Spitzname

* Spitznamen geben.

Gemeinschaften und Völker haben, wie einzelne Personen, die Neigung und Gewohnheit, einander scherz- oder spottweis mit besondern Namen zu belegen, die von gelegentlichen Vorkommenheiten, zufälligen Begebnissen, Eigenheiten u. dgl. entlehnt sind. Und diese Gewohnheit ist sehr alt; schon der römische Kaiser Tiberius führte den Spitznamen Biberius. Im Deutschen Sprichwörter-Lexikon ist dies an verschiedenen Stellen nachgewiesen (s. Eselsfresser, Krebstränker, Schwabe 1 u.s.w.). Bei einzelnen Personen tritt diese Neigung ganz besonders hervor, wie z.B. bei unserm alten Blücher, den Freund und Feind mit dem ehrenhaften Spitznamen Marschall Vorwärts versehen hat. Er gab jedem, mit dem er in nähere Berührung trat, einen Spitznamen, unter dem er für ihn vorhanden war. Den alten Schlachtengeneral York, der ihn mitunter ärgerte, nannte er seinen »widerhaarigen tapfern Isegrimm«, General Bülow war sein »Schwerenöther«, Gneisenau sein »Apotheker«, Lord Wellington sein »englischer Herr Bruder Elasti cum«, Fürst Schwarzenberg sein »Kamerad Langsamvoran«, Bernadotte der »gascognische Fuchs«, Napoleon sein »Nebukadnezar«, Paris das »moderne Babel«, Pozzo di Borgo, der einzige Diplomat, den er achtete, »mein Racker«. Die Engländer nannte er »Ritter vom Spleen«, »Plumpuddings-, Beefsteaksfresser«, den Staatskanzler Hardenberg den »Tintenspion«, wie die Schwarzseher und Unglücksraben »Trübsalsspritzen«. In den Vereinigten Staaten Nordamerikas herrscht die Neigung, Spitznamen zu geben, auch in einem hohen Grade, s. Jonathan, Uncle Sam u.a.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876, Sp. 728.
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