boden, auf welchem die Maulbeerbäume wachsen, diejenige Mineralsubstanz fehlt, welche als Basis zur Bildung des Chitins der Haut u. der Eischale des Insectes unbedingt erforderlich ist.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 207.
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