Neue (das)

1. Auffs new frewet man sich jmmerdar, da doch das alt offt besser war.

Lat.: Omne nouum charum, uilescit quotidianum. (Loci comm., 144; Sutor, 414; Altdorf, 222; Binder II, 2373.)


2. Bai (wer) viel Nigges inbrenget, brenget viel ut. (Iserlohn.) – Firmenich, III, 186, 60; Woeste, 74, 216.

Wer Neuigkeiten bringt, nimmt deren auch wieder mit fort.


3. Dar is altît wat Nês, man selten völ Dägs1. (Oldenburg.) – Eichwald, 1405; Frommann, II, 536, 117.

1) Gutes, Taugliches; däge = tüchtig, derb; als Substantiv = Gedeihen. Das Kind hett kên Däge = es gedeiht nicht.


4. Dar kummt völ Nês upp, sä(de) de Jung, as he bäden schull. (Ostfries.) – Bueren, 163; Frommann, II, 535, 99; Eichwald, 915; Firmenich, I, 18, 8; Hagen, 101, 7; Kern, 204; Schlingmann, 729; Hauskalender, I.

Es kommt viel Neues auf, sagte der Junge, als er beten sollte.

5. Das Neue ist angenehm.

Dagegen Schiller: »Jedes Neue, auch das Glück erschreckt.«

Frz.: Au nouveau tout est beau. (Bohn I, 6; Masson, 41.)

It.: Da novello tutto è bello. (Bohn I, 92; Gaal, 1215.)

Lat.: Grata rerum novitas. (Gaal, 1215.)

Ung.: Minden ujság kedves. (Gaal, 1215.)


6. Das Neue schon's, das Alte flick's, sonst kommt's zu nix.


7. Das new, das trew.Franck, II, 7a; Gruter, I, 12; Petri, II, 68; Körte, 4530.


8. Das new dunckt einem allzeit das beste sein. Henisch, 326, 54; Petri, II, 68.


9. Das newe klingt, das alte klappert.Lehmann, 550, 23; Gruter, I, 12; Eiselein, 493; Parömiakon, 1831; Mayer, II, 72; Körte, 4531; Körte2, 5691; Braun, I, 3021.

Dies Sprichwort findet sich unter den 16 Sprüchen an der Decke eines der grossen Sitzungssäle des neuen berliner Rathhauses.

Frz.: Tout nouveau, tout beau. (Cahier, 1168; Kritzinger, 481b; Venedey, 55.) – Toute nouveauté paraît belle. (Gaal, 1215.)

Lat.: O quante precis sunt nova grata magis. (Eiselein, 493.)

Poln.: Nowa miotła ozysto miecie. (Masson, 41.)


10. Dat Nê is sellen wat Goes.Goldschmidt, 90; Weserzeitung, 4097.

Abneigung des oldenburger Landmanns gegen alles, was irgend Bezug auf Veränderung der überkommenen Einrichtungen und Verhältnisse hat.


11. Dat Nigge is nit jümmer dat Beste. (Waldeck.) – Curtze, 356, 530.

Die Russen: Alles Neue findet Widerspruch. (Altmann VI, 401.) Die Spanier: Das Neue gefällt, das Alte befriedigt.


12. Dat Nigge klingelt, dat Olle rappelt. (Iserlohn.) – Woeste, 74, 225.


13. Dat wêr ên up't Nê1, se(de) de Kêrl, quam (kêm) ût de Bîcht un stôl2 'n Pattstock3. Frommann, II, 538.

1) Aufs neue.

2) Stahl.

3) Springstock.


14. Endlich einmal was Neues, sagten die Diebe, als sie den Scharfrichter aufgehangen hatten.

Holl.: Wat nieuws moet er wezen, zeiden de dieven, en zij hingen den beul aan de galg. (Harrebomée, II, 127a.)


15. Es geschieht nichts Neues unter der Sonne. Pred. Sal. 1, 10; Eiselein, 493; Simrock, 7511; Körte, 4534; Schlechta, 38; Schulze, 111; Braun, I, 3022; für Hannover: Schambach, II, 269.

Es gibt keinen irrigern und falschern Ausspruch als den: Es geschieht nichts Neues unter der Sonne. Gerade umgekehrt, es geschieht nie etwas, das schon einmal geschehen ist; die Natur ist gar nicht im Stande, irgendetwas zum zweiten mal hervorzubringen, nicht einmal einen Tag, wie er schon gewesen, oder ein Blatt, wie schon eins da ist. Die Sonne selbst geht nie zum zweiten mal unter denselben Verhältnissen wieder auf, unter denen sie schon einmal aufgegangen ist.

Dän.: Intet er saa nyt, sielden noget godt. (Prov. dan., 433.)

Holl.: Alweêr wat nieuws, maar zelden wat goeds. (Harrebomée, II, 126b.)

[1007] Lat.: Ex praeteritis praesentia aestimantur. (Quinct.) (Binder II, 1024.) – Nil admirari. (Eiselein, 493.) – Nil novi sub sole. – Qui deserit vias antiquas, invenit molestius novas. (Chaos, 14.)


16. Es wird einem oft des newen so viel, dass man das alte vergisst.Petri, II, 305.


17. Gätt (etwas) Neues erfreut et minschliche Hätz. (Köln.) – Firmenich, I, 474, 118.


18. Immer Neues will man han, ist man auch beim Alten besser dran.


19. Immer was Neues, selten was Gutes.Simrock, 7510; Körte, 4532; Petri, II, 502; Braun, I, 3023; Mayer, II, 168.

Immer was Neues, selten was Gutes: die treffendste Beschreibung besonders der letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Berlin 1798. Die Finnen sagen: Das Neue ist immer angenehmer, wenn auch das Alte besser ist. (Bertram, 46.)

Böhm.: Mnoho se v svĕtĕ novinkuje, leč málo pravdy ohlašuje. (Čelakovský, 65.)

Dän.: Altid noget nyt, sielden noget godt. (Prov. dan., 432.)

Frz.: Point de nouvelles, bonnes nouvelles. (Körte, 4532.)

Holl.: Er is niets niuws onder de zon, zei Salomo. (Harrebomée, II, 126b.)

Schwed.: Alltid något nytt, sällan något godt. (Wensell, 7; Grubb, 25.)


20. Immer was Neues und nie was Gescheit's. Mayer, II, 72.


21. Jederman hat vnd hört gern was newes. Lehmann, 551, 33.


22. Jet Neus erfresch et Hätz. (Bedburg.)

Jedes Neue erfrischt das Herz.


23. Kümmt all Dag' wat Nîgs up, säd' de Jung, dôr süll he bäden gan1.Hoefer, 563; für Oldenburg: Goldschmidt, 59.

1) D.h. beten, zum Geistlichen in den Confirmationsunterricht gehen.


24. Man hat das Neue lieber als das Gute.

Dän.: Man er meere begierlig efter nyt, end nyttigt. (Prov. dan., 433.)


25. Man lernt Neues und vergisst das Alte.

Dän.: Vi lære det ny, og glemme det gamle. (Prov. dan., 432.)


26. Man soll nichts Neues auf- und nichts Altes abbringen.Ramann I. Pred., I, 359.

Dän.: Skulde man skye all nyhed, saa var det end nu som i Noe tiid. (Prov. dan., 432.)

27. Man soll nichts newes anfangen, man hab dann ein Wetzstein mit einem Schermesser als einen Butterweck verschnitten.Lehmann, 549, 7.


28. Neues hört man gern.Binder II, 60.

Die Osmanen dagegen sagen: Von allem das Neueste, aber unter den Freunden der älteste. (Schlechta, 450.)


29. Neues klingt, Altes hinkt.Parömiakon, 2655.


30. Neues preist man, Altes zerreisst man.Parömiakon, 2659.


31. Nichts Neues vor Paris.

So hiess es im Winter 1870-71, als Paris vom deutschen Heere belagert wurde. Die Holländer sagen scherzhaft: Geen nieuws den dat de Franschen in Parijs zijn. (Harrebomée, II, 172b.)


32. Nur nichts Neues auf den Hof, sagen die Bauern. (Franken.) – Hoefer, 98.


33. Prüfe das Neue und das Alte, und das Beste behalte.Venedey, 55 u. 161.


34. Was Neues fasst man, Altes hasst man.Parömiakon, 2657.


35. Was Neues ist nichts Gutes.Frischbier2, 4302.

Masur.: Co nowego, nic dobrego.


36. Was newes erfrewet das hertz.Tappius, 7b; Lehmann, II, 835, 158.

Mhd.: Niuwer dinge fröwet sich ein ieglich man; sô tuon ouch ich. (Zingerle, 109.)

Lat.: Grata novitas. (Philippi, I, 170; Tappius, 7b.)


37. Wenn Neues kommt, vergisst man das Alte.

Holl.: Wat nieuws doet het oude vergeten. (Harrebomée, II, 127a.)


38. Wer das Neue nicht kennt, dem ist das Alte lieb.

Böhm.: Kdo nic nového nevídal, ten i starému rád. (Čelakovský, 283.)


39. Wer etwas newes sihet, der gedenkt Neues. Lehmann, 551, 32.


40. Wie das erste Neu1 nach Herbstanfang, so die Witterung bis Winteranfang. (Luzern.)

1) Der erste Neumond.


[1008] *41. Es ist etwas Neues.Struve, II, 3.


*42. Haind wiar i wos Naigs hedn, weil ma d' Oawaschl klingan. (Steiermark.) – Firmenich, II, 765, 30.

Heute werde ich etwas Neues hören, weil mir die Ohren klingen.


*43. Ich werde heut' was Neues erfahren, mit der Nase in den Dreck fallen. (Anhalt.)

Scherzhafte Rede solcher, die morgens zeitig niesen.


*44. Immer was Neues.Eiselein, 493.

Lat.: Amant alterna Camoenae. – Semper aliquid novi. (Eiselein, 493.)


*45. Wat göfft Nües? Schmöd's Kobbel von Forke schött Anis.Frischbier2, 2774.

Forken, ein Gut bei Fischhausen, am Ende der caporner Heide. Der Schmied des Gutes ist zugleich Krüger.

Holl.: Wat nieuws verblijdt, zei de zot, en hij draaide zijne muts. (Harrebomée, II, 127a.)


[1009]

46. Das Neue davon ist nicht gut und das Gute nicht neu.

Aus einem Distichon entstanden, durch welches J. Heinr. Voss sein Urtheil über einige Bücher ausgesprochen hat; es lautet: »Dein redseliges Buch lehrt mancherlei Neues und Wahres; wäre das Wahre nur neu, und das Neue nur wahr.«


47. Das Neue gefällt.

It.: Ogni novello è bello. (Giani, 1170.)


48. Das Neue schone, flick' am Alten, das heisst gut haushalten.Wunderlich, 6.


49. Es lässt sich nicht viel Neues mehr sagen.

Lat.: Nullum est jam dictum, quod non dictum sit prius. (Terenz.) (Philippi, II, 53.)


50. Man nicks Nees up den Hof, sä de Bûrfrô, do nöhm se sick 'n ôle Dêrn to 'r Magd. Schröder, 84.


51. 'S geit ölleweil ebbes Neus, wenn ma 'm nochgehn mag. (Schwaben.)


*52. Vom Neuen das Neueste, vom Guten das Beste.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Holz, Arno

Die Familie Selicke

Die Familie Selicke

Das bahnbrechende Stück für das naturalistische Drama soll den Zuschauer »in ein Stück Leben wie durch ein Fenster« blicken lassen. Arno Holz, der »die Familie Selicke« 1889 gemeinsam mit seinem Freund Johannes Schlaf geschrieben hat, beschreibt konsequent naturalistisch, durchgehend im Dialekt der Nordberliner Arbeiterviertel, der Holz aus eigener Erfahrung sehr vertraut ist, einen Weihnachtsabend der 1890er Jahre im kleinbürgerlich-proletarischen Milieu.

58 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon