Hinterlegung

[355] Hinterlegung (Deposition) ist die Übergabe des geschuldeten Gegenstandes an eine durch gesetzliche Vorschriften (notwendige H.) oder Vereinbarung (freiwillige H.) bestimmte Person oder Behörde. Die hinterlegten Gegenstände nennt man auch Depositen, den Hinterleger Depositar und den ganzen Vorgang bezeichnet man mit Deponieren. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch kann die H. nur bei einer öffentlichen Stelle, der sogen. Hinterlegungsstelle, und zwar derjenigen des Leistungsortes, erfolgen. Die Bestimmung desselben sowie die nähere Regelung des Hinterlegungswesens ist der Landesgesetzgebung überlassen (§ 144–146 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch). Als Hinterlegungsstellen gelten in den meisten Bundesstaaten die Amtsgerichte. Veranlassung derselben kann Annahmeverzug (s. Verzug) des Gläubigers und unverschuldete Ungewißheit über die Person des Gläubigers sein. Gegenstand der H. sind Geld, Wertpapiere und sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten. Ist der Gläubiger gleichfalls zu einer Leistung verpflichtet, so kann der Schuldner die Herausgabe der hinterlegten Sache von der erfolgten Gegenleistung abhängig machen. Hat eine H. stattgefunden, so ist der Gläubiger, wenn irgend möglich, sofort hiervon zu benachrichtigen. Solange noch nicht über die Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit der H. entschieden ist, kann der Schuldner die hinterlegte Sache zurücknehmen, es sei denn, er hat bei der H. auf Rücknahme verzichtet oder der Gläubiger hat der Hinterlegungsstelle gegenüber die Annahme erklärt. Das Recht auf Zurücknahme ist weder pfändbar noch übertragbar. Nimmt der Gläubiger die hinterlegte Sache an, oder ist deren Zurücknahme ausgeschlossen, so wirkt die H. wie eine Erfüllung gegenüber dem Gläubiger, ebenso trägt er vom Augenblick der H. an die Gefahr für die hinterlegte Sache. Wird die hinterlegte Sache nicht spätestens 30 Jahre nach dem Empfang der Anzeige von der H. oder nach dem Zeitpunkt der erfolgten H. vom Gläubiger in Anspruch genommen, so erlischt dessen Anspruch, und der Schuldner ist zur Rücknahme berechtigt. Sachen, die sich nicht zur H. eignen, können am Leistungsort oder an einem hierzu besser geeigneten Orte nach vorheriger Androhung und Benachrichtigung der Versteigerung öffentlich versteigert und der Erlös dann hinterlegt werden. Sachen, die einen Börsen- oder Marktpreis haben, darf der Schuldner aus freier Hand durch einen zu solchen Verkäufen ermächtigten Handelsmakler oder durch einen zu öffentlichen [355] Versteigerungen befugte Person zum laufenden Preis versteigern lassen. Die Kosten der H. wie der Versteigerung hat der Gläubiger zu tragen (vgl. § 372 bis 386 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Unterläßt der Schuldner die Anzeige der H., der Androhung der Versteigerung, der Vornahme der Versteigerung oder läßt er die Sache nicht am Leistungsort, bez. an einem etwa hierzu günstigern Ort versteigern, so hast et er dem Gläubiger für den daraus entstehenden Schaden. Keine Anwendung finden die bisher entwickelten Grundsätze auf eine H., die zum Zwecke der Sicherheitsleistung oder nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung erfolgt. In Konkurs hat der vorläufig bestellte Verwalter Gelder, Wertpapiere und Kostbarkeiten, die sich in der Konkursmasse befinden, bis zur endgültigen Beschlußfassung durch die Gläubigerversammlung oder den Gläubigerausschuß nach Anordnung des Gerichts zu hinterlegen (§ 129 der Konkursordnung). S. auch Sicherheitsleistung und Verwahrung. Vgl. Mühsam, Die gerichtliche H., insbesondere zum Zwecke der Schuldbefreiung nach gemeinem Recht und Bürgerlichem Gesetzbuch (Berl. 1900); Beer, Die H. zum Zwecke der Befreiung von Schuldverbindlichkeiten (Leipz. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 355-356.
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