Sickingen [2]

[18] Sickingen, eine der Katholischen Confession folgende, alte, aus S. im Badenschen abstammende Familie, welche um 1158 mit Eberhard ihre ordentliche Stammreihe beginnt, 1707 in den österreichischen Herrenstand, 1711 zu Magnaten von Ungarn, 1773 in den Reichsgrafenstand erhoben u. 1791 in das schwäbische Grafencollegium eingeführt wurde. Aus ihr war 1) Schweickard von S., er betheiligte sich in dem Pfälzischen od. Baierischen Erbfolgekriege auf Seiten des Kurfürsten von der Pfalz gegen Baiern, obgleich der Kaiser Maximilian bereits gegen das Recht der Pfalz entschieden hatte; er wurde deshalb 1594 hingerichtet. 2) Franz von S., Sohn des Vor., geb. 1. März 1481 auf dem Stammschloß S. (s.d.), kam jung an den Hof des Kaisers Maximilian I., zeichnete sich im Kriege gegen Frankreich aus u. erhielt das Commando über eine Truppenabtheilung u. wurde Rath u. Kammerherr. Neben seinen Staatsgeschäften betheiligte er sich auch zum Schutz der Schwächeren u. Unterdrückten an inneren Fehden im Reiche; so nahm er 1513 sich in einem Streite des Rathes u. der Bürgerschaft von Worms der letztern an, forderte die Zurückberufung der vertriebenen Bürger u. Rathsherren u. belagerte, als seine Forderungen abgewiesen wurden, die Stadt; obgleich als Landfriedensbrecher in die Reichsacht erklärt, setzte er die Belagerung doch fort u. zwang die Stadt zur Erfüllung seiner Forderungen. Herauf bekriegte er den Herzog von Lothringen, belagerte selbst Metz u. zwang die Stadt ihm 20,000 Gulden u. seinen Kriegern einen einmonatlichen Sold zu zahlen. Auf der Rückkehr belagerte er Mainz u. befehdete Darmstadt, bis beide Städte ihm 50,000 Gulden Lösegeld versprachen u. endlich der Kaiser auf dem Reichstage in Mainz den Streit beilegte u. S. der Acht entband. 1519 bot er allen seinen Einfluß auf die Wahl zum Deutschen Kaiser auf Karl V. zu lenken, welcher ihn dann zum Feldhauptmann, Rath u. Kämmerer ernannte u. ihm die Haltung einer Leibwache von 20 Geharnischten verstattete. 1521 zog er unter dem Grafen Heinrich von Nassau gegen Frankreich, fiel in die Picardie ein u. belagerte Mezières; da aber Krankheit unter seinem Heere ausbrach, mußte er die Belagerung aufgeben, u. die Expedition kehrte nach Deutschland zurück. 1522 wurde er von der über die Willkür der Fürsten u. den Übermuth des Clerus erbitterten Oberrheinischen Ritterschaft zum Hauptmann gewählt u. sammelte ein Heer, womit er 1523 den Erzbischof von Trier, mit welchem er wegen einiger von dessen Vasallen in Streit war, befehdete u. ins Triersche zog; er nahm St. Wendel, zerstörte die trierschen Schlösser u. belagerte Trier. Doch der Kurfürst der Pfalz u. der Landgraf zu Hessen standen dem Erzbischof von Trier bei, trieben S. zurück u. belagerten seit 23. April ihn in seinem Schlosse Neustall bei Landstuhl in der Rheinpfalz. Her hart verwundet, starb er 7. Mai 1523, nachdem er das Schloß hatte übergeben müssen. Sein Grab ist in der katholischen Kirche in Landstuhl. S. war für seine Zeit hoch gebildet, ein eifriger Beförderer der Wissenschaften u. dabei ein biederer Repräsentant des deutschen Ritterwesens in seinem letzten Stadium. Seinem Freund Ulrich von Hutten (s.d.) eröffnete er ein Asyl auf der Ebernburg u. durch diesen wurde er mit der Reformation bekannt u. für dieselbe gewonnen. Er schätzte Luthern hoch; Reuchlin vertheidigte er gegen die kölner Mönche u. schützte viele reformatorische Männer, wie Caspar Aquila, Martin Bucer, Johannes Öcolampadius, Johann Schwebel u. nahm sie bei sich auf. Vgl. Hubert Leodius, Acta et gesta Francisci de S., im 3. Band von Frehers Scriptores rerum german.; Münch, F. von S-s Thaten, Plane, Freunde u. Ausgang, Stuttg. 1827 f., 2 Bde.; P. Pressel, Franz von S. (ein erzählendes Gedicht), Lpz. 1860. Seine fünf Söhne erhielten erst 19 Jahre nach seinem Tode die väterlichen Güter durch einen Vergleich wieder; von ihnen wurde 3) Franz Konrad vom Kaiser Maximilian II. in den Freiherren- u. dessen Nachkommen 1773 vom Kaiser Joseph II. in den Reichsgrafenstand erhoben u. 1791 in das Schwäbische Grafencollegium eingeführt. Von den mehren Linien, in welche das Geschlecht zerfiel, hatte nur die zu S. in Landstuhl unmittelbare Besitzungen, welche 1803 abgegeben wurden; zu ihr gehörte 4) Franz, Graf von S. zu Sickingen, geb. 1760, starb als der letzte Nachkomme in gerader Linie von S. 1) in Armuth 25. Nov. 1834 auf dem Froheborner Hof im nassauischen Amt St Goarshausen. Die noch blühende Nebenlinie S,-Hohenberg ist in Österreich begütert, ihr Chef ist: 5) Graf Joseph, Sohn des 1855 verstorbenen Grafen Wilhelm, geb. 9. Januar 1833.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 18.
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