1. Der Russe stiehlt, der Türke zahlt.
Walachisches Sprichwort, das sich auch bei der Besetzung der Walachei 1854 durch Russen und Türken bewährt hat, und daher häufig in Bukarest gehört ward.
2. Die Russen handeln aus Furcht und Zwang, die Triebfeder der Deutschen ist Gehorsam, der Schweizer Neigung zur Ruhe, der Polen Freiheit der Stimme, der Franzosen Ehre des Königs, Ruhm, der Engländer Liebe zur Freiheit. – Witzfunken, VIIc, 114.
Diese Charakterisirung ist aus dem Jahr 1776; und man kann jetzt prüfen, welche Veränderung die Ereignisse des Jahrhunderts im Charakter der genannten Völker hervorgebracht haben.
3. Ein Russe ohne Knut' thut selten gut.
Lat.: Phryx (nonnisi) plagis emendatur. (Erasm., 496; Fischer, 175, 49; Philippi, II, 95; Seybold, 440; Tappius, 126b.) – Phryx plagis melior fit. (Cicero.) (Binder II, 2569; Faselius, 201; Schulblatt, 493; Wiegand, 753.)
4. Hat der Russe die Wurst gehackt, so wird sich schon ein deutscher Magen (Fresser) finden.
Sagen die Russen in Moskau und Umgegend, wo Wurstfresser ein beliebter Schimpfname für die Deutschen ist.
5. In einem Russen stecken drei Juden.
Unter dem Zaren Iwan Wassiljewitsch wurden die Juden aus Russland vertrieben. Als Peter der Grosse [1777] sich zu Amsterdam aufhielt, hatten sie es bald weg, dass er dem dortigen Bürgermeister Witsen sehr wohl wollte, und gingen daher diesen an, dem Zar die Bitte vorzutragen, ihnen zu erlauben, sich wieder in Russland niederzulassen und Handel zu treiben, wofür sie hunderttausend Gulden zu zahlen versprachen. Peter aber, dem es noch nicht an der Zeit war, antwortete: »Mein lieber Witsen, ich muss diese Bitte den Juden um ihrer selbst willen abschlagen. Zwar stehen sie allgemein in dem Rufe, dass sie die ganze Welt in Handel und Wandel zu überlisten fähig seien; aber ich kenne meine Russen; bei diesen würden sie doch zu kurz kommen.« (Wagenseil, 127, 219.) In einem andern Sprichwort macht sich das Selbstgefühl der Russen dem Polen gegenüber geltend, indem es sagt: Eines Russen Haar wiegt einen halben Polen auf. (Altmann VI, 508.)
6. Wenn man einen Russen kratzt, so brummt (antwortet) ein Bär.
Etwas höflicher sagen die Franzosen: Kratze einen Russen, so kommt ein Tatar zum Vorschein: Grattez le Russe, vous trouverez le Tartare. Das Journal des Debats wandte (Ende September 1872) das Sprichwort auf Gambetta und seine zur Zeit stattfindende, von radicalen Reden begleitete Rundreise an. Mit demselben Recht, sagen die Debats, könne man sagen: Kratze an einem Demagogen, so entdeckst du einen Sklaven und einen Tyrannen; einen Sklaven, weil er als Parteiführer sich nicht selbst gehört, einen Tyrannen, weil Sklaven und Tyrannen derselben Rasse angehören und einer vom andern lebt. (Schles. Zeitung, 1872, Nr. 464.)
*7. Da denkt kein Russe dran.
Lieblingswort berliner Gassenjungen.
8. Ein Russe ist so pfiffig wie vier Juden. (S. ⇒ Russe 5.) – Beiche, 235b.
9. Lass' den Russen nicht sterben, und er wird dich nicht leben lassen. – Neue Freie Presse, Nr. 5208.
Sagen die Rumänen.
10. Trag' den Russen den ganzen Tag auf deinem Rücken, und er wird sich abends über Müdigkeit beklagen. (Rumänisch.) – Neue Freie Presse, 5208.
11. Wenn der Russe stiehlt, so stiehlt er, dass er für sich auf einen Tag genug hat; stiehlt aber einmal der Deutsche, so stiehlt er so viel, dass auch für seine Kinder und für morgen bleibe.
Der deutsche Reichskanzler Fürst Bismarck führt dies in einer Unterredung, die er 1874 mit dem ungarischen Publicisten Jókai hatte, als Sprichwort an. (Schles. Presse, 1874, Nr. 109, S. 4.)
12. Wenn man dem Russen den Firniss abkratzt, so kommt der Tatar (auch: Barbar) heraus.
13. Wir müssen den Russen zeigen, dass wir auch Helden sind, sagte der Rumäne; da schlug er den Juden todt. – Kladderadatsch, 1877, S. 28.