1. A lediger Leib ist Goldes werth; wer's nett glaubt, ist Henkers werth. (Deisslingen.) – Birlinger, 345.
2. Alles auf dem Leibe und nichts darin.
Frz.: C'est la reine d' Antioche qui mange plus de pain que de brioche. (Masson, 592.)
3. Am Leibe abstraffen vnd darzu schelten, ist zu viel. – Lehmann, 727, 11.
Engl.: Great boast, small roast. (Masson, 295.)
4. An leib, an ehr, an gut schadt vngetrewer muth. – Henisch, 813, 60.
5. An Leib, Verstand vnd Gut, der volle Wein schaden thut. – Petri, II, 13.
6. Bei lebendigem Leibe und mit sehenden Augen zu Grunde gehen.
7. Bei Leibe nicht, bei Leibe nicht, bleib' du bei meinem Weibe nicht. (Alt-Pillau.)
8. Besser der Leib komme in Gefahr, denn dass die Seel' zum Teufel fahr'.
Lat.: Vitia animi curanda prius, quam corporis. (Philippi, II, 258.)
9. Besser ein vngesunder Leib vnd Gottes Huld, denn ein gesunder vnd Gottes Zorn. – Petri, II, 36.
10. Beter wat in't Lîf as um't Lîf. – Goldschmidt, 141; Bueren, 73; Eichwald, 1182; Frommann, II, 390, 65; Kern, 499; Hauskalender, II.
Dem Deutschen steht eine gesunde Kost höher als elegante Kleidung; er legt den Ton auf das Sein und nicht auf den Schein. Einem Wirth, der durch Zierlichkeit der Tischgeräthe und geschmackvolle Ausschmückung des Speisesaals derbe Speisen ersetzen wollte, würde der Oldenburger sagen: Man kan der nich sat von wêren. (S. ⇒ Kragen 8.)
11. Der hungrige Leib zu Tische, der müde Leib zu Bette.
Ein Sprichwort unter Landleuten.
12. Der Leib dem Galgen, und die Seele, wer sie will (bekommt).
Holl.: Het lijf der galg, en de ziel den genen, die ze wil. (Harrebomée, II, 30.)
13. Der Leib gehet, wie jhn das Aug führet. – Henisch, 1435, 58; Petri, II, 99.
14. Der Leib heisst Falck. – Henisch, 979, 38.
Bei Tunnicius (1010): Dat lyf hêt falke. (Qui semel extinctus praesens sibi vita negatur.) Nach Harrebomée soll der Sinn des Sprichworts sein: Wie der Falk ein edler Vogel ist, so ist das Leben für den Menschen von hohem Werth. Dagegen bemerkt Hoffmann von Fallersleben in seiner Ausgabe des Tunnicius (180, 1010): »Das Sprichwort scheint mir gerade das Gegentheil [4] sagen zu wollen. Der lebende menschliche Leib ist etwas sehr Edeles wie der Falke; wenn dieser Leib aber todt ist, so geht's ihm wie dem todten Falken, dann ist er ebenso unwerth wie dieser.« Er begründet seine Ansicht durch ein Wort, das Eiselein (159) aus Geiler anführt und das im Sprichwörter-Lexikon unter Falke 18 aufgeführt ist.
Holl.: Dat lijf heet valc. (Tunn., 24, 9; Gruter; Prov. belg., I, 113; Harrebomée, II, 30.)
Lat.: Hoc vulgus fatur, quod corpus falco vocatur. (Gartner, 25a u. 119a; Fallersleben, 714; Henisch, 979, 139.)
15. Der Leib ist näher als das Hemde.
16. Der leib ists hauptgut. – Franck, I, 159b; Gruter, III, 17; Lehmann, II, 80, 94; Simrock, 6298; Graf, 153, 79.
Wo nach den Gesetzen Gemeinschaftlichkeit der ehelichen Güter besteht, bleibt die ⇒ Witwe (s.d.) nach ihres Mannes Tode in der empfänglichen Hand sitzen und ist als überlebender Ehetheil aller nachgelassenen Güter ihres verstorbenen Mannes nächster Erbe. Der Leib ist Hauptgut; Vermögen die dazu gehörende Nebensache.
17. Der Leib muss hülle vnd fülle, Futter vnd Dreck haben. – Theatrum Diabolorum, 529a.
»Wie man sagt.«
18. Der Leib muss sein der Seele Knecht, wenn du willst leben schlecht und recht.
Tauler: »Der Leib soll sein ein Knecht der Seele, die Seele eine Dienerin des Geistes.« (Zinkgref, I, 176.)
19. Der Leib von aussen zeiget frei, ob drinnen wohne Schelmerei. – Parömiakon, 125.
20. Der letzte Leib soll das Gut halten. – Graf, 153, 81.
»Dat letzte lyff sall dat guidt holten«. (Steinen, I, 5, 1512.)
21. Der nächste Leib, Mann vor Weib, der Aelteste auf der Strasse. (S. ⇒ Lehn 8.) – Graf, 559, 63.
Holl.: Het naaste lijf, de man vóór't wijf, de oudste op de straat, komt het leen te baat. (Harrebomée, II, 30.)
22. Der nächste Leib nimmt das Erbe. – Graf, 200, 105.
Der dem ⇒ Grade (s.d. 3) nächste Verwandte erbt. (S. ⇒ Nächster.)
Fries.: Dat neste lyf aegh dat eerwe. (Richthofen, 432.)
23. Der schönste leib muss eben so wol zu aschen werden, als der voller brüch vnd alter schäden ist. – Henisch, 527, 1; Petri, I, 19.
24. Der zarteste Leib hat vorn ein W. – Eiselein, 417.
25. Des Leibes bist du ledig, Gott sei der Seele gnädig. – Eiselein, 418.
Ein Mahnruf.
26. Des Leibes Straf' hebt alle Geldstraf' auf. – Graf, 341, 344.
27. Des Leibes Wollust auff der Erd ist dess Teuffels Vogel Herd. – Petri, II, 118.
28. Eigen leib ist ein dieb. – Henisch, 829, 38.
29. Ein gesunder Leib ist besser dann Gelt vnnd Gut. – Petri, II, 190; Henisch, 322. 25.
Lat.: Recte valere et sapere duo sunt vitae bona. (Seybold, 523.)
30. Ein gesunder Leib ist besser, denn gross Gut. – Pred. Sal. 30, 15; Henisch, 322, 25; Schulze, 170; Zaupser, 396.
Lat.: Si ventri bene, si lateri, pedibusque tuis, nil divitiae poterunt regales addere majus. (Horaz.) (Philippi, II, 193.)
31. Ein gesunder Leib ist wie ein Musicalisch Instrument, so die saiten verletzt werden, hat man lang dran zu stimmen, biss sie wider zur harmonie kommen. – Lehmann, 304, 41.
32. Ein gesunder starcker leib, ein frölich freundlich weib; freund, die einander sind gleich, diese stück sind vom Himmelreich. – Gruter, III, 26; Petri, II, 190; Henisch, 1582, 36; Mathesy, 258a; Lehmann, II, 147, 26.
33. Ein gesunder starcker leib, ein schön Gottseelig weib, gut geschrey vnd bar gelt ist das best in dieser Welt. – Henisch, 187, 22; Petri, II, 190.
34. Ein jeder Leib hat seinen schatten vnd seinen mangel. – Lehmann, 1582, 40.
35. Ein kleiner Leib kann einen grossen Schatten machen. – Winckler, XVIII, 90.
36. Ein kleiner Leib macht keinen grossen Schatten.
37. Ein Leib, der voll, schickt sich zum Beten nicht wohl. – Parömiakon, 1938.
38. Ein Leib ohne Herz ist eine Uhr ohne Feder.
[5] 39. Ein schöner Leib vol vntrew zieret vbel. – Petri, II, 225.
40. Ein weiter Leib vnnd reiffer Mist gar leicht vnd wol zu scheiden ist. – Petri, II, 236.
41. En gesundet Lîf, en fründliket Wîw, Fründ' enander glîk, sünd dre Stück vom Himmelrîk. (Oldenburg.) – Hochdeutsch bei Gaal, 703.
42. En ledige Lîb ist Gälds wärth. – Sutermeister, 123.
43. Erst in't Lîf, denn up't Lîf. – Schambach, II, 169.
44. Es geht leib vnd gut mit einander. – Eyering, II, 480.
45. Es ist ein Leib ohne Seele. – Eiselein, 417.
46. Es ist nichts über einen gesunden Leib.
47. Es ist nichts über einen gesunden Leib und gute Vernunft.
48. Et kümt alles in ein Lîf. – Schambach, II, 47.
Wird von denjenigen gebraucht, welche vielerlei Speisen durcheinander essen oder zu essen empfehlen.
49. Feiler Leib hat Sold genommen.
50. Geh mir vom Leibe, sagte der Lumpen zum Fetzen.
Die Czechen: Der Lumpen schimpft den Fetzen und beide sind zerrissen. (Reinsberg IV, 48.)
51. Gesunder leib ist vber all reichtumb. – Franck, I, 75a; Gruter, I, 43; Henisch, 1582, 44; Mathesy, 201a; Petri, II, 336.
52. Gesunder Leib schläft wohl.
53. Grosse Leibe, kleiner Verstand.
Dän.: Stor krop, liden forstand. (Prov. dan., 361.)
54. Grosser Leib kommt nett von kleinen Linsen. – Birlinger, 346.
55. In einem gesunden Leib soll auch eine gesunde Seele wohnen.
Lat.: Orandum est, ut sit mens sana in corpore sano. (Seybold, 421.)
56. In ênen Lîv sitt en lütjen Dêf. – Schütze, I, 209.
57. In schönem leib wont ein freundlich weib. – Lehmann, 148, 125; Eiselein, 417; Simrock, 6300.
58. Ist der Leib warm, fragt er nichts, ob Seid' oder Wolle ihn wärmt.
59. Ist nicht der Leib mehr als die Kleydung? – Gruter, III, 55.
60. Je gesunder der Leib ist, je mehr er jhm vnflat aussfegt. – Petri, II, 391.
61. Je länger Leib, je länger Gut. – Graf, 153, 76; Estor, I, 158, 370.
62. Je näher dem Leibe, je schlechter der Anzug.
63. Je weichlicher Leib, je frecher Gemüth.
64. Jeder Leib hat seinen Schatten (Mangel).
65. Kleine Leibe, starcke Leibe. – Petri, II, 424.
66. Langer Leib, länger Gut.
Vgl. darüber G. Ant. von Halem, Blätter vermischten Inhalts, Oldenburg 1791, Bd. 1, Hft. 3.
67. Länger Liw, länger Gôd. – Goldschmidt, 80; Hillebrand, 130.
68. Längst Leib, längst Gut. – Eisenhart, 289; Pistor., I, 55; Hassl., 41; Hertius, I, 68; Estor, I, 307; III, 432; Reyscher, V, 204; Hillebrand, 129; Runde, 607; Eiselein, 417; Sailer, 256; Simrock, 6295a; Körte, 3747; Halem in Nopitsch, 75; Masco in Nopitsch, 53.
Von der Erbfolge unter Ehegatten, inwiefern sie aus Gütergemeinschaft entsteht. Der überlebende Ehegatte behält, wo keine Kinder vorhanden sind, das übergebliebene Gut; so bleibt dem Ueberlebenden, der unter dem »längsten Leib« zu verstehen ist, das sämmtliche Vermögen, sodass alle Verwandten des Verstorbenen von der Erbschaft ausgeschlossen werden, sogar wenn sie im Testament bedacht wären.
Ostfries.: Laenger Liw, laenger Good. (Goldschmidt, 80; Hillebrand, 130, 185.)
69. Lediger Leib ist Goldes werth; der Centner kostet einen Heller1. – Simrock, 6302; Körte, 3750; Braun, I, 2212.
1) Setzt der die Junggesellenschaft nicht hochachtende Schweizer hinzu.
70. Leib an Leib, Gut an Gut. – Eisenhart, 137; Hertius, I, 69; Hassl., 42; Pistor., IV, 33; Estor, I, 367; Hillebrand, 122, 169; Runde, 607; Eiselein, 417; Simrock, 6294; Sailer, 251; Körte, 3718; Grimm, Rechtsalt., 449.
Von der Gütergemeinschaft unter Eheleuten. Es will sagen: da Eheleute ihre Leiber einander geben, auch [6] die Güter unter ihnen gemein sein müssen, sie also Gut und Blut zusammen verheirathen und der überlebende Ehegatte den Verstorbenen ganz allein mit Ausschliessung der nächsten Anverwandten, wenn keine Kinder vorhanden sind, beerbt. Nach der Zeitschrift für deutsches Recht (X, 19) ist der Rechtsspruch schon im 15. Jahrhundert bekannt und kommt im nürnberger Stadtrecht vor.
71. Leib, bubber' nicht, hast im Sommer gut gelebt. (Alt-Pillau.)
Bubbern = beben, namentlich vor Frost und Unwohlsein.
72. Leib für Leib. – Graf, 336, 294.
In den alten deutschen Rechtsbüchern beschränkt sich das Wiedervergeltungsrecht (Jus talionis) auf die äussere Gleichartigkeit des zu vergeltenden Uebels. Ursprünglich denselben fremd, ging es aus dem mosaischen Recht in dieselben über. In der Einleitung zu den angelsächsischen Gesetzen des Königs Alfred heisst es schon: »Wenn jemand dem andern das Auge ausschlägt, so geb' er sein eigenes dagegen, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuss um Fuss, Brand um Brand, Wunde um Wunde, Beule um Beule.«
Altfries.: Lyff voor lyff. (Richthofen, 511, 12.)
73. Leib für Leib, Glied für ⇒ Glied (s.d. 18). – Graf, 336, 295.
Altfries.: Lyff wer lyff ende led weer leed. (Richthofen, 515, 58.)
74. Leib, muckse nicht, wenn der Geist spricht.
It.: Il corpo deve servir all' anima, non l'anima al corpo. (Pazzaglia, 68, 1.)
75. Leib ohne Ehr' hält man für todt. – Klingen, 41a, 1; Graf, 342, 370.
Wer durch eine Strafe ehrlos geworden, galt für bürgerlich todt, weil die bürgerliche Ehre des Mannes höchstes Kleinod ist.
76. Leib um Leib, Gut um Gut. – Graf, 153, 71.
Im Stadtrecht von Schwerta heisst es: »Lyff ümme lyff, Guidt ümme guidt.« (Steinen, I, 5, 1512.)
77. Leib und Gut gehen miteinander. – Hillebrand, 123, 173; Pistor., VI, 69; Simrock, 6296.
In Bezug auf die Gütergemeinschaft unter Eheleuten.
78. Leib und Lähmung muss man mit Land besetzen. – Graf, 300, 118.
In sehr vielen Fällen konnte nach deutschem Recht, wer ein Strafgesetz übertreten, durch Stellung eines Bürgen sich vor persönlicher Haft schützen. Bei schweren Verbrechen aber, wo die Flucht des Thäters zu erwarten war, liess man, um nicht die Strafverfolgung zu vereiteln, entweder gar keine Bürgschaft zu, oder sie wurde, was der Sinn des obigen Sprichworts ist, in Liegenschaften gefordert.
Altfries.: Lif and lemethe skel ma mit londe bisetta. (Hettema, I, 191, 211.)
79. Leib und Noth scheiden alle Gebot. – Oec. rur. I, 16.
»Vmb essender Waar willen kann man keinen hengen.«
80. Leib und Seele lacht, wenn man sich früh aufmacht.
81. Man mot sinem Liwe kene Stêfmoime (Stiefmutter) sein. (Hannover.) – Schambach, I, 228.
82. Mancher ist mit dem leib gegenwärtig vnd mit dem Hertzen in der fern. – Lehmann, 247, 29.
83. Mancher sorgt für seinen Leib mehr als für seine Seele.
Schwed.: Mången sörier mehr för Sijfwet, än Siälen. (Grubb, 557.)
84. Mit gesundem Leib und gutem Gewissen ist gut schlaffen. – Sutor, 583.
85. Mit leib, blut vnd gut sitzt man ins Keisers reich; mit glaub vnd gewissen in Gottes reich. – Henisch, 438, 48; Sailer, 228; Simrock, 3949.
86. Mit 't vulle Lîf studêrt sick nich gôd. – Hauskalender, I.
87. Niemand kann sein Leib und Gut zusammen verbrechen. – Eisenhart, 617; Simrock, 6299; Eiselein, 417.
Noch aus der Zeit, als es Reichsgrundsatz war, dass der, welcher an Leib und Leben bestraft wurde, nicht gleichzeitig zu einer Geldstrafe verurtheilt, am allerwenigsten mit der Einziehung seines Vermögens bestraft werden konnte. Man ist später von diesem Grundsatze abgekommen.
Frz.: On ne peut tenir le corps et les biens. (Loysel, 801.)
88. Niemand kann seines Leibes Länge eine Elle zusetzen.
Dän.: Ingen kand giøre sit legem længere, eller forstand større. (Prov. dan., 380.)
[7] 89. Niemandt kann seinen leib erlengern vnd niemand seinen verstandt ergrössern. – Lehmann, 797, 7.
Lat.: Splendescit vsu ratio, inusu agit situm. (Lehmann, 797, 7.)
90. Schwach von Leib ist starck von rath. – Petri, II, 503.
91. 'T treckt sich all nâ'n Lîw', säd' de Snîder, un sett't den Aermel ins Taschenloch. (Mecklenburg.) (S. ⇒ Ziehen.)
92. Up 'n grautet Lîw gehört sick 'ne graute Böcks (Hose). (Minden.) – Firmenich, I, 359, 3.
93. Vber einen grossen Leib gehört ein gross Kleid. – Petri, II, 553.
94. Vber viel Leibe gehören viel Kleide. – Petri, II, 553.
95. Verkrüppelt Leib, verkrüppelt Geist.
Dän.: Vanskabt legem, vanskabt sind. (Prov. dan., 559.)
96. Voller Leib ist selten keusch. – Petri, II, 577.
97. Wann der leib ist gnug gefült, das heubt viel eh in freuden quilt (spihlt). – Loci comm., 180; Sutor, 86.
Lat.: Tunc caput est laetum, dape corpus quando repletum. (Sutor, 86.)
98. Was dem Leibe wohl thut, thut der Seele weh.
Böhm.: Co tĕlu líbo, duši žel. (Čelakovský, 26.)
Poln.: Co ciało lubi, to duszę gubi. (Čelakovský, 26.)
99. Was ich im Leibe habe, sagte der Affe, gehört mir, was in den Backentaschen ist, dem Jäger. (Surinam.)
Sicher hat man nur, was man genossen, nicht, was man noch zu geniessen hofft.
100. Was nicht in Leib geht, dass geht in die Säck, wie bey einem, der vor den Morgen nicht wolt sorgen, vnnd ein par Feldhüner zum vorrath sackirt. – Lehmann, 232, 32.
101. Was soll ein Leib, darinn kein Herz ist! – Lehmann, II, 836, 172.
Dän.: Hvad skal et liv da intet hierte udi. (Prov. dan., 388.)
102. Wem ich meinen Leib gönne, dem gönn' ich auch mein Gut. – Eisenhart, 137; Estor, I, 308; Hillebrand, 122, 170; Eiselein, 417; Simrock, 6295; Graf, 152, 60.
Princip der Gütergemeinschaft unter Eheleuten.
103. Wenn der Leib auffhört zu blühen, so welcket die weissheit vnnd vernunfft. – Lehmann, 886, 68.
104. Wenn der Leib gesund soll leben, müssen ihm alle Glieder geben. – Froschm., Ziii.
105. Wenn der Leib (schon) kraftlos, das Herz saftlos, der Kopf sinnlos und die Hände gewinnlos, da ist die Busse heillos. – Parömiakon, 3197.
106. Wenn der Leib seine Arbeit getragen, so lass das Herz fröhlich sein.
107. Wenn der Leib todt ist, so verachten jhn auch die fliegen. – Henisch, 1147, 1; Petri, II, 636.
108. Wenn du am Leibe nicht stark bist, so lerne Weisheit und List; denn magst du diese zweie han, so bist du ein starker Mann. – Liedersaal.
109. Wenn einer also wird am Leib gestrafft, wenn er ein andern hat beschädigt, der hat nicht vrsach zu klagen. – Lehmann, 731, 56.
Lat.: Qui patitur que fecit, nihil acerbi est. (Lehmann, 731, 56.)
110. Wenn man auch den Leib badet, eine schwarze Seele wird nicht weiss davon.
It.: Indarno si lava il corpo, se non si lava l'anima. (Pazzaglia, 16.)
111. Wer einem zu Leibe will, findet leicht aine Ursache. – Kritzinger, 140.
112. Wer Leib und Leben wagen will, ist zollfrei. – Eisenhart, 648; Pistor., I, 99; Simrock, 6303; Graf, 510, 172; Körte, 3749; Braun, I, 2211.
Unter Zoll ist hier das Geld zu verstehen, das man bei der ehemaligen Unsicherheit der Landstrassen an den Landesherrn zahlte, um sich seinen Schutz zu erkaufen. Man musste diese Abgabe nicht zahlen, musste aber dann auch auf sicheres Geleit sowie auf jeden Schutz verzichten, konnte auch ebenso wenig wegen eines erlittenen Verlustes auf Ersatz Anspruch machen.
[8] 113. Wer seinem Leibe etwas zu Gute thun will, kann es nur in Mailand.
114. Wer seinem Leibe gar zu wohl thut, macht selten alte Beine. – Winckler, XIII, 95.
115. Wer seinen Leib nicht acht't, auch seine Seel' veracht't.
Holl.: Hvo ei agter sit liv, agter ei sin siel, som boer deri. (Prov. dan., 20.)
116. Wer seines Leibs schont, der schont eines guten Freunds. – Henisch, 1230, 41; Petri, II, 755.
117. Wer sin Lif verwahrt, der verwahrt gein (kein) dauf Nöte. (Solingen.) – Firmenich, I, 442, 2.
Frz.: Bon chasteau garde qui sait son corps garder. (Leroux, II, 116.)
It.: Buon castello guarda chi 'l suo corpo guarda. (Pazzaglia, 162, 1.)
118. Wir sollen des Leibes also warten (pflegen) wie ein Hinkender1 (Lahmer) seiner Krücken. – Einfälle, 222.
1) Deren er wohl entbehren möchte.
Dän.: Giør dit liv til gode, og ei for meget. (Prov. dan., 388.)
119. Wird der Leib genommen, was hat der Kopf davon? (Hebr.)
120. Wo ein vngesunder leib ist, da sind auch blattern. – Henisch, 408, 47; Petri, II, 803.
121. Wo einer seinen Leib wagt, da mag er auch leicht sein Gut wagen. – Petri, II, 803.
122. Wo man den Leib kasteit, wird er der Keuschheit geweiht. – Parömiakon, 2819.
123. Zwey sein von Leib vnd eins von Muth macht all Vnglück im Ehstand gut. – Petri, II, 830.
*124. A hot en Lêb wie ane Pauke. – Gomolcke, 46; Frommann, III, 412, 482.
*125. A hot's am Lebe, a kons gân. – Gomolcke, 60.
*126. A zehrt vom Lebe wie die Hundaxen. – Gomolcke, 276; Robinson, 235.
*127. Alles upp't Lîv hängen. – Dähnert, 278b.
Sein Vermögen auf Kleider verwenden.
*128. Aever't ganze Lîv gahn laten. – Dähnert, 278b.
Einen Verweis oder eine Strafe abschütteln.
*129. Bei Leib und Leben.
Leib und Leben nur der Alliteration wegen, da Leib in dieser Verbindung, wie im Mittelhochdeutschen sehr häufig, Leben bedeutet. »Drumb rath ich eim jedem bei leib.« (Waldis, II, 49, 31.)
Mhd.: Der keiser wart von zorne rot, by lib vnd leben er gebot. (Diocletian's Leben, 7041-7042.)
*130. Bei Leibe nicht.
»Die krä allein solchs widerräth, vnd sprach: thut solchs bei leibe nit!« (Waldis, II, 85, 9.)
Holl.: Doe dat bij lijve niet. (Harrebomée, II, 30.)
*131. Bey Leib vnd Leben nicht. – Mathesy, I, 23a; Frischbier2, 2391; Hennig, 144.
*132. Da geht mein (sein) Leib und Gut miteinander. – Eiselein, 417; Körte, 3750a.
Von denen, die weiter nichts besitzen, als was sie auf dem Leibe tragen.
*133. Dat geht up Lîv un Leven. – Dähnert, 278b.
Das ist eine Halssache.
*134. Dreimal rund um den Leib.
Die 13 Karten einer Farbe sind so vertheilt, dass jeder der vier Spieler auf dreimaliges Ausspiel bedienen kann, event. bei dem Ausspielen der dreizehnten kommt noch der Zusatz: »und noch'n Ende zum Peitschenstock«. »Wie in Königsberg (vgl. Frischbier2, 1375) dient die Redensart auch in Pommern zur Bezeichnung für schlechten und billigen Taback, in Stettin auch für ›Füsilierwurst‹: Für'n Sechser dreimal um'n Leib«, billigste Leberwurst. Wenn für einen Groschen mit einem mal gekauft wird, soll der Kunde das Ende in die Hand nehmen und aus der Ladenthür gehen; durch ein Sprachrohr ruft ihm dann der Schlächter, wenn es genug ist, Halt! nach, schneidet ab und der Käufer haspelt nach, was ihm gehört.
*135. Een wat up Lif seggn. – Eichwald, 1181; für Pommern: Dähnert, 278b.
Einen fälschlich belügen.
*136. Einem auf den Leib rücken. – Lohrengel, II, 180.
*137. Einem mit Leib und Seele ergeben sein.
Frz.: Etre à quelqu'un à vendre et à dépendre. (Lendroy, 1484.)
*138. Einem nicht vom Leibe gehen.
Frz.: Il le suit comme l'ombre fait le corps. (Kritzinger 489b.)
[9] *139. Einem zu Leibe gehen (wollen).
In Pommern: Enen to Lîwe gahn. (Dähnert, 278b.) Ihn angreifen.
Frz.: Se jeter sur la friperie de quelqu'un. (Lendroy, 791.)
Holl.: Hij wil hem te lijf. (Harrebomée, II, 31.)
*140. Er hängt mit Leib und Seele daran.
Holl.: Hij hangt er met lief en ziel an. (Harrebomée, II, 30.)
Frz.: Il en est jaloux comme un gueux de sa besace. (Lendroy, 127.)
*141. Er hat Leib und Seele verpfändet.
Er ist so mit Schulden belastet, dass er nichts mehr sein nennen kann. Die Römer sagten: Er ist selbst seine Seele schuldig.
Lat.: Animam debet. (Terenz.) (Faselius, 16.)
*142. Er hat nichts am Leibe.
In Pommern: He hett nicks upp'n Lîwe. (Dähnert, 278b.) – Ist sehr dürftig gekleidet.
Holl.: Dat heeft niet veel om't lijf. (Harrebomée, II, 30.)
*143. Er hat nichts in und nichts auf dem Leibe. – Frischbier2, 2392.
*144. Er hat offnen Leib wie ein Jude.
In Warschau jüdisch-deutsch: Er hot Nekijes (Reinigung, Leibesöffnung) wie a güter Jüd. – Die körperliche Reinigung wird bei den Juden auch als Reinigung des Geistes betrachtet. Je frömmer der Jude ist, desto mehr achtet er auf regelmässige und vollkommene Leibesöffnung.
*145. Er hat's nicht auf dem Leib. (Meiningen.)
Hat keine Veranlassung, ist nicht in dem Zustande so gross und wichtig zu thun.
*146. Er ist der Leib der Wahrheit, er stösst die Lüge heraus.
*147. Es ist ein Leib ohne Seele. – Eiselein, 417.
*148. Er ist mit Leib und Seele dafür.
Holl.: Hij is er met lijf en zijl voor. (Harrebomée, II, 31.)
*149. Er ist seinem Leibe keine Stiefmutter.
*150. Er ist seines leibs ein Held (vnd küner degen). – Eyering, II, 136 u. 363.
*151. Er ist seines leibs ein held, darfest dich nit lang nach jm vmbsehen. (S. ⇒ Floh 61.) – Franck, II, 97b.
*152. Er muss mit seinem Leibe umgehen wie die Apostel mit ihren Netzen. – Parömiakon, 1130.
Die da sassen, sie zu flicken.
*153. Er sitzt mit dem Leib darauf, wo die Bergknappen das Schurzfell tragen. – Parömiakon, 1354.
*154. Er soll mir damit (zehn Schritt) vom Leibe bleiben.
*155. Er thut seinem Leibe was zugute
Holl.: Hij doet zijn lijf wat te goed. (Harrebomée, II, 30.)
*156. Gôd bi Lîwe. – Dähnert, 278b.
Wohl aussehend, dick und fett.
*157. Hê hät't upp'n Lîw as'n Schôböst. (Altmark.) – Danneil, 278.
Er ist sehr eifrig und richtet nichts aus.
*158. He hett gên apen Lîf. – Kern, 498.
Uneigentlich: Er kann nicht bezahlen.
*159. He möt't Lîf altîd up de Lêste (Leiste) hebben. – Kern, 509.
Arbeitet nicht gern.
*160. Ich will dir's am Leibe (wieder) abschinden (herunterschlagen).
Lat.: De corio tuo mihi satisfaciam. (Binder I, 290; II, 701; Philippi, I, 112; Seybold, 115.)
*161. Leib und Gut verwirken.
Frz.: Forfaire corps et avoir. (Kritzinger, 324.)
*162. Leib und Leben.
*163. Leib vnd Leben in die schantz schlahen. – Franck, Zeytbuch, CCXXXb.
*164. 'S gît mer am Leibe rim wâ wêss wie sîr. (Schles.) – Frommann, VI, 410, 397.
*165. Sich den Leib voll ärgern. – Frischbier2, 2393.
*166. Wenn's me Leib und Laben kuste, su wiste ich nischte dervon. – Gomolcke, 1104; Frommann, III, 410, 384.
*167. Wo Leib und Seele zusammenkommen. – Eiselein, 417.
168. Bewahr dein Leib vor grosser Kält, vndählich Speiss den Magen gschwelt. Bad, lass, klystier, trinck guten Wein, dein Speiss solln allzeit Gwürzt seyn. Lass hawen Holtz, vnd führen Mist, vnd geh nicht bloss, wie schön es ist. Der Hornung gebiert Kranckheit bald, vermeid Meth, Bier, vnd was sey kalt. – Egerbote, 1877, Februar.
169. Bey gesundem leib, bey guter macht allzeit habe des todes acht. – Loci comm., 127.
Lat.: Esto memor mortis, quo uiuis tempore fortis.
170. Der Leib muss dem Willen und der Wille der Vernunft gehorchen.
Lat.: Hic ordo naturae in homine, ut corpus pareat animo, animus menti, mens Deo. (Sailer, Sprüche, 159, 33.)
171. Es gibt für den Leib keine bessere Arznei, als wenn die Seele rein und frei.
Lat.: Medicina corporis, animae esto puritas. (Sailer, Sprüche, 210.)
172. Gesunter leib ist goldes wert. – Hofmann 37, 145.
173. Je mehr für den Leib, um so weniger für den Geist.
Lat.: Quo curatius corpus, hoc animus neglectior. (Sailer, Sprüche, 155, 23.)
174. Mag der Leib auch sterben, der Geist kann nicht verderben.
Lat.: Divinus animus morte non corrumpitur. (Sailer, Sprüche, 189.)
175. Man soll des Leibes warten, wie ein Hinkender der Krücken. – Harssdörffer, 2598.
Die er am liebsten gänzlich entbehrt. D.h. man soll die Leibespflege nicht übertreiben.
176. Was den Leib bedeckt, das entdeckt das Gemüthe. – Historien-Cabinet, 153.
177. Wer einen Leib hat, nicht zu schwer, und eine Tasche, die nie wird leer, und ein Haus, das voll Nahrung staht, und darin fromme Ehehalten (Hausgenossen) hat, und melke Kuh und fette Schwein, und fromme Knecht, die gern gehorsam sein, und einen Hund nachts [1548] auf der Hut, und ein Weib, die allezeit ist gut, und auch in Ehren steht: der Mann hat ein gut Hausgeräth. – Hertz, 42.
Dieser Spruch steht im Hausflur eines Bauerhauses zu Ohrbau im Ansbachschen.
178. Wer mein leib liebt, vnd nicht mein gut, eim wahren freund wol gleichen thut.
Lat.: Verus amicus erit, qui plus me quam mea quaerit. (Loci comm., 8.)
179. Wer zu seim Leibe tregt kein hass, versorget ihn mit rechter Mass.
Lat.: Cui charus uenter, cibat hunc tractatque decenter. (Loci comm., 1.)
*180. Er weiss seinem Leibe keinen Rath.
Adelung-1793: Leib-Medicus, der · Leib-Page, der · Leib-Regiment, das · Leib-Escadron, die · Leib, der · Leib-Chirurgus, der · Leib-Compagnie, die
Herder-1854: Längst Leib längst Gut
Kirchner-Michaelis-1907: Wechselwirkung von Leib und Seele · Leib
Meyers-1905: Mann und Weib sind ein Leib · Längst Leib, längst Gut
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1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
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