Dynamomēter

[323] Dynamomēter (griech., »Kraftmesser«), Vorrichtungen zum Messen von Kräften und zur Bestimmung der Größe mechanischer Arbeit mit Hilfe der Kraftmessung. Zu den D. der ersten Art gehören die Federwagen, Federdynamometer und hydraulischen D. Bei Federwagen wird die Größe der auf eine Feder wirkenden Kraft aus der Größe der Formänderung der Feder bestimmt.

Fig. 1. Zugdynamometer.
Fig. 1. Zugdynamometer.

Federdynamometer sind zum Messen größerer Kräfte bestimmte, meist für besondere Zwecke eingerichtete Federwagen. Ein unter anderm zur Ermittelung des Zugwiderstandes von Fahrzeugen etc. geeignetes D. ist das von Schäffer und Budenberg (Fig. 1). Die zu messende Kraft wirkt auf eine geschlossene Feder a von länglicher Gestalt in der Richtung der großen Achse ziehend. Die dadurch hervorgerufene Verkürzung der kleinen Achse, bez. die Kraft wird durch einen in der Mitte der Feder angebrachten Zeigermechanismus auf einer Skala deutlich angegeben. Bei der von Regnier angegebenen, von Morin verbesserten dynamometrischen Kurbel wird aus der Durchbiegung einer mit der Kurbelwelle fest verbundenen Blattfeder die durch Vermittelung der lose auf die Welle gesteckten Kurbel gegen ihr freies Ende wirkende Kraft bestimmt.

Hydraulische D. bestehen aus einem meist einerseits offenen Zylinder, in dem ein dicht anschließender, zur Aufnahme von Zug- oder Druckkräften ausgebildeter Kolben verschiebbar ist. Der Raum zwischen Kolben und Zylinderboden ist mit einer Flüssigkeit (Öl oder Glyzerin) gefüllt. Wirkt auf den Kolben eine Kraft, so übt er auf die Flüssigkeit einen gleich großen Druck aus. An einem mit dem Zylinder verbundenen Manometer wird der Flüssigkeitsdruck in Atmosphären = kg auf 1 qcm abgelesen. Dieser Druck, mit der Kolbenfläche in QZentimetern multipliziert, gibt die Größe der Kraft an.

Alle erwähnten D. zeigen immer die im Augenblick des Ablesens wirkende Kraft an. Um den Mittelwert der während einer bestimmten Zeit oder auf einem bestimmten Wege wirkenden Kräfte festzustellen, hat man die D. mit Registrier- oder Schreibvorrichtungen versehen, die auf einem bewegten Papierstreifen oder einer Tafel der verschiedenen Größe der Kräfte entsprechend eine Kurve auszeichnen, mit deren Hilfe sich der Mittelwert der Kräfte bestimmen läßt. Solche Instrumente (Dynamographen) sind die von Burg-Regnier und von Morin. Hydraulische D. werden zu dem erwähnten Zweck mit selbstregistrierenden Manometern versehen. D. zum Messen der Zugwiderstände von Eisenbahnzügen sind meist mit Registriervorrichtung versehene, zwischen Lokomotive und Zug eingeschaltete Feder- oder hydraulische D.

Zu den Dynamometern der zweiten Art zählen die totalisierenden D., die Einschaltdynamometer und die Bremsdynamometer. Die totalisierenden D. von Morin, Poncelet und Bental messen die auf einem bestimmten Wege (z. B. bei der Fortbewegung von Fahrzeugen) wirkenden Kräfte mit Hilfe eines Federdynamometers und bilden das Produkt: Kraft mal Weg = mechanische Arbeit fortlaufend automatisch. Dem zurückgelegten Wege proportional wird eine ebene Scheibe gedreht. Auf dieser läuft eine kleine Friktionsrolle, die ihren Ort der Formänderung der Dynamometerfeder, d.h. der Kraft proportional wechselt und ihre Umdrehungszahl mittels eines Zählwerkes auszeichnet. Diese Umdrehungszahl gibt ein Maß für die Größe der geleisteten mechanischen Arbeit.

Die Einschaltdynamometer dienen zur Bestimmung der von einer Kraftmaschine (Dampfmaschine, Gasmotor, Turbine etc.) auf die Transmission, bez. Arbeitsmaschine übertragenen mechanischen Arbeit (Arbeitsmesser) und messen, in das Übertragungsorgan (Riemen) zwischen diesen Maschinen eingeschaltet, die am Umfang von Riemenscheiben oder Zahnrädern wirkende Kraft. Eine Vorrichtung dieser Art ist das Riemendynamometer von v. Hefner-Alteneck. Es besteht aus sieben Rollen (Fig. 2), deren Achsen sämtlich parallel zueinander liegen.

Fig. 2. Riemendynamometer.
Fig. 2. Riemendynamometer.

Die Rollen 1–6 sind auf mit dem Rahmengestell fest verbundenen Zapfen drehbar. Rolle 7 ist in einem um die Achse der Rolle 5 beweglichen Rahmen r gelagert, so daß sie aus ihrer Mittelstellung nach beiden Seiten etwas ausweichen kann. Ein verschiebbares Gegengewicht p gestattet, das Gewicht dieser Rolle und des Rahmens r auszugleichen. Wird der Gewichtshebel auf die Marke m eingestellt, so befindet sich die Rolle 7 in der Mittellage. Durch dieses Rollensystem werden die beiden Teile a, b des von der Kraftmaschine nach der Arbeitsmaschine, bez. Transmission führenden Riemens gezogen. In der Ruhe nimmt infolge der gleichmäßigen [323] Spannung der beiden Riementeile die Rolle 7 die Mittellage ein. Wird jedoch durch den Riemen eine Kraft übertragen, so weicht durch die stärkere Spannung des ziehenden Riementeiles die Rolle 7 aus der Mittellage aus. Mittels der Schraube s wird die an dem Rahmen r angreifende Feder f so lange gespannt, bis der Rahmen mit der Rolle 7 wieder in die Mittellage zurückgekehrt ist, d.h. bis der Gewichtshebel wieder auf die Marke m einspielt. Ein an der Feder f angebrachter Zeiger gibt auf einer am Rahmengestell befestigten Skala die Differenz der Spannungen in den Riementeilen a und b, gleich der am Umfang der Riemenscheiben wirkenden Kraft, in Kilogrammen an. Ein Flüssigkeitswiderstand w (sogen. Ölbremse) verhindert zu starke Schwankungen des Rahmens r.

Ein einfaches Zahndruckdynamometer, in Fig. 3 schematisch dargestellt, ist die dynamometrische Schnellwage von Hachette. Die durch den Riemen r1 von der Kraftmaschine in der Pfeilrichtung angetriebene Scheibe a, bez. das auf derselben Achse sitzende Zahnrad b überträgt die Bewegung, bez. Arbeit durch Vermittelung des vertikal verschiebbar gelagerten Zahnrades c auf das Zahnrad b1, bez. die auf derselben Achse sitzende Scheibe a1, von der ein Riemen r2 nach der Arbeitsmaschine führt.

Fig. 3. Dynamometrische Schnellwage.
Fig. 3. Dynamometrische Schnellwage.

Das Rad b übt auf das Rad c am Umfang einen Druck q (gleich der Umfangskraft) nach unten aus, während der am Umfang von b1 wirkende, gleich große Widerstand entgegen der Drehrichtung ebenfalls nach unten mit der Kraft q auf das Rad c drückt. Dadurch ergibt sich eine im Mittelpunkt von c angreifende Kraft 2q, die mit Hilfe der Wägevorrichtung e f g h i gemessen wird, womit auch die einfache Umfangskraft q bekannt ist. Auf dem gleichen Prinzip beruhen die Instrumente von White-Batchelder und Hartig. Neuere Konstruktionen sind die von Fischinger, Dalby und der Leipziger Werkzeugmaschinenfabrik, die z. T. die Formänderung eines zwischen zwei Riemenscheiben, bez. einer Riemenscheibe und einer Welle eingeschalteten elastischen Zwischenstückes zur Messung benutzen.

Bremsdynamometer werden zur Bestimmung der mechanischen Arbeit benutzt, die eine Kraftmaschine unter gegebenen Umständen leistet. Im Gegensatze zu den Einschaltdynamometern verbrauchen sie selbst diese Arbeit durch Reibung und messen die Größe der letztern. Man preßt gegen eine auf der Welle befestigte Scheibe oder Trommel Holzbacken oder umspannt einen Teil ihres Umfanges mit einem Metallband (auch Drähten, Seilen oder einem Hanf- oder Baumwollgurt) und bringt an dessen freien Enden Zugkräfte an. Das bekannteste Instrument dieser Art ist der Pronysche Zaum (Bremszaum, Fig. 4). A ist eine auf der Welle a der Kraftmaschine, deren Leistung bestimmt werden soll und deren Verbindung mit der Transmission, bez. Arbeitsmaschine gelöst ist, sitzende Scheibe. B und C sind hölzerne Bremsklötze, verbunden mit dem Balken D, der an seinem Ende eine Wagschale E trägt. F und G sind zwei Anschläge, die den Hub des Hebels D begrenzen. Nach Ingangsetzung der Maschine zieht man die Schrauben b b nach und nach an, bis die verlangte Umdrehungszahl erzielt ist. Wenn sich a in der Richtung des Pfeiles dreht, wird D an den obern Anschlag angedrückt werden, und man muß die Wagschale mit einem Gewicht belasten, damit D unter Erhaltung der Umdrehungszahl der Welle fortwährend in horizontaler Lage schwebt.

Fig. 4. Pronyscher Zaum.
Fig. 4. Pronyscher Zaum.

Durch Anziehen und Nachlassen der Schrauben und versuchsweises Belasten der Wagschale erhält man nach und nach diesen Gleichgewichtszustand. Zur Schmierung und Kühlung muß durch d Seifenwasser eingegossen werden. Die Reibung, welche die mechanische Arbeit verzehrt, wird gemessen durch die im Punkt c am Balken D angreifende Kraft P. Sie ist gleich dem auf die Schale gelegten Gewicht, vermehrt um das Eigengewicht der Wagschale und um den Zug nach unten, den D selbst bei c ausübt. Ist die Reibung, bez. die Kraft bei A, mit der die Maschine den Bremszaum zu drehen sucht, = K, der Halbmesser der Scheibe = r und l die Länge des Hebelarmes, so hat man aus K.r = P.l; K = (P.l)/r.

Bei beschränktem Raum und nicht zu großen Leistungen verwendet man vorteilhaft die Banddynamometer von Navier u. Imray. Bei diesen ist die Bremsscheibe auf einem Teil ihres Umfanges von einem Metall- oder andern Band umgeben, dessen Enden durch Gewichte belastet oder mit Federwagen in geeigneter Weise verbunden sind.

Sehr häufig wird die Brauersche Bremse benutzt. In Fig. 5 ist die auf der Kraftmaschinenwelle sitzende, in der Pfeilrichtung umlaufende Scheibe S auf dem ganzen Umfang von einem zweiteiligen Metallband M umgeben, dessen Enden einerseits durch die zum erstmaligen Spannen dienende Schraube A verbunden sind und anderseits an dem Spannhebel C angreifen. Die feinere Einstellung wird durch Anziehen und Nachlassen der Schraube B und dadurch bewirktes Heben und Senken des rechten Hebelendes bewirkt. Die Schnur E besorgt die selbsttätige Regulierung, indem sie das rechte Spannhebelende zurückhält und dadurch die Bremse entspannt, sobald die Reibung größer wird und die Scheibe das Band mitnehmen will. Das Zurückhalten des Hebels C wird durch die Feder F gestattet. Die Größe der Reibung wird durch ein ihr das Gleichgewicht haltendes, am Umfang des Bremsbandes hängendes Gewicht P oder durch eine geeignet angebrachte Wage bestimmt. Die[324] am Boden befestigten Seil X verhüten ein Mitnehmen des Bremsbandes durch die Scheibe und ein Herumschleudern des Gewichtes P.

Fig. 5. Brauersche Bremse.
Fig. 5. Brauersche Bremse.

Bei den beschriebenen Einschalt- und Bremsdynamometern ist die zu bestimmende, auf 1 Sekunde übertragene oder geleistete mechanische Arbeit (in Meterkilogrammen) gleich dem Produkt aus der an der Riemenscheibe, dem Zahnrad oder der Bremsscheibe gemessenen Umfangs-, bez. Bremskraft und der Umfangsgeschwindigkeit (dem Weg, den ein Punkt des Umfanges in einer Sekunde zurücklegt). – D. werden auch zu physiologischen Zwecken verwendet, um die größte von gewissen Muskelgruppen entwickelte Muskelkraft zu messen. So kann der Druck bestimmt werden, der durch kräftigstes Zusammenballen einer Hand oder beider Hände erzeugt wird. Am häufigsten bedient man sich dabei des Dynamometers von Collin.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 323-325.
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