1. Auf a Küppe1 Mist gefind't män auch a Fingerl2. (Jüd.-deutsch. Warschau.)
1) Kupa, polnisch = Haufen.
2) Ring. – Da, wo man es vielleicht am wenigsten erwartet, bietet sich ein Gewinn oder Vortheil. Aus dem Schmuz selbst kann man einen Werthgegenstand herausziehen.
2. Auf meinem Miste kratzen keine solche Hennen, sprach ein Bauer, als er geputzte Damen sah. – Eiselein, 468; Hoefer, 104.
3. Auf solchem Miste wachsen solche Pilze.
4. Da sitzt sie auf dem Mist, nimm sie wie sie ist. – Simrock, 7040a.
5. De beste vnd fetteste myst, de vp den acker kompt, is des herren oege. – Tappius, 170b u. 172a.
6. De Mes is de halwe leiwe Hergod up'n Lanne. – Schambach, II, 704.
Der Mist ist der halbe liebe Herrgott auf dem Lande, d.h. von der angemessenen guten Düngung des Ackers hängt die Möglichkeit einer guten Ernte gleichsam zur einen Hälfte ab, während die andere Hälfte von der erforderlichen Witterung, von rechtzeitigem Regen und Sonnenschein bedingt ist, den Gott geben muss. Die Russen: Mist geht dem Bauer vor Ahnen. – Mist hat beim Bauer den Rang der ersten Klasse. (Altmann VI, 426.)
7. De Mess möt knappen1 und nich sappen2. (Mecklenburg.)
1) Beim Unterpflügen trocken sein.
2) Soll nicht nass sein.
8. Der allerbeste Mist auf dem Acker ist des Herrn Auge. – Lehmann, II, 61, 79.
Holl.: De beste mest op den akker is des meesters oog en voet. (Harrebomée, II, 84b.)
9. Der Mist folgt keinem Acker. – Graf, 65, 19.
Bei Beurtheilung, ob etwas als Haupt- oder Nebensache (s. ⇒ Hohlring) anzusehen sei, dient auch die Bestimmung der Sache; daher gilt der zur Bewirthschaftung eines Hofs vorhandene Dünger nicht unbedingt als Zubehör desselben. So lange er beim Hause oder auf einer Lagerstatt zu Hauf liegt, gehört er zur Fahrniss des Guts und ist veräusserlich; ist er aber auf den Acker verfahren und ausgebreitet, so gehört er zur Liegenschaft oder folgt dem Acker.
Mhd.: Der mist volgit dich eyme acker. (Ortloff, III, 92.)
10. Der Mist hat das Recht zu stinken, wo er ist.
11. Der reife Mist am schwersten ist. – Eiselein, 468.
Lat.: Maturum stercus importabile pondus. (Eiselein, 468; Binder II, 1805; Fac. fac., 32.)
12. Ein newer Mist ist nirgend dienstlicher als in die wissenäcker. – Henisch, 696, 37.
Lat.: Stercus recens non nisi pratis utile est. (Henisch, 696, 38.)
13. Es dungt kein Mist den Acker besser, als den des Herrn Fuss mitbringt. – Coler, 209; Simrock, 7038; Sailer, 266; Körte, 4263; Körte2, 5347; Boebel, 134.
Dän.: Den beste giødning falder af huusbondens skoe. (Prov. dan., 232.)
Lat.: Stercus optimum domini vestigia. (Eiselein, 128; Binder II, 3205.)
14. Es gibt keinen bessern Mist als den, der an des Herrn Stiefeln ist.
15. Es mistet kein myst den acker so wol, als der dreck, den der herr mit seinen Füssen dar aufftregt. – Tappius, 170b; Henisch, 768, 66.
16. Es weiss sich viel der Mist, weil er mit Schnee bedeckt ist.
»Was überhebst dich, Mist, dass du mit Schnee gedecket bist.« (Eiselein, 467.)
17. Et ös glîk e Bösske mehr Mest; wenn de Hund underm Dösche liggt. (Dönhofstädt.)
18. Fahr deinen Mist zu Felde, weil du Schultheiss bist. – Simrock, 9277.
Mhd.: Darumb die weil du amptmann bist vergess nit uszufüren mist. (Morszheim.) – Lass aus dem hof füren deinen mist mit vortheil weil du schultheisz bist; aber doch baw zuvor ein haus, der mist kompt hernach auch hinausz. (Kirchhof, Wend Vnmuth.) – Sô dû schultheize bist sô fäer ûz dînen mist, so wirt behoft dîn mist sô dû nümme schultheize bist. (Heinzelin.) (Zingerle, 135.)
19. Fauler Mist ist gut anzulegen.
[670] 20. Füre Mist, dieweil du Schösser bist. – Agricola II, 160; Latendorf II, 14; Petri, II, 320; Simrock, 7036.
21. Groben Mist fegt man mit groben Besen.
22. Halber Mist genügt, wenn man im Sommer pflügt.
Frz.: Labour d'été vaut fumier.
23. Je elter ein mist, je weniger er dungt. – Henisch, 768, 61.
Lat.: Quo stercus vetustius est, hoc minus valet. (Henisch, 768, 62.)
24. Jeder bleib' auf seinem Mist.
Lat.: Tuam ipsius terram calca. (Binder I, 1758; II, 3358; Erasm., 214; Philippi, II, 224; Seybold, 609.)
25. Jeder macht Mist, also wie er ist. – Körte, 4264; Simrock, 7035.
26. Kein mist dünget so wol, als der kat, den der herr mit seinn füssen drauff tregt. – Franck, II, 42b; Lehmann, 366, 21; Lehmann, II, 126, 108.
»Dessgleichen Aristoteles vns auch dermassen berichtet das, vnd sagt, es sei kein besser mist vnd der dem acker nützer ist, denn den der haussuatter selb tregt an schuhen vnd in acker legt, das heysst, das man selb selb zusiht, verlass sich sonst niemandt nicht, wenns recht soll werden aussgericht.« (Waldis, III, 94, 285.)
Dän.: Bondens føed giør ageren fed. (Prov. dan., 164.)
27. Kommt der Mist im wachsenden Mond aufs Land, so nimmt das Unkraut überhand.
»Es haben auch die bawren hier im Lande eine Regel, das der Mist, der im wachsenden Monden auffs Land geführet wird, bringt gern viel Unkrauts.« (Coler, 302b.)
28. Mach' Mist, diewîl d' Landpfleger bist. – Sutermeister, 31; Körte, 4262.
29. Mancher meint, er müsse allen Mist aussführen. – Lehmann, 85, 31.
30. Mess is de klöögst Ackersmann. (Seehausen.) – Firmenich, III, 123, 15.
31. Mist geit üb'r List. (Bern.) – Zyro, 36; Körte, 4261; Eiselein, 464; Simrock, 7034; Braun, I, 2729.
Dies Sprichwort hatte Sal. Landolt, ein schweizerischer Landvogt, über sein Thor geschrieben, um dadurch seinen Bauern das Räthsel zu lösen, dass seine Aecker reichlichern Ertrag gäben als die ihrigen.
Holl.: Versche mest is meestal best. (Harrebomée, II, 84b.)
32. Mist hät'n Aust in de Kist. – Eichwald, 1315; Schlingmann, 1012.
33. Mist ist den Bauern der heilige Christ. (Anhalt.)
34. Mist kann nichts als stinken. (S. ⇒ Dreck 58.)
Mhd.: Ouch ist reht daz der mist stinke swâ er ist. (Iwein.) (Zingerle, 192.)
35. Mist kompt auch vom Adel vnd kan doch nichts als ein bösen Rauch machen. – Lehmann, 137, 21.
36. Mist lescht auch Feur. – Lehmann, 401, 68.
37. Mist thut mehr Wunder als die Heiligen.
38. Mist un Butter kann me dünne trecken. (Sauerland.)
39. Mist und todte Körper muss man bald in die Erde bringen. (Köln.) – Boebel, 134.
40. Niemand kann allen Mist wegführen, er mag sich noch so sehr tummeln und rühren.
41. Soll der Mist nicht stinken, so muss man nicht rühren.
42. Unten Mist, oben rauh, gibt 'nen guten Sommerbau. – Bair. Hauskalender.
43. Vîl Mässt, vîl häst. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 72.
44. Wann der Mist faul ist, ist er gut anzulegen. – Fischart, Prakt., in Kloster, VIII, 557.
45. Wär kann gegen ein Foiar (Fuder) Mess anstinken. – Schambach, I, 59.
Ein Bauer, der von einem Beamten hart angelassen und mit der grössten Grobheit behandelt wurde, schwieg dazu, liess sich alles ruhig gefallen und versuchte dann sein Schweigen zu rechtfertigen, indem er ausrief: »Wer kann gegen ein Fuder Mist anstinken!« womit er sein Unvermögen, eine gleiche Grobheit auszuüben, aussprechen wollte.
46. War Mess is, kehrt Gottes Segen in. (Ostfries.) – Bueren, 1213; Hauskalender, I.
47. Was eim auf eigenem Miste wuchs, das borgt man nie von Rab' und Fuchs. – Eiselein, 468.
48. Wenn de Mess braof stinkt, so gifft Regen. (Altmark.) – Danneil, 268.
[671] 49. Wer auf dem Miste geboren ist, will auch auf dem Miste sterben.
Frz.: Qui naist en fumier mourir y veut comme héritier. (Leroux, II, 303.)
50. Wer bei dem Miste räuchert, verdirbt Müh' und Weihrauch.
51. Wer Mist will fahre, darf's Strau nit spare. (Frickthal im Aargau.) – Schweiz, II, 184, 42.
52. Wer seinen Mist will verscherz', der muss ihn fahren im März. (Sachsen.) – Boebel, 83.
53. Wo der Mist fehlt, sorblet der Bûr. (Hauenstein im Aargau.) – Schweiz, II, 184, 24.
54. Wo Möst öss, kömmt Möst hen; op de rêne Städ schmitt man nich. – Frischbier2, 2636.
55. Wo wend't Mistes, da wend't auch Christes (Christus). (Eifel.)
Wo nicht gedüngt wird, bleibt der Segen Gottes aus.
56. Wun em äm Mäst wält, schtäinjkt e. – Schuster, 941.
57. Ze vil Mässt det Kîre frässt. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 73.
*58. Auf dem Miste geboren und aus Dreck zusammengesetzt.
So schildert Tacitus (homines stercore nati lutoque compositi) den römischen Pöbel; aber ist der eigentliche, wie der Gesinnungspöbel je von anderer Zusammensetzung?
*59. Auf dem Miste sterben.
In den elendesten Umständen.
Frz.: Il mourra sur un fumier. (Kritzinger, 337b.)
*60. Auf den Mist kommen.
In eine unangenehme Lage.
*61. Auf seinem eigenen Miste sein.
Sich auf seinem Eigenthum befinden.
*62. Auf seinem Miste ist der Hahn ein Herr. – Eiselein, 270.
*63. Auf seinem Miste krähet der Hahn. – Eiselein, 270.
*64. Auff seinen Mist kommen. – Franck, Zeytbuch, I, XXXIIIa.
*65. Da ist kein Mist zu machen.
*66. Das ist (nicht) auf seinem Miste gewachsen. – Simrock, 7043.
Das hat er (nicht) erdacht, erfunden.
Frz.: Cela est de mon crû. (Kritzinger, 194a.)
67. Der ist auf dem Miste nichts nütze (oder: zu schlecht).
Der Taugenichts.
*68. Doas is nig uf sem Miste gewachsen. (Schles.) – Frommann, III, 242, 28; für Franken: Frommann, VI, 320, 279.
Frz.: Cela ne vient pas de son estoc. (Kritzinger, 289a.)
*69. Einem etwas auf seinem Miste sagen.
In seinen vier Pfählen, im eigenen Hause.
*70. Er ist nid vom Mist ufg'lese. (Luzern.)
*71. Er meint, sein Mist sei der beste. – Zeiller, Collect., 1658.
*72. Er rührt in jedem Mist.
*73. Er soll mir nur auf meinen Mist kommen.
*74. Er will blos auf seinem Miste (seinen Mist) scharren.
*75. Er wird dort nicht viel Mist machen.
Nicht lange dort sein. »Aber ich gedacht da nicht lange Mist zu machen.« (Simplic., 638; III, 494; IV, 675.)
*76. Es ist nicht lange Mist zu machen.
»In solchen hendlen ist nit langer Mist zu machen.« (Rollwagenbüchlein, XXXIII.) Es ist kein Aufschub, kein Zögern gestattet.
*77. Etwas auf den Mist werfen.
Frz.: On a jetté cela au coffre aux ordures. (Kritzinger, 492b.)
*78. He is upn Mess. – Schütze, III, 94.
Er ist in Schulden oder Noth gerathen.
*79. Jemand auf seinem Miste angreifen.
Auf seinem eigenen Grund und Boden.
*80. Man sollt' ihn in'n Mist vergraben. (Nürtingen.)
*81. Mist auf ein gedüngtes Feld tragen. – Altmann VI, 521.
*82. Mist aus sechsunddreissig Gruben.
So nannte man in den funfziger Jahren in den Vereinigten Staaten Nordamerikas die Zusammenstellung von Mittheilungen aus den verschiedenen deutschen Vaterländern.
[672] *83. Wie mit Mist fahren. – Campe, Wb., III, 301.
Sehr langsam fahren.
84. Er hat seinen Mist ausgeführt. – Mathesius, Postilla, CCXVIIa.
In dem Sinne: sein Schäfchen ins Trockne gebracht.
85. Gegen en Fö'r Mess kann 'n doch nich anstinken, haar Bûr Meier seggt, as de Afkat em bereden wull, he schull gegen sînen adlichen Gôdsherrn klagen. – Schröder, 766.
86. Mist bleibt zu jeder Zeit Mist, wenn auch Weihrauch darauf geschrieben ist. – Grandjean, I, 45.
87. Mist ist der Bauern List.
88. Was Mist gibt, geht über Zucker. – Gotthelf, Käthi, 91.
89. Wenn ich Mist hätte, brauchte ich den Herrgott nit, sagte der Bauer, als der Pfarrer ihm vorhielt, wie er Weizen ernten könne, wenn er nicht gedüngt habe.
90. Wo sich der Mist mehrt, mehrt sich auch das Geld. (Wienerwald.)
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