[491] Zahlzeichen (Ziffern), Symbole od. schriftliche Charaktere für die Zahlen. Man unterscheidet besondere u. allgemeine. Besondere Z. sind so beschaffen, daß bei jedem einmal gewählten Zeichen immer nur eine einzige bestimmte Zahl gedacht wird; allgemeine Z. dagegen drücken überhaupt irgend eine Menge aus, wobei es unbestimmt bleibt, wie groß dieselbe angenommen werden soll. Die allgemeinen Z. dienen blos dazu, allgemeine Vorschriften über die Verknüpfungsart gewisser Zahlen durch Rechnung dem Auge in möglichster Kürze u. Übersichtlichkeit vorzulegen. u. man bedient sich, nach Vietas Vorgange, durchgängig der Buchstaben (meist der kleinen des lateinischen Alphabets) zur Bezeichnung solcher beliebigen Mengen, so daß die von einander unabhängigen mit verschiedenen, welche für jeden besonderen Fall einander gleichen, mit einerlei Buchstaben bezeichnet werden. Auch pflegt man jetzt oft allgemeine Zahlen, welche eine gewisse Beziehung mit einander gemeinschaftlich haben, mit dem nämlichen Buchstaben, welchem man oben rechts Striche (';'';''';..) od. unten rechts kleine Zahlen (1, 2, 3,...) beisetzt, auszudrücken. Das Bedürfniß allgemeiner Z. wurde erst fühlbar, nachdem man sich mit der Verbindung der besonderen durch die verschiedenen Rechnungen bekannt gemacht hatte. Wie man mit Hülfe sehr weniger Zeichen alle bestimmten Zahlen nach einem sehr einfachen Gesetze ausdrücken könne, s. Zahlensystem. Die meisten uns bekannten Arten zu zählen gehen bei ihren Benennungen u. zum Theil auch bei der Bezeichnung von den Fingern u. Z. eben aus, indem sie entweder blos zu den Fingern einer Hand, od. beider Hände, od. der Hände u. Füße zusammen zählten u. eine dadurch abgegrenzte Zahl mit einem einzigen Namen u. Zeichen bezeichneten. Was die verschiedenen Weisen betrifft die Zahlen kurz durch sichtbare Zeichen auszudrücken, so lassen sich dieselben mit Ausschluß unserer jetzigen Zahlensysteme in vier Klassen bringen: a) die der Nebeneinanderstellung (Juxtaposition); b) der Vervielfachung od. Theilung des Werthes durch darüber od. darunter gestellte Zeichen; c) der Vervielfachung des Werths durch Coefficienten; d) der Vervielfachung u. Theilung durch Abtheilung von Zahlschichten, deren Werth sich in geometrischer Progression vermindert. Die erste Methode befolgten die Tusker, Römer, Mexicaner, Ägyptier u. theilweise auch die Griechen. Die einfachen Zeichen der Römer sind I, V, X, L, C, IƆ od. D, CIƆ od. M bezüglich für 1, 5, 10,5 0, 100, 500, 1000. Aus diesen werden alle Zahlen dadurch gebildet, daß man die Zeichen für möglichst größere Werthe unmittelbar neben einander stellt u. mit den kleinsten Werthen endigt, so ist 2 = II, 3 = III, 6 = VI, 40 = XXXX, 300 = CCC etc. Steht das Zeichen für den kleinern Werth zur Linken des. Zeichens für den größern Werth, so ist jenes subtractiv zu nehmen, wie in IV = 4, IX = 9, XL = 40 etc. Die Hebräer bezeichnen die Einer mit den neun ersten Buchstaben ihres Alphabets, die Zehner mit den neun folgenden u. die vier ersten Hunderter mit den letzten Buchstaben desselben. Alle übrigen Zahlen bis an 1000 wurden durch Nebeneinanderstellung ausgedrückt. Die Tausender aber wurden wie die Einer mit zwei darüber gesetzten Punkten bezeichnet. In ähnlicher Weise verfuhren die Griechen bei ihrer Zahlenbezeichnung. Bei ihnen wurden die Einer, Zehner u. Hunderter mit lauter verschiedenen Buchstaben ihres Alphabets u. drei Episemen bezeichnet. Ein unter die Zeichen für die Einer gestellter Strich vertausendfachte den Werth des Zeichens, so wie ein darunter gestelltes od. darein gezeichnetes M (d.i. μυριάς = 10,000) das 10,000 fache des ursprünglichen Werths bedeutete, z.B. od. = 50,000. Die anderen Zahlen wurden durch Juxtaposition gebildet. Ein Strich oben zur Rechten einer Zahl bedeutete einen Bruch, welcher 1 zum Zähler u. die Zahl zum Nenner hat, wie ζ = 1/7, πή = 1/88. Die Hebräer u. Griechen wendeten also theilweise die zweite der oben angegebenen Methoden an. Ähnliches, nur in viel vollkommenerer Weise, hat Silvestre de Sacy von den arabischen Gobarziffern nachgewiesen, welche derselbe in einem Manuscripte aus der Bibliothek der Abtei St. Germain du Près entdeckte. Dort werden die Zehner, Hunderter, Tausender durch Punkte ausgedrückt, welche man den Zeichen für die Einer beifügt, so daß 3., 3.., 3.: bezüglich = 30,300, 3000 ist. Die Methode der Vervielfachung des Werths durch Coefficienten findet sich bei Diophantos u. Pappos, wo z.B. β Mv = 2mal 10,000 = 20,000 ist. Unsere jetzige Bezeichnungsart haben im Wesentlichen die Inder schon in den frühesten Zeiten gehabt u. sie ist erst von diesen auf die Araber übergegangen, nach denen wir unsere Zeichen Arabische Ziffern nennen. Nach Sedillot ist die indische Rechnungsart in die Abendländer durch den Inder Rihan Muhammed Ebn Ahmet Albiruni gekommen. Die gewöhnliche Ansicht ist, daß die Araber diese Rechnung mit nach Spanien u. daß Gerbert (der nachherige Papst Sylvester II.) um 1000 sie von dort nach Italien gebracht. Die Verbreitung der Rechnung mit dekadischen Zahlen ging im Abendlande langsam von Statten. Aus einer 1202 abgefaßten arithmetischen Schrift des Leonardus Pisanus ergibt sich, daß sie zu Anfange des 13. Jahrh. selbst unter den Kaufleuten noch nicht sehr verbreitet war. In öffentlichen Aufschriften erschienen nach Gatterer die Ziffern erst vom 14. Jahrh. an u. in Urkunden höchst selten vor dem 15. Vgl. Humboldt, Über die bei verschiedenen Völkern üblichen Systeme von Z. etc., in Crelles Journal für Mathematik, Bd. IV., S. 205 ff.; Weidler, Spicilegium observationum ad histor. notarum numeralium pertinentium, Wittenberg 1755; Derselbe, De characteribus numerorum vulgaribus et eorum aetatibus, ebd. 1727; Mannert, De numerorum quos arabicos vocant vera origine pythagorica, Nürnb. 1801.