[523] Thierkreis (Zodiacus), Gürtel, welcher auf jeder Seite der Ekliptik bis zu einer Breite von 10 Grad parallel mit ihr um den Himmel gedacht wird u. alle Sternbilder enthält, in welchen die Planeten, die sieben Hauptplaneten u. deren Monde ihre Bahnen beschreiben. Nur mehre unter den Asteroiden, z.B. Ceres, Juno, Hebe, Asträa, Phocäa, am weitesten Pallas gehen über die Grenzen des T-es hinaus. Den Namen hat der T. von der Thiergestalt der meisten Sternbilder derselben. Es werden 12 Thierkreisbilder angenommen: ♈ Widder, ♉ Stier, ♊ Zwillinge, ♋ Krebs, ♌ Löwe, ♍ Jungfrau,♎ Wage, ♏ Skorpion, ♐ Schütze, ♑ Steinbock, ♒ Wassermann u.♓ Fische. Man hat aber hierbei die Bilderdes T-es u. die Zeichen des T-es od. der Ekliptik wohl zu unterscheiden, denn die Zeichen des T-es sind die auf einander folgenden Abschnitte der Ekliptik zu je 30° von dem Schneidungspunkt der Ekliptik mit dem Äquator an, welcher der Frühlingsnachtgleiche entspricht, dagegen haben die entsprechend benannten Sternbilder des T-es theils verschieden große Ausdehnung, theils haben sie gegenwärtig eine von den Zeichen des T-es sehr abweichende Lage; denn wegen des Vorrückens der Nachtgleichen (s.d.) steht jetzt jedes Sternbild des T-es fast um ein ganzes Zeichen östlicher als das gleichbenannte Zeichen. 0° ♈ ist der Anfangspunkt der Ekliptik (erster Punkt des Widders), u. man zählt von diesem auf ihr von Abend gegen Morgen fort, weil so der scheinbare Lauf der Sonne ist (s. Länge). Eben so zählt man von da ab auf dem Äquator fort. Da die Ekliptik gegen den Äquator beinahe 271/2° geneigt ist, so liegen sechs Zeichen über, sechs unter demselben u. erstere heißen ♈, ♉, ♊, ♋, ♌, ♍, daher nördliche, letztere ♎, ♏, ♐, ♑,♒ u. ♓, südliche Zeichen, weil erstere dem Nord u. letztere dem Südpol näher sind. Durch sechs Zeichen, nämlich, ♑ bis Anfang ♋, steigt die Sonne zum Nordpol auf, durch sechs, ♋ bis Anfang, ♑, sinkt sie zum Südpol nieder, erstere heißen daher die aufsteigenden, letztere die niedersteigenden Zeichen.
Die Darstellung der Gestirnsbewegung in einer Zone ist sehr alt u. bei vielen Völkern gebräuchlich. Bei den Indern wird der ganze Kreis auch in 360 Grade getheilt u. 30 kommen wie bei uns auf jedes Zeichen. Diese sind: Mescha (Widder), Vrischa (Stier), Mit'hung (Zwillinge), Karkata (Krebs), Sinha (Löwe), Kanja (Jungfrau), Tula (Wage), Vrischtschika (Skorpion), Dhanus (Bogen, unser Schütze), Makara (Seeungeheuer, unser Steinbock), Kumbha (Wassereimer, unser Wassermann) u. Mini (Fische). Auch bei den Parsen findet sich der T.; das zwölfmonatliche Jahr war schon zu Dschemschids Zeiten üblich, was die Eintheilung in zwölf Zeichen voraussetzt Namentlich aber kommen die Zeichen im Bundehesch vor. Die Namen sind: Lamm (Widder), Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Ähre (Jungfrau), Wage, Skorpion, Bogen (Schütze), Steinbock, Schöpfeimer (Wassermann) u. Fische. Diese Bilder heißen Ahkters, d.i. Gestirne, od. die 12 Heerführer von der Partei des Ormuzd, weil alles Gute den Menschen u. den Geschöpfen durch ihre sowie der Sonne u. des Mondes Vermittlung zukommt, weshalb sie auch die Schöpfer u. Erhalter sind; im Gegensatz zu den sieben Awakhtars, den Planeten, od. sieben Heerführern von der Partei des Ahriman, welche alles Gute zerstoren u. Menschen u. anderen Geschöpfen alles Böse zuführen. So wurden auch bei den Sabiern die 12 Zeichen des T-es günstige, die sieben Planeten ungünstige Gottheiten genannt. Auch den Babyloniern u. Chaldäern u. den übrigen asiatichen Völkern, namentlich den Chinesen, war der T. mit seinen 12 Zeichen in sehr alter Zeit bekannt. Bei den Ägyptiern gab es eine doppelte Abtheilung, nämlich die in 36 Decane od. Vorsteher der 36 Dekaden od. Wochen des ägyptischen Jahres, u. in 12 Zeichen u. 360 Grade, u. zwar ist die erstere die alte, eigentlich ägyptische Eintheilung, während die in 12 Zodiacalbilder erst aus der griechischen Zeit stammt. Die Figuren haben sie beibehalten, aber oft dafür andere, aus ihrer Sphäre entlehnte Namen angenommen. Von den erhaltenen Darstellungen der ägyptischen Sphäre sind bes. die sogenannten T. von Denderah u. von Edfu (s. b.) zu bemerken; auf ersteren sind die beiden Eintheilungen in zwei Kreisen dargestellt; der erstere, größere enthält die Darstellung der Decane, der zweite, dem Pol näher stehende, den T. Beide Kreise stellen eine Vergleichung zwischen der alten u. neuen Eintheilung der Sphäre dar, was man daraus sieht, daß nicht auf jedes Zodiacalbild gleichviel Decane u. Grade kommen, vielmehr ist das Verhältniß folgendes: Krebs (Scarabäus) mit drei Decanen auf etwa 20°, Löwe (Messer) drei Decane auf etwa 60°, Jungfrau ein Decan auf etwa 30°, Wage (Sonnenberg) zwei Decane auf etwa 20°, Scorpion (Schlange) zwei Decane auf etwa 20°, Schütze (Pfeil) fünf Decane auf etwa 20°, Steinbock (Leben od. Spiegel) drei Decane auf etwa 30°, Wassermann (Wasser) zwei Decane auf etwa 20°, Fische vier Decane auf etwa 45°, Widder (Haut) drei Decane auf etwa 20°, Stier vier Decane auf etwa 55°, Zwillinge (zweisprossende [523] Pflanzen = Ähnlichkeit od. Gleichheit) drei Decane auf etwa 20°. Die 12 Zeichen des T-es sind bei den Griechen auch dieselben, nur daß die Wage fehlt, indem sich das Bild des Scorpions durch zwei Zeichen, durch das des Scorpions u. der Wage, erstreckte, so daß sich die Scheren des ersteren bis zur Jungfrau erweiterten; die Bilder des T-es wurden zur Zeit der Pisistratiden in die griechische Sphäre eingeführt. Die Römer kannten die Wage schon früher, doch nahm Julius Cäsar sie wahrscheinlich auf Veranlassung des ägyptischen Astronomen Sosigenes wieder in seine Fasti auf. Die Araber nennen den T. Felekh od. Mintaka-elburudsch, d.i. Kreis od. Gürtel der Häuser od. der einzelnen Bilder. Auch in dem T. der Mexicaner u. Peruaner hat man eine merkwürdige Übereinstimmung mit dem T. der alten Welt gefunden.