Null (Subst.)

Null (Subst.).


1. Der Null fehlt nichts als ein Schwanz zur Neun.

Damit aber auch gerade genug.


2. Ein Noll gilt nichts; setzt man aber ein starcke Ziffer darzu, so gilt sie sehr viel.Lehmann, 262, 7; Törning, 12.

Man spricht in der Regel sehr verächtlich von der Null, weil sich nur wenige dessen bewusst sind, dass an dem ungeheuern Umschwunge, der durch Einführung der arabischen Ziffern in der allgemeinen Bildung stattgefunden hat, die Null einen sehr wesentlichen Antheil hat. In einem Artikel: Zur Geschichte der Zahlen und Ziffern (Schles. Zeitung, 1871, Nr. 259) heisst es: »Gibt es im Himmel goldene Kronen für die hehren Wohlthäter der Menschheit, dann flimmert auf deinem Haupte, du herrlicher Null- Entdecker, das von Engeln aus Licht und Sternenglanz gegossene Diadem im Ruhmesschein; dann kreisest du mit denen, die der Menschheit das Beste vom Himmel heruntergeholt haben. Denn dass der ungeheuere Fortschritt der Civilisation in den letzten Jahrhunderten, die stolzen Entdeckungen im Bereiche der Natur und ihrer Geheimnisse, die unermesslichen Errungenschaften im Fache der Mechanik, welche die Kräfte tausendfach vervielfältigen; dass alles dies ohne die sogenannten arabischen Ziffern so gut wie unmöglich gewesen wäre, springt in die Augen. Zwei Momente sind es, wodurch sie diese ausserordentliche Wirkung hervorbringen: das eine ist der Stellenwerth, das andere – die Null mit ihrer selbstlos bescheidenen Allmacht. Sie ist selbst nichts, und kann doch jedes einzelne bis zur Grösse [1068] der Unendlichkeit erheben. Selbst werthlos erhöht sie durch ihre Geselligkeit alles im Werth. Bald klemmt sie sich in die Mitte der Reihe, um die Blösse einer Abwesenheit mit ihrem Leibe zu decken; bald stellt sie sich vorn hin, um allzu grosse Ansprüche zu dämpfen.«


3. Eine Null allein gilt nichts.

Aber sie besitzt das Vermögen, der geltenden Ziffer den Werth zu erhöhen. »Wie viel Nullen fasst nicht die Welt; aber siehe, der grosse Rechenmeister setzt eine Eins vor, und sie zählen.« (Witzfunken, IVa, 185.)

Dän.: Et null gielder intet, men sætter man et stark Chiffer dortil, gielder det meget. (Prov. dan., 432.)


4. Ist einer ein Noll, so trachte er dahin, das er sich einer ansehnlichen Ziffer zur seite stell, so gilt er viel.Lehmann, 773, 19.


5. Null von (für, mit) Null geht auf.Frischbier2, 2806.

Frz.: Trois de trois ne reste rien.


6. Null zu Null gibt Null.B. Goltz, Die Bildung, I, 23.


7. Nullen gelten nur, wenn eine Zahl an der Spitze steht.

»Ahnen sind für den nur Nullen, der als Null zu ihnen tritt. Steh als Zahl an ihrer Spitze, und die Nullen zählen mit.« (W. Müller, 56.)


8. Nullen haben einen grossen Werth, wenn sie am rechten Orte stehen.Mayer, II, 78.


9. Wo eine Null steht, hat auch eine Neun Platz.


*10. Eine Null ohne Ziffer.Eiselein, 496.

Holl.: Hij îs eene nul in't cijfer. (Harrebomée, II, 131b.)


*11. Er ist die Null, ich bin die Eins.

Holl.: Het is altijd nul; ik houd er één. (Harrebomée, II, 131.)


*12. Er ist eine wahre Null.

Seine Stimme gilt nichts.

Engl.: To stand for cypher. (Bohn II, 155.)

Frz.: C'est un zéro en chiffre. (Lendroy, 420.)

Lat.: Vulturis umbra. (Philippi, II, 263.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873, Sp. 1068-1069.
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