Symmĕtrie

[138] Symmĕtrie (v. gr.), 1) das Gleich- od. Ebenmaß, Zusammenstimmung der einzelnen Verhältnisse eines Ganzen, hinsichtlich des Maßes u. der Zahl; 2) ebenmäßige Anordnung gleichartiger Theile zu einem regelmäßigen Ganzen. In der Natur kommt diese S. bes. an solchen Gegenständen vor, welche, in zwei Hälften getheilt, an jeder derselben gleiche od. ähnliche Theile haben; sie ist in der anorganischen Natur die Krystallform, im Pflanzenreich bes. in der Bildung der Blüthen u. Früchte, vorzugsweise aber im Thierkörper (rechte u. linke Seite) höher ausgebildet. Von der Kunst wird sie bes. in solchen Werken nachgeahmt, bei denen gleiche u. ähnliche Theile nothwendig gefordert werden; ein Mittel- od. Augenpunkt, von welchem aus das Ganze übersehen werden kann, dient zur Wahrnehmung der S. Vor Allem muß die S. in architektonischen Werken angewendet werden, wogegen es viele andere Gegenstände der Kunst gibt, in denen S. Steifheit, Ängstlichkeit u. Gezwungenheit hervorbringen würde, wie in der Landschaftsmalerei, in theatralischen Scenen, in Gruppirung der Figuren auf Gemälden etc. In der Gartenkunst war sonst die S. auch heimisch, doch ahmt der neuere, Englische Geschmack durch Entfernung der S. die Natur mehr nach, s.u. Garten S. 936. Man hat auch den Ausdruck S. auf andere meßbare Gegenstände, wie auf die Sylben in Versen, übergetragen, allein hier ist richtiger Eurhythmie zu sagen. S. bringt noch nicht Schönheit an sich hervor, sondern diese entsteht erst durch die Verbindung des äußeren Ebenmaßes mit dem geistig Zweckmäßigen u. Bedeutsamen. 3) eine der geometrischen Verwandtschaften (s.d.), welche nur den Körpern zukommt. Hat man nämlich ein beliebiges Polyeder, nimmt eine seiner Grenzflächen zur Grundfläche, fällt auf dieselbe od. ihre Erweiterung aus allen Ecken Senkrechte, verlängert jede um ihre eigene Länge über die Grundfläche hinaus u. construirt nun ein zweites Polyeder, welches dieselbe Grundfläche u. zu seinen Ecken die Endpunkte der genannten Verlängerungen hat, so ist dieses dem ersten gleich u. ähnlich, aber nicht congruent, sondern symmetrisch (gleich). Es decken sich symmetrisch gleiche Figuren einander nicht, weil jede unbegrenzte Ebene zwei Seiten (das Wort nicht in der Bedeutung von Linie genommen) hat. Sind nun in einer solchen zwei unregelmäßige congruente ebene Figuren gezeichnet u. sollen diese zur wirklichen Deckung gebracht werden, so können zwei Fälle Statt finden, welche aber in der Planimetrie nicht beachtet werden; entweder läßt sich die eint Figur in der Ebene so lange fortschieben, bis sie die andere deckt, od. sie muß erst umgewendet werden, ehe dies möglich ist. Aber zwei gleichliegende Seitenflächen an zwei symmetrisch gleichen Polyedern liegen immer so, daß, wenn man sie zur Deckung bringt, die Körper bann von dieser Fläche aus nach entgegengesetzten Seiten, liegen; folglich ist es unmöglich, daß die beiden Körper mit allen gleichnamigen Stücken zugleich zur Deckung gebracht würden. Es können Fälle eintreten, wo die S. mit der Ähnlichkeit, mithin auch die symmetrische Gleichheit mit der Congruenz zusammenfällt, wie z.B. bei allen regulären Körpern, od. bei dreikantigen Ecken, worin zwei einander gleiche Kantenwinkel der einen zwei Kantenwinkeln der andern Ecke gleich sind. Gudermann hat gezeigt, daß überhaupt jede zwei symmetrisch gleiche Polyeder sich in lauter einzeln einander congruente Körper zerlegelassen, woraus der Satz folgt, daß symmetrisch gleiche Körper gleiches Volumen haben, welchen Legendre durch Verwandlung symmetrisch gleicher Körper in andere ihnen gleiche u. unter sich congruente dargethan hat. Es ist jedes in einem Spiegel gesehene Bild eines Körpers dem Körper selbst nicht congruent, sondern blos symmetrisch. Die symmetrische Gleichheit kommt in der Anwendung der Stereometrie weit häufiger vor, als die Congruenz. So bestehen alle regelmäßigen Gebäude aus zwei symmetrisch gleichen Theilen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 138.
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