Escher von der Linth

[101] Escher von der Linth, 1) Johann Konrad, einer der verdienstvollsten Schweizer der neuern Zeit, geb. 24. Aug. 1767 in Zürich, gest. 9. März 1823, widmete sich, obwohl für den kaufmännischen Stand bestimmt, nach einem Aufenthalt in Paris und London 1787 in Göttingen wissenschaftlichen Studien, unternahm 1788 eine Reise nach Italien und trat hierauf in das Geschäft seines Vaters, eines Kreppfabrikbesitzers. 1798 nach der Gründung der Helvetischen Republik zum Mitgliede des Großen Rates derselben gewählt, zeichnete sich E. durch den Freimut aus, womit er der Gewaltherrschaft der Franzosen und den terroristischen Neigungen des von Laharpe und Ochs geleiteten helvetischen Direktoriums entgegentrat. Mit Paul Usteri gab er 1798–1801 den »Schweizerischen Republikaner« heraus, eine Hauptquelle für die Schweizer Geschichte dieses Zeitraums. Am 2. Febr. 1802 in die helvetische Regierung berufen, suchte er umsonst zwischen den Parteien der Unitarier und Föderalisten zu vermitteln, trat beim Staatsstreich vom 17. April 1802 ins Privatleben zurück und nahm sich nun der von der Linth in einen verpesteten Sumpf verwandelten Gegend zwischen Walen- und Zürichsee an. Nachdem er 1803 seine Pläne zur Kanalisierung der Linth vor die Tagsatzung gebracht, wurde er im folgenden Jahr mit der obersten Leitung des Werkes beauftragt und unterzog sich seiner Aufgabe bis zu ihrer Vollendung (1822) mit rastloser Hingabe, während er auch durch Anlegung der Linthkolonie, einer Erziehungsanstalt für verlassene Kinder aus der Gegend, segensreich wirkte. Seit 1814 war er Mitglied des Züricher Staatsrates. Die Regierungen von Zürich, Schwyz, Glarus und St. Gallen verliehen ihm und seinen Nachkommen den Ehrennamen von der Linth, und die Tagsatzung ließ ihm am Linthkanal ein Denkmal errichten. Mehrere Taschenbücher und Zeitschriften enthalten geognostische Aufsätze von ihm. Vgl. Hottinger, Hans Konrad E. (Zürich 1852); »Briefwechsel zwischen Johann Rudolf Steinmüller und Hans Konrad E.« (hrsg. von Dierauer in den »Vaterländischen Mitteilungen«, St. Gallen 1889).

2) Arnold, Geolog, Sohn des vorigen, geb. 8. Juni 1807 in Zürich, gest. daselbst 12. Juli 1872, studierte seit 1825 in Genf und Berlin, ward 1834 Privatdozent an der Hochschule zu Zürich und begann 1836 großenteils mit Studer und Heer seine sehr vielseitigen Untersuchungen der Schweizer Alpen, der Sekundärgebirge, der Gletscher etc. Sehr rege Beteiligung widmete er der geologischen Karte der Schweiz. Mit Martins (Montpellier) und Desor bereiste er Algerien, entdeckte im Atlas Jura- und Kreideschichten und ermittelte, daß die Sahara zum großen Teil erst in der posttertiären Zeit Wüste geworden, nachdem sie bis dahin vom Meer bedeckt gewesen, eine Tatsache, die zur Stütze der Theorie Eschers vom Einfluß der Saharawinde auf die Verminderung der Gletscher herbeigezogen wurde. Seit 1856 war er Professor der Geologie am Züricher Polytechnikum, zugleich aber widmete er seine Tätigkeit der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich, der mineralogisch-geologischen Sammlung daselbst (später mit Mayer und Mösch) und vielen gemeinnützigen Bestrebungen. Er veröffentlichte eine Karte des Kantons Glarus (1849) und mit Studer die »Carte géologique de la Suisse« sowie die geologische Übersichtskarte der Schweiz (Winterthur 1853, 2. Aufl. 1867) und schrieb: »Die Wasserverhältnisse der Stadt Zürich und ihrer Umgebung« (mit Bürkli, Zürich 1871). Vgl. Heer, Arnold E., Lebensbild eines Naturforschers (Zürich 1873).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 101.
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