[223] Ahnen, 1) Voreltern überhaupt, bes. aber 2) adelige Vorfahren. Schon seit dem 14. Jahrhundert war es, um gewisse Vorzüge des Adels, z.B. Zulassung zu Turnieren, Aufnahme in die geistlichen Stifter (als Domherren od. Stiftsfräuleins) u. adelige Ritterorden, später um Kammerherrenstellen u. andere hohe Hofchargen, Aufnahme in die landschaftliche Ritterschaft u. gewisse Gerichtshöfe, zu erlangen, nicht genug, daß man den eigenen Adel nachwies, sondern man bedurfte hierzu auch eine gewisse Anzahl Vorfahren, die adelig gewesen sein mußten. In Deutschland verlangte man, daß eine gewisse Anzahl männlicher sowohl, als weiblicher Vorfahren adelig gewesen wäre, in England, Spanien u. Frankreich genügte der Nachweis der männlichen A. (vgl. Adel). In Deutschland wurden meist 16 A. verlangt, d. h., der Adelige mußte nachweisen, daß sämmtliche Voreltern, bis ins 4. Glied, also nicht nur die Eltern, sondern auch sämmtliche Großeltern, Ur- u. Urgroßeltern adelig waren (s.d. untenstehende Ahnentafel). War dies nur bis ins 3. Glied der Fall, so waren 8 A-n, bis ins 2., 4 A. vorhanden, u. auch dies genügte bei manchen Stiftern u. Höfen, um Eintritt zu finden. Adelige Voreltern im 5. Geschlecht geben 32, im 6. Glied 64 A. Um diese A. zu erhalten, wurde früher in den adeligen Geschlechtern bei Heirathen sehr auf das Vorhandensein gleicher A. gehalten u. Heirathen mit bürgerlichen Frauen (Mesalliancen) od. mit Frauen von weniger A. vermieden. Jetzt wird nur noch bei der Aufnahme in den Johanniterorden u. in einige Capitel Rücksicht auf die A. genommen. Die Wichtigkeit der durch A. erlangten Ansprüche hat ein eigenes Ahnenrecht erzeugt, das die Rechtsansprüche, welche durch A. erlangt werden, u. die Mittel, die Echtheit der A. zu untersuchen, zum Gegenstand hat. Letzteres geschieht durch die Ahnenprobe, d. h. durch den Beweis, welchen ein Adeliger dafür zu führen hat, daß er von einer gewissen Reihe von A. rein u. rechtmäßig abstamme. Zur A-probe gehören: a) die Filiationsprobe, d. h. die auf Urkunden gestützte Darstellung der in vorliegendem Falle geforderten Anzahl von A. Wenn bei jeder auf der A-tafel genannten Person die Abstammung von Vater u. Mutter u. die standesgemäße Vermählung angegeben und durch Beweise erhärtet ist, so heißt dies der Filiationstext; b) die Adelsprobe, d. h. der Nachweis, daß die auf der A-tafel angeführten Personen auch von altem, ritterbürtigem, stiftsmäßigem Adel sind u. das beistehende Wappen mit Recht führen. Beweismittel sind Urkunden (bes. Trau- u. Taufscheine, Auszüge aus den Kirchenbüchern, Adelsbriefe, Auszüge aus Adelsmatrikeln), Denkmäler (Wappen, Denksteine u. dgl.) u. eidliches Zeugniß von zwei ritterbürtigen u. stiftsmäßigen adeligen Personen. Gestört wird die Adelsprobe, wenn eine der Personen, auf welche sich berufen wird, nur durch Adoption, Legitimation od. Adelsverleihung den Adel erhielt. Zur leichtern Übersicht der A-probe dienen die Ahnentafeln, Geschlechtstafeln, auf denen eine bestimmte Anzahl ununterbrochen rechtmäßig auf einander folgender A. dargestellt ist: Sie sind ungefähr wie folgt eingerichtet:
[223] Vgl. Stammbaum. Um einem neu zu Adelnden besondere Gunst zu beweisen, theilten die Kaiser demselben seit dem 15. Jahrhundert oft gleich 4, 8 u. 16 A. mit (adelten seine Vorfahren im Grabe); doch hat dies bei den Adelsproben manche Widersprüche erfahren. Vgl. Estor, Anleitung zur Ahnenprobe, Frkf. 1750.