1. Am heiligen Georg (23. April) säe deine Gerste, Sanct-Marks (25. April) ist's zu spät.
Allgemein: Der kleinste Aufschub schadet.
Frz.: A la saint George sème ton orge. (Leroux, I, 78.)
2. An Georgi soll sich ein Rab' im Korn verstecken können.
3. Armer Georg, reicher Jakob. (Oels.) – Boebel, 21.
In Luzern: Arme Jeri, riche Jakobi.
4. Auf Sanct-Georg zeigt sich die Schwalbe einen Blick und zieht sich bald wieder zurück. – Boebel, 20.
5. Auf Sanct-Gürgen soll man die Kühe von der Weide (Wiese) schürgen. (S. ⇒ Jürgetag.) – Boebel, 20.
6. Auff Sanct-Georgens güte stehn alle Bäum inn der blüte. – Henisch, 1501, 61.
Lat.: Die boni Georgij in flore stant cunctae arbores. (Henisch, 1501, 63.)
7. Georg heissen viele, aber nur einer hat den Drachen erschlagen.
8. Georg und Marx (25. April) hei eister öppis Arg's. (Solothurn.) – Schild, 114, 124.
9. Hätt' ich Herzog Georgens von Baiern Gut, und der von Ulm ihren Muth, und Herzog Christoph's von München Leib, und Herzogs Sigismund von Oesterreich Weib und der von Nürnberg Witz, ich geb' um alle Sachsen nicht einen Switz.
Das Sprichwort will keine Verachtung der Sachsen aussprechen, sondern nur sagen: Wenn ich die genannten Dinge hätte, so wollte ich selbst das beste Land in Deutschland, Sachsen, nicht haben. – Der wegen seines Reichthums hier sprichwörtlich gewordene Herzog Georg von Baiern vermählte sich 1475 mit der Tochter des Königs Kasimir von Polen. Die Hochzeit wurde mit grosser Pracht gefeiert. Die Braut war von dem polnischen Grafen von Lublin begleitet worden, einem Manne, der, auf seine ritterliche Tapferkeit und Körperstärke pochend, nur mit Verachtung auf die deutschen Ritter herabschaute. Er forderte dieselben zu einem Scharfrennen auf, in der Hoffnung, bestimmt Sieger zu bleiben. Keiner aber wollte es mit ihm aufnehmen. Da veranlasste Herzog Georg den Kaiser Friedrich III., den Herzog Christoph, mit dem Beinamen der Kämpfer, von München, einzuladen und ihm die Rettung der deutschen Ehre zu empfehlen, welche Aufgabe er aufs rühmlichste löste. Dieser Christoph (geboren 1449 und gestorben 1493) war von ungeheuerer Leibesstärke. [1556] Noch bewahrt man zu München Zeichen derselben, z.B. wie hoch er springen konnte, sowie einen grossen Stein, den er mit dem Fusse fortschleuderte. – Herzog Sigismund von Oesterreich war sechzig Jahre alt, als er sich im Jahre 1484 mit der ausgezeichnet schönen Prinzessin Katharina, der sechzehnjährigen Tochter des Herzogs Albrecht von Sachsen verband und mit seiner schönen, jungen Gemahlin sprichwörtlich wurde. – Was den ulmer Muth betrifft, so könnte man ihn für Fröhlichkeit erklären, da man beobachtet haben will, dass gerade in den kleinsten Reichsstädten der meiste Frohsinn geherrscht habe; aber diese Stadt rechtfertigt den sprichwörtlichen Ausdruck in seiner buchstäblichen Bedeutung. Es gehörte Muth dazu, nicht allein den Münster zu begründen, sondern auch zu vollenden; Muth, sich den mächtigen bairischen Fürsten entgegenzusetzen; Muth, 1484 eine gänzliche Reformation der Mönche und Nonnen zu unternehmen und auszuführen; Muth, durch verdeckte Kanäle und Schleusen für die Reinlichkeit der Stadt zu sorgen, Fabriken zu errichten u.s.w. Bekannt ist ferner, welchen Antheil Ulm an der Errichtung des Schwäbischen Bundes gehabt hat. (Vgl. Canzler und Meissner, Für ältere Literatur und neuere Lectüre, Jahrg. 1783-84, Stck. 3, S. 22, wo das Sprichwort, vorzüglich aus dem Fuggerischen Ehrenspiegel, erläutert wird.)
10. Ist Georgi warm und schön, wird man noch rauhes Wetter sehn.
11. Kommt Sanct-Georg auf dem Schimmel geritten, so ist das Frühjahr wohl gelitten. (Memel.) – Boebel, 20.
12. Sanct-Georg bringe statt seines Fahnen alle Leiden Job's (Hiob's) den Ketzern auf den Hals.
13. Sanct-Georg kommt Lork und Stork1. (Oschersleben.) – Boebel, 20.
14. Sanct-Georg und Sanct-Marks drohen uns viel Args. – Boebel, 20; Orakel, 467; Simrock, 3413.
In Luzern: Jeri und Marx dräuen viel Args. – Diese beiden Tage stehen wie Pancratius und Servatius (12. und 13. Mai) in keinem guten Rufe, was keineswegs den Heiligen zur Last gelegt werden darf, sondern vielmehr auf Rechnung der frühen Jahreszeit zu schreiben ist. Auch die Czechen sagen, dass sie durch Frost schrecken. (Orakel, 468.) In der Champagne heisst es: Sanct-Georg, Sanct-Nikolaus und Sanct-Mark sind drei schlimme Burschen. (Reinsberg VIII, 123 u. 124.)
15. Sanct-Georgi Pferd (24. April) tritt den Hafer in die Erd'.
16. Sünte Gurres küemt de Fuorsk in't Water. (Iserlohn.) – Woeste, 60, 43.
17. Um Georgi gehen die Wiesen ins Heu. (S. Jürgen u. Wiese.) – Graf, 69, 50.
D.h. die Schonzeit der Wiesen, in welcher das Servitut des Weiderechts nicht ausgeübt werden darf, beginnt mit dem 23. April. Die Russen bezeichnen das Wachsthum des Grases mit dem Spruch: An Georgi mit dem Korbe, aber an Nikola mit dem Wagen. (Reinsberg VIII, 135.) Die Esten sagen: Georg bläst die Rinde des Laubholzes los (Orakel, 465), um auszudrücken, dass um diese Zeit sich die Rinde dieser Holzarten löse.
18. Vor Georgen (Jorgen) muss der Sommer erworgen.
Die Serben versichern: Es gibt keinen Sommer vor Georgi und keinen Bruder, so lange die Mutter nicht niederkommt. (Orakel, 454; Reinsberg VIII, 122.)
19. Vor Georgi trocken, nach Georgi nass. (Strehlen.) – Boebel, 21.
20. Wann vmb Georgj ein Rab sich im Rocken (Korn) verbergen kann, deutets auf ein gut Jahr. (S. Rabe.) – Henisch, 1501, 66; Orakel, 460-462; Boebel, 20.
In Oberösterreich heisst es: Um Georgi soll das Korn so hoch sein, dass sich eine »Kran« darin verstecken kann. Auch soll man von diesem Tage an nicht mehr ins Wieseland gehen. Man mischt ferner an demselben das erste mal wieder den Rindern etwas Grünes ins Futter. Der Bär geht am Georgitage vom Loche, um nicht mehr in dasselbe zurückzukehren. (Baumgarten, 47.) Die Russen sagen: Wenn Georg mit Wärme kommt, so kommt Nikolaus (9. Mai) mit Futter. Auch: Sanct-Georg füttert die Kühe, Nikolaus die Pferde, der heilige Elias (20. Juli) beginnt den Schnitt, die allerreinste Mutter Gottes (8. Sept.) beendet ihn und die Fürsprecherin Maria (1. Oct.) räumt das Feld. (Orakel, 464.) Sie lassen sich aber auch den Georgitag mit Kälte gefallen, indem sie sagen: Wenn es an Georgi friert, gibt's auch unter den Gebüschen Hafer. (Orakel, 469; Reinsberg VIII, 122 u. 124.)
21. Was bis Sanct-Georgi die Reben treiben, wird ihnen nicht bis Gallus (16. Oct.) bleiben.
In Böhmen sagt man: Was wir bis Georgi am Weine sehen, das lesen wir nicht an Sanct- Galli. (Orakel, 470.)
[1557] Auch die Franzosen zählen neben Markus, Jakob und Kreuzlein den Georg zu den auf den Weinbau einflussreichen Tagen: Georget, Marquet, Jacquet, Croisset, ces quatre font du vin marché. (Orakel, 471.)
Frz.: Georget, Marquet (25. April), Vitalet (28. April) et Croiset (3. Mai) s'ils sont beaux, font du vin parfait. (Cahier, 810.)
22. Wenn vor Georgi Regen fehlt, wird man nachher damit gequält.
*23. Sie haben H. Georgen zum Gefattern gebeten vnd weil sie jn haben truncken gemacht, so wird er jhnen noch in den Busen speien. – Luther's Tischreden (Leipzig 1577), 248b.
Wenn man mit jemand in geschäftliche oder freundschaftliche Beziehungen tritt, den man später gern wieder los sein möchte.
24. Avff S. Georg vnd Marci gut achtung hab, dann es seynd zween gefährliche Tag, warumbs auff Georgi gemeinigklich thut regn, ein klare vrsach diss anzeiget ebn. Dann etlich Sterlein, Hyades genandt, den gemeinen Bawren wol bekandt, im Stier stehend, damal in der Sonn aussgehn, darinn Vngewitter vnd Regen tröhn. – Lins.
25. Zu Georgi naus, zu Micheli wieder nach Haus. (Franken.)
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