1. Bröer1 will wol, man he düert2 nich. – Frommann, II, 390, 81; Eichwald, 204; Bueren, 80.
1) Bruder oder auch ein Eigenname dafür.
2) Darf, wagt es.
2. Brüder, Ein Herz und Ein Sinn, berechnen aber doch wie Juden ihren Gewinn.
Holl.: Men vindt veel broeders, maar luttel beurzen gezusters. (Harrebomée, I, 52.)
3. Brüder haben wol Ein Geblüte, aber selten (nicht) Ein Gemüthe. – Simrock, 1348.
4. Brüder lieben einander wie Messerspitzen.
5. Brüder sind Freund' einander, aber von ihren Börsen kennt eine nicht die ander.
Wir sind zwar Brüder, sagen die Walachen, aber unsere Taschen sind keine Schwestern.
6. Brüder sind (bleiben) selten eins. – Henisch, 520.
Lat.: Fratrum concordia rara, disceptatio crebra. (Seybold, 194.) – Fratrum quoque gratia rara est. (Ovid.) (Philippi, I, 163.)
7. Brüder und Mütter lieben sehr, aber ein Eheweib noch viel mehr. – Kirchhofer, 200.
8. Brüder vertragen sich selten.
Engl.: Between two brothers, two witnesses and a notary. (Bohn II, 3.)
Lat.: Fratrum concordia rara. – Fratrum quoquo gratia rara est. (Ovid.)
9. De Bröer fasst1 mit beide Handen, de Süster2 man3 mit ên. (Ostfries.) – Eichwald, 205; Hauskalender, I; Bueren, 112.
1) Greifen zu.
2) Schwester.
3) Nur.
10. Dieweil wir alle brüder vnnd schwester von Adam sein, so soll sich nyemandt über den andern erheben. – Agricola II, 305.
[486] 11. Du bist der beste Bruder au nit.
Altes deutsches Volkslied und dadurch sprichwörtlich geworden, dass es die Musik in einem rheinischen Dorfe im Jahre 1809 zum Empfange Napoleon's spielte, als er aus Holland kam und durchpassirte.
12. Ên Brader is'n Butt werth. (Ostfries.) – Frommann, IV, 287, 439; Bueren, 429; Hauskalender, II.
13. Ein Bruder hat den andern wie ein Spiess hinter der Thür. – Henisch, 530.
14. Ein Bruder hilft dem andern.
Von treuer Hülfe.
Lat.: Frater viro adsit. (Erasm., 136.)
15. Gleiche Brüder, gleiche Kappen. – Pistor., III, 28; Simrock, 1345; Hillebrand, 151; Hertius, I, 82; Kirchhofer, 234; Robinson, 38; Eisenhart, 305; Sailer, 256; Ramann, Unterr., I, 42; Eiselein, 98; Lehmann, II, 230, 132; Estor, II, 61; Henisch, 530; Körte, 745.
Mönche eines und desselben Ordens tragen sich gleichförmig und folgen, einerlei Regeln. Im Rechtssinn setzt dies Sprichwort die Regel fest, dass die Kinder des Verstorbenen sich zu gleichen Theilen in den Nachlass theilen sollen. Das Wort Brüder steht für Kinder überhaupt. Im Justinianischen Gesetzbuch ist die Erbfolge der Kinder nach diesem Sprichwort bestimmt. Bei uns ist es in vielen Fällen anders.
Frz.: Dis-moi qui tu hantes, je te dirai qui tu es. – Même société, mêmes principes. (Starschedel, 387.)
Lat.: Aequales fratres, aequalia pallia gestant. – Sors omnibus una manet consortibus. (Philippi, II, 196.)
16. Gleiche Brüder, gleiche Röcke, gleiche Heerden, gleiche Böcke.
17. Gleiche Brüder hält die beste Freundschaft. – Lehmann, II, 230, 133.
18. Glîke Bröers, glîke Kappen. (Grafschaft Mark.) – Woeste, 68, 86; Eichwald, 802; für Waldeck: Curtze, 355, 504.
19. Guten Tag, Bruder, sagte der Mist zum Dreck.
20. Lieber bruder, Jesu, zu Jerusalem empfieng man dich schon, wie gieng dirs aber hernach! – Agricola I, 283.
21. Lustig, ihr Brüder, ein reiches Weib bringt alles wieder.
22. Mei Bruder hot nischt krîgt, sagte der Junge, als er aus der Kirmes kam, awer îch hätte bâl woas krîgt. (Schles.)
Wenn jemand bei einem Schmause, bei einer Lustbarkeit zugegen ist, sich aber mit dem Zusehen begnügen muss.
Frz.: Il a mangé son pain à la fumée du rôt. (Lendroy, 1134.)
23. Mein Bruder ist nicht leer, sagte der Bettler, da rückt und kratzt er sich.
Holl.: Mijn broêr heeft vele bezittingen, zei de jood, en hij kraauwde zich. (Harrebomée, I, 92.)
24. Mein Bruder ist, wer handelt wie ein Bruder.
Kroat.: Bratje mio, koje vĕre bio kad bratski postupa. (Haug.)
26. Ohne Bruder kann man leben, aber nicht ohne Freund. – Venedey, 109; Körte, 743.
Ein dänisches Sprichwort dagegen schlägt den Verlust eines Bruders sehr hoch an: Bar er broderløs bag. (Prov. dan., 46.)
27. Sta wis, Broder, ritt de Rock, so hölt dat Unnerfoder. (Lübeck.)
28. Stellt min Broer, so hankt 'n Deew. – Goldschmidt, 78; Henisch, 530.
Drückt eine so tiefe Verachtung und einen so entschiedenen Haas gegen den Dieb aus, dass sogar die brüderliche Liebe und Familienehre dagegen zurücktritt.
29. Unter Brüdern nimmt man es nicht so genau. – Eiselein, 98.
30. Viel Brüder machen schmale Güter. – Simrock, 1350; Körte, 744.
In Bezug auf Erbschaftstheilungen. In fränkischer Mundart vgl. Frommann, VI, 165, 56.
Lat.: Grandia per multos tenuantur flumina vivos. (Gaal, 254.)
31. Vierlei brüder findet man viel in der Welt: dollbrüder, wollbrüder, falschbrüder, lochbrüder. – Henisch, 530; Lehmann, II, 802, 94.
32. Wann 't op siewer Broaüer (15. Juli) reagent, dann reagent't siewen Weaken.
33. Wenn Bruder Date lebt und frisch ist, so steht's um Bruder Dabitur auch wohl.
[487] 34. Wenn der Bruder stiehlt, so hängt ein Dieb.
Nicht parteiisch, auch wenn es die nächsten Verwandten trifft.
35. Wer einen jüngern Bruder hat, dessen Geheimnisse sind sicher. (Afrika.)
36. Wî künnen as Bröder mit'n anner leben, säd' de Jung to sînen Vader, äwerst he will jô nich. (Mecklenburg.) – Latendorf, 224; Hoefer, 557.
37. Wie die Brüder, so die Braut. (Serb.)
38. Wir leben wie Brüder, sagte der Sohn, als er mit seinem Vater im Gerinne lag.
Holl.: Nu leven wij als broeders, zei de jongen tegen zijn vaâr, en zij zaten in eene kroeg. (Harrebomée, I, 92.)
39. Wir sind Brüder, aber wir rechnen zusammen wie Kaufleute.
40. Wo die Brüder zusammenthun, werfen sie den Abt zum Fenster hinaus. – Fischart.
41. Zweyer Brüder Wyff sind selten ohn kyff. – Petri, II.
*42. Bruder, hat dich der Teufel noch nicht geholt; ich denke, du bist lange am Galgen. – Meisner, 46.
Eine scherzhafte, früher besonders unter Soldaten übliche Begrüssungsformel.
*43. Das ist es unter Brüdern werth. – Eiselein, 98.
*44. En fuchtige Brö'r. – Eichwald, 203.
*45. Er ist ein durstiger Bruder. – Mayer, II, 145. (S. ⇒ Ansehen 29 und ⇒ Boden 38.)
*46. Er ist ein lustiger Bruder (oder: ein Bruder Lustig).
Frz.: C'est un père-la-joie. – C'est un vive-la-joie qui n'engendre pas la mélancolie. (Lendroy, 1552.)
zu3.
Dän.: Brödre have vel eet blod, men sjelden eet mod. (Prov. dan., 91.)
zu39.
Im Geschäft gelten keine Verwandtschaftsverhältnisse. Dafür hat der Rumäne das Sprichwort: »Bruder hin, Bruder her, zahl' den Käse, den ich dir gegeben.« (Neue Freie Presse, 4581; Schuller, 25.)
It.: Le parole non bastano. (Schuller, 25.)
47. Brüder, lagert euch im Kreise, sprecht die Wahrheit, aber – leise.
48. Bruder lass den Muth nicht sinken, spiel mir mal, de Lott öss dodt. – Frischbier, I, 2684.
Im Werder: Broder, lat den Vagel singe, spêl u.s.w.
49. Brüder sind selten eins. – Petri, II, 52.
50. Brüder vnd Herrn sind from, vnnd das Kloster oder Kapitel ein Schalk. (S. ⇒ Kloster.) – Petri, II, 67.
51. Bruder, wie geht's, sagte die Nadel zum Hebarm.
Gegen das Vetternsuchen in höhern Kreisen.
52. Der Bruder nimmt mit zwei Händen, die Schwester mit einer. – Graf, 189, 40.
Es war eine Härte, dass die männlichen Verwandten ein unbedingtes Vorzugsrecht vor den weiblichen genossen. Man suchte sie allmählich zu mildern und beschränkte jenes Recht auf gewisse Grade der Verwandtschaft; oder man liess die Töchter gleichzeitig in der Erbfolge zu, gestattete ihnen aber, wie das obige Sprichwort sagt, geringere Theile.
Fries.: De broder last an de lowa mil tom handen und di suster mit sure hant. (Richthofen.) – Es tritt, wenn der Vater gestorben, an dessen Stelle aus dem rigischen Ritterrecht: de öldester bröder i, o jungesten Richter. (Graf, 99.)
53. Der Bruder verfängt die Schwester. – Graf, 189, 38.
Er ist gesetzlicher Erbe des Gutes. (S. ⇒ Erbgut.)
Fries.: De broder verunanget di suster. (Richthofen, 305.)
54. Der dem Bruder den Bruder gegeben, hat ihre Geldbeutel besonders gemacht. – Merx, 66.
55. Der geschworene Bruder ist oft der ärgste Verräther. – Herberger, II, 415.
56. Der lustige Bruder nimmt ein Weib, das heisst Armuth; das Weib gebährt einen Sohn, der heisst Gespött (oder: der lässt seinen Vater betteln gehen, bis er stirbt). – Heim, Predigtmagazin, Augsburg 1845, 14. Bd. S. 5.
[1067] 57. Du und dein Bruder sind zwar ehrliche Leute, sagte Klaus zum Müller, aber es ist ein Schelm wie der andere. – Wirth, I, 637.
58. Es können nicht zwei Brüder an Einem Urtheil sitzen. – Graf, 504, 154.
In Hamburg: Dar en moghen nene twe broedere in enem ordel sitten. (Lappenkorb, 94.)
59. Gegen der Brüder und der Verwandten Trutz braucht man eine Festung zu seinem Schutz.
It.: Fratelli, castelli; cognate, spade. (Giani, 714.)
60. Gleiche Brüder, gleiche Kappen, sagen die Mönche. – Klosterspiegel, 74.
61. Guten Tag, Herr Bruder, sagte der Anker zum Haifisch.
»Der schwere Tölpel Anker wähnt, er sei in seinem Element, wenn er im Wogengrunde liegt und einen Fisch »Herr Bruder« nennt.« (W. Müller, Hundertsprüche, 66.)
62. Halber Bruder nimmt halb Erbe. (S. ⇒ Halb 1 u. ⇒ Halbbruder.) – Graf, 202, 147; Klingen, 20a, 2.
63. Kein Bruder sol den andern trawen, kein Mensch auff seinen Nächsten bawen. – Petri, II, 415.
64. Mein Bruder war noch im Tode der Höchste im Lande, prahlte der Zigeuner, als derselbe gehenkt worden war. (Rumänien.) – Franzos, Vom Don zur Donau.
65. Trinkt, Brüder, trinkt, bis der letzte sinkt. – Frieske, 9.
66. Unser aller Bruder ist der nasse Lehem.
67. Viel hungrige Brüder machen die Kunst wolfeil und faulfeil. – Monatsblätter, VI, 191, 38.
68. Wenn es sieben Brüder nicht regnet, so gibt's eine trockne Ernte. (Samland.) – Frischbier, II, 439.
69. Wer einen Bruder hat, der hat eine Stütze.
Dän.: Bar er broderlös bog. (Prov. dan., 66.)
70. Wer keinen Bruder hat und keinen Freund, der ist im Winter ohne Kleid.
Lat.: Fratribus orbatus est pro nudo reputatus. (Reuterdahl, 356.)
Schwed.: Baar aer brodhralös man. (Reuterdahl, 356.)
71. Wir sein al Bruder, aber unser aller schussellein sein nit schwester. – Hofmann, 26, 25.
72. Wir sind zwar Brüder, aber unsere Taschen sind nicht Schwestern.
Dasselbe sagen die Türken. (Weigel.)
73. Wo Brüder sind, da besitzt der jüngste den Herd. – Graf, 215, 220.
Ostfries.: Woir broeder sinen, so besitt de jungeste den hert. (Richthofen, II, 88, 398.)
74. Zwischen Brüder, Mann und Weib vnd gute Freunde sol man sich nicht legen. – Petri, II, 830.
*75. Den Bruoder fangen.
»Es ist noch nit so übel gangen, ich glaub er hat den Bruoder fangen.« Mit Jedermann guter Bruder sein.
*76. Du bist mir der beste Bruder auch nicht. – Frischbier, I, 475.
Holl.: Zij is de beste suster.
*77. Er ist (nicht) allerleuts Bruder.
Hat Eigenthümlichkeiten, die nicht Allen zusagen, oder infolge deren er nicht Jeden verträgt.
*78. Er ist ein nasser Bruder. – Frischbier, I, 476.
Ein Trinker.
*79. Gleiche Brüder nahe bringen.
*80. Sie sind gut Bruder unter einander.
Bekannt, vertraut, familiär.
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