1. Am (im) Schwanz ist das Gift.
Frz.: A la queue est le venin. (Kritzinger, 575a; Bohn I, 3.) – En la queuë et en la fin gît de coûtume le venin. (Kritzinger, 575a.)
Holl.: In het startje zit het venijn. ( Harrebomée, II, 296b.)
2. Am Schwanze kann man's sehen, was für ein Vogel es ist. – Simrock, 10984d.
Nach einem chinesischen Sprichwort kann man am Schwanz noch mehr sehen. Sie sagen nämlich: Ein Hund, der den Schwanz aufrichtet, verachtet seinen Feind, ein Tiger, der ihn niederhält, verschlingt ihn. (Cahier, 2094.)
3. Beim Schwanz ist nicht beim Kopfe. (Wend. Lausitz.)
4. Der muss nicht auf den Schwanz der Schlange treten, der nicht gebissen sein will.
Diese Erfahrung haben auch die Türken gemacht. (Cahier, 2773.)
[418] 5. Der Schwantz zeugt vom Fuchs. – Lehmann, II, 66, 168; Sailer, 182; Simrock, 9334; Körte, 5462.
Dän.: Rumpen bær vidne nok om reven. (Prov. dan., 482.)
Lat.: Cauda de vulpe testatur. (Seybold, 70; Philippi, I, 76.)
Ung.: Farkáról ismeretes a' róka.
6. Der Schwanz der Kuh wackelt auch und fällt doch nicht ab. (Ostpreuss.)
7. Der Schwanz des Esels nützt dem Siebmacher nichts.
Zu Sieben werden wol Pferdehaare, aber nicht die des Esels benutzt.
It.: Coda d'asino non fa crivello. (Bohn I, 88.)
8. Der Schwanz des Hundes wird nie gerade stehen. – Burckhardt, 285.
Von unverbesserlichen Gewohnheiten.
9. Der Schwanz ist oft da, wo man den Kopf sucht.
10. Der Schwanz kommt immer zuletzt.
Holl.: De staart is het kwaadst om te villen. – De staart komt achteraan. (Harrebomée, II, 295a.)
11. Der Schwanz muss dem Fuchs folgen.
Böhm.: Ocas musí za liškou. (Čelakovsky, 344.)
12. Der Schwanz muss nicht dem Kopf befehlen.
Kroat.: Rep glavi nezapovĕda.
13. Der Schwanz schindet sich am schwersten.
Die Beendigung einer Sache macht oft die grössten Schwierigkeiten.
Engl.: The conclusion of an affair is the most difficult part.
Frz.: Il n'y a rien de plus difficile à écorcher que la queue. (Lendroy, 644; Cahier, 599.) – Il n'y a rien si mal-aisé à écorcher que la queuë. (Kritzinger, 258b.)
It.: La coda è peggiore a scorticare. – La coda sempre è la più cattiva da scorticare. (Bohn I, 105.)
14. Ein jeder muss seinen eigenen Schwanz verbitten (vertheidigen).
Auf Sylt: Fuarlet di ek üp Ueddern, Ark mut sin ein stört fuarbed. (Hansen, 16.)
15. Ein kurzer Schwanz ist ein schlechter Fliegenwedel. – Winckler, XI, 60.
It.: Corta coda non para mosche. (Bohn I, 89.)
16. Ein langer Schwanz klemmt sich gern.
It.: Guarda che tu non lasci la coda nell' uscio. (Bohn I, 100.)
17. Ein Schwanz von Stroh fängt leicht Feuer.
It.: Chi ha coda di paglia, ha sempre paura, che gli pigli fuoco. (Bohn I, 81.)
18. Eins will dem andern den Schwanz abbeissen. – Geiler.
19. Es ist gefährlich, sich an den Schwanz zu halten, wenn man die Mähne losgelassen hat.
Aehnlich russisch Cahier, 1998.
20. Es ist leichter den Schwanz zu schinden als den Kopf. – Winckler, III, 20.
21. Lieber den Schwanz des Löwen als den Kopf des Fuchses.
So sagt ein hebräisches Sprichwort. (Cahier, 2510.) Die Russen setzen dafür den Kopf der Katze. (Altmann VI, 499.)
22. Mache den Schwanz nicht breiter als die Flügel sind.
Mache keinen grössern Aufwand als deine Kasse gestattet, halte keine über deine Verhältnisse hinausgehende Dienerschaft u.s.w.
Engl.: Make not thy tail broader than thy wings. (Bohn II, 135.) – Make not your sail too large for your ship. (Mair, 55.)
23. Wenn der Schwanz steht, ist der Verstand im Arsche. (S. ⇒ Kuh 405.)
Nach einer handschriftlichen Mittheilung wird dies Wort dem alten Blücher in den Mund gelegt, als der russische Kaiser sich durch eine Deputation pariser Damen beschwatzen liess, eine über ihre Stadt bereits verhängte strenge Massregel wieder zurückzunehmen.
24. Wenn man den schwantz vbers nest wil strecken, muss man sehen, auff wess füssen mann stehet. – Lehmann, 372, 123.
25. Wer einen Schwanz von Stroh hat, der fürchtet sich vorm Feuer (oder: der muss dem Feuer nicht zu nahe kommen.)
26. Wer noch den Schwanz seiner Kuh in der Hand hält, hat sie noch nicht ganz verloren.
Frz.: Qui ne retire de sa vache que la queue, ne perd pas tout. (Bohn I, 51.)
27. Wer sich an den Schwanz hält, ist nicht weit vom Arsch.
Holl.: Hij is niet verre den aars, die zich aan den staart houdt. (Harrebomée, II, 296a.)
[419] 28. Wo der Schwanz regiert, da irrt der Kopf.
Die Russen: Wenn die Lüsterne von ihres Nachbars Gliede träumt, immer sieht sie es gehoben. (Altmann VI, 502.)
Poln.: Gdzie ogon rządzi, tam głowa błądzi. (Lompa, 12.)
*29. A Schwanz balachsen. (Jüd.-deutsch. Warschau.)
Balachsen = en Diagonale. Wie wir sagen: ein Narr in Folio, also hier ein Tölpel in Folio, ein classischer Tölpel.
*30. Am Schwanz ist er stecken blieben. – Eiselein, 562.
Lat.: Toto devorato bove in cauda defecit. (Eiselein, 562.)
*31. Das ist nicht der Schwanz von jenem Kalbe. (S. ⇒ Scheide 19.)
*32. De Schwoanz änzän. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 326, 284.
Sich zurückziehen, den Schwanz einziehen, muthlos werden.
*33. Den schwantz vber das nest ausstrecken. – Franck, I, 121b; Eiselein, 493; Körte, 5463.
Lat.: Pennas nido majores extendere. (Eiselein, 493.)
*34. Den Schwanz hängen lassen.
Verzagt sein. »Dann hangen solche gesellen den schwantz vnd ruffen Friedrichen an.« (Waldis, I, 55, 54.)
Frz.: Faire la poule mouillée. (Kritzinger, 469a.)
*35. Der Schwanz guckt ihr zu den Augen heraus. (Wien.)
Von frech zur Schau getragener Geilheit.
*36. Der Schwanz guckt schon hervor, an dem man den Fuchs erkennt.
Holl.: Daar komt de staart reeds kijken, waaran men u kennen kan. (Harrebomée, II, 295a.)
*37. Der Schwanz kommt nach.
Die Sache ist noch nicht aus. Das Schlimmste ist noch zu erwarten.
*38. Du Schwanz.
Ein beliebtes Schimpfwort in Baiern, auch mit nähern Bestimmungswörtern, besonders ⇒ Sauschwanz (s.d. 2). Dagegen hielt der bekannte Wiesenpater zu Ismaring in Baiern nach dem Text: »Johannes sollst du heissen«, seine sogenannte, 1781 im Druck erschienene, Schwanzpredigt, in der er den Bauern ans Herz legte, einander nicht allerhand Schimpfnamen zu geben; besonders verwies er ihnen, dass sie einander immer »Schwanz« ausschimpften. »Der Schwanz«, sagte er, »ist zwar am rechten Orte eine rechte Sache, denn warum, meine Christen, ist gewachsen dem Hund sein Schwanzerl? Dem Hund sein Schwanzerl ist gewachsen, damit er wedle und wackle, dass ihm nit fahren die Mucken ins Loch. Und seht, wir Geistlichen sind erst die wahren Schwänzerl, wir müssen wedeln und wackeln, damit nit fahren ins Loch der Höllen die Seelen der gläubigen Christen. Also sollt ihr die Schwänz nit spotten und sie nit brauchen gegeneinander zum Schimpf. Daher erstens sollt ihr den Nächsten nit heissen Biberschwanz, das zeige ich im ersten Theil; zweitens sollt ihr den Nächsten nicht heissen Katzenschwanz, das zeige ich im zweiten Theil, und drittens sollt ihr den Nächsten nicht heissen Sauschwanz, das zeige ich euch im dritten Theil.« (Klosterspiegel, 83, 3.)
*39. Einem auf den Schwanz treten.
Ihn beleidigen.
*40. Einem eins auf den Schwanz geben. – Murner, Schelm., 26.
»Auch wie er vns mit list darneben eines vff den schwantz was werde geben.« (Kloster, I, 859.)
*41. Einen beim Schwanz fassen.
Holl.: Hij trekt se bij den staart. (Harrebomée, II, 296a.)
*42. Einen Schwanz machen. – Schöpf.
Treulos sein, das Wort brechen.
*43. Er hat den Schwanz schon durch manche Hecken gezogen.
»Von einem alten Landsknecht.« (Waldis, IV, 16, 8.)
*44. Er hat es auf den Schwanz geklopft. (Oderbruch.) – Engelien, 222, 157.
Von jemand, der etwas unterschlagen, eine Sache für sich behalten hat.
*45. Er klemmt (zieht) den Schwanz ein wie ein Hund. (Nürtingen.)
*46. Er lässt den Schwanz hängen wie ein begossener Hund. – Eiselein, 561; Simrock, 9335.
Holl.: Hij laat den staart hangen. ( Harrebomée, II, 272a.)
*47. Er macht en Schwanz as X. (S. ⇒ Lügen 284.) – Sutermeister, 74.
Uebertreibt, macht Zusätze, lügt.
*48. Er schlägt es auf den Schwanz.
*49. Es ist der Schwanz vün'm chelmer Chassems Jendyk. (Warschau.)
D.i. ein Ausbund von Dummheit. An einer andern Stelle ist gesagt, dass alle Chassunim Narren sind. Die [420] Stadt Chelm hat im Volksmunde ihrer Narren wegen einen Ruf. Der Jendyk ist der Repräsentant eines dummen Thiers, und mit Schwanz wird ein Tölpel bezeichnet, sodass also die obige Redensart sozusagen die Quintessenz aller Dummheit bezeichnet.
*50. Es ist kein Schwanz im Stall.
Nicht ein einziges Stück Nutzvieh.
*51. Etwas auf den Schwanz schlagen. – Eiselein, 561; Körte, 5436a; Braun, I, 4031.
Es sich unrechtmässig zueignen, einen heimlichen Gewinn beim Ein- und Verkauf machen.
Lat.: Furto detrahere. (Eiselein, 561.)
*52. Etwas beim Schwanz fassen.
*53. Im Schwanze sitzt das Gift.
Das Schlimmste kommt in der Regel zuletzt.
*54. Mit dem Schwanze wedeln (schmeicheln).
In der Hoffnung einen Vortheil zu erschnappen. Den Hunden entlehnt und auf die niedrigste Sorte von Schmeichlern angewandt, hündischen Charakter andeutend.
Lat.: Cauda blandiri. (Faselius, 43.)
*55. Mit dem Schwanze wedeln und mit den Zähnen beissen wie die falschen Hunde.
*56. Wat up'n Swans kloppen. (Driburg.) – Firmenich, I, 363, 39.
Es auf die Seite bringen.
57. Aus einem alten Schwanze wird kein frischer Hering.
58. Schlägt man auf den Schwanz, so schreit der Kopf. – Storch, Freiknecht, II, 264.
*59. Tritt nicht auf den Schwanz der ruhenden Schlange. – Merx, 243.
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Der satirische Roman von Christoph Martin Wieland erscheint 1774 in Fortsetzung in der Zeitschrift »Der Teutsche Merkur«. Wielands Spott zielt auf die kleinbürgerliche Einfalt seiner Zeit. Den Text habe er in einer Stunde des Unmuts geschrieben »wie ich von meinem Mansardenfenster herab die ganze Welt voll Koth und Unrath erblickte und mich an ihr zu rächen entschloß.«
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