Karlsbad

[324] Karlsbad (Kaiser K.), Stadt an der Tepl im Kreise Eger (Böhmen), in engem Thale; Fertigung von Näh-, Strick- u. Stecknadeln, Gewehren, Messern, Scheren, eingelegten Metallwaaren, Feuerstahlen, Blech, Draht, seinen Tischlerarbeiten etc.; 4000 Ew. Die dasigen Mineralquellen gehören zu den berühmtesten in Europa u. werden jährlich von 5–41000 Curgästen, bes. aus Österreich, Sachsen, Preußen, Polen u. Rußland, Schweden, Großbritannien u. seinen Colonien besucht. Die Quellen brechen auf beiden Seiten der Tepl, innerhalb der Stadt, in geringer Entfernung von einander hervor. Die wichtigste ist der Sprudel (ehemals Brudel), an der rechten Seite der Tepl, früher allein im Gebrauch; siedendem Wasser gleich, bricht er aus einem kalkigen, 1–2 Ellen mächtigen, vom Wasser erzeugten, rindenartigen Gestein (Sprudelschale), welches aus einem theils alabasterweißen, theils rothbraun gestreiften, marmorartigen, aus kohlengesäuertem Kalk mit Eisentheilen bestehenden Steine (Sprudelstein) gebildet ist, hervor; Temperatur 40–60° R. In mehre der in die Sprudelschale gebrochenen Öffnungen hat man Ständer gesetzt, wo das kohlensaure Gas u. der Wasserdampf in Absätzen von 1/41/2 Minuten das heiße Wasser springbrunnenartig ausstößt. Andere Öffnungen schließen sich von selbst, indem sie übersintern, doch muß man die, welche bleiben, viermal das Jahr ausbohren, sonst sprengt das Wasser, wie 1809, die Sprudelschale u. richtet Schaden an. Die der Tepl zunächst gelegene Röhre war seit 1749 der eigentliche Sprudel, welcher bis dahin einzig zum Trinken diente. 1809 aber entstand, nur einige Schritte vom Sprudel entfernt, der neue Sprudel (nachmals Hygieensquelle, seit 1826 mit sechs Badezimmern u. Dampfbad, aber auch zum Trinken benutzt), welcher beinahe so heiß u. wasserreicher als der alte Sprudel war..., noch uneingeengt, 9 Fuß hoch sprang. Der alte Sprudel dagegen verlor bei der Sprudelbohrung 1826 seine Sprungkraft, welche in desto höherem Maße auf die Hygieensquelle überging. Der Sprudel ist gefaßt u. mit Gittern umgeben (Temp. 59–60° R.). Nahe beim Sprudel liegen mehre Heilquellen, die jetzt noch mehr als der Sprudel besucht sind, obgleich sie dieselben Bestandtheile enthalten. Die übrigen Mineralquellen sind: der Bernhardsbrunnen, Temperatur 511/2 –56°; unter ihm der Neubrunnen (Temp. 49°), mit Säulengang; der Mühlbrunnen (Temp. 45°) befand sich sonst in einer alten Mühle, welche aber 1826 weggerissen wurde; der Marktbrunnen, besteht seit 1838 (Temp. 46°); der Theresienbrunnen (Temp. 43–44°), einige Stufen höher als der Säulengang, ebenfalls häufig gebraucht; der Schloßbrunnen, der höchste, aus dem Felsenboden beim Rathhause hervorbrechend, 1797 gefaßt, versiegte beim Sprudelausbruch 1809, erschien aber 1823 wieder u. hat 40° R.; der Spitalbrunnen (Temp. 45–46°), dient blos zu Hospitalbädern für Arme; der Felsenbrunnen, beim Mühlbrunnen aus einer Felsenwand mit 30° Wärme hervordringend, wird zu Tropfbädern verwendet. Vermöge des großen Gehaltes an kohlensaurem Gas läßt sich das Wasser dieser Quelle lange Zeit unverändert aufbewahren u. eignet sich daher vollkommen zur Versendung. Den ersten Versuch machte Hlawaczek, welcher es bis Athen sendete, u. es werden jetzt durch die Mineralwasserversendungs-Anstalt von Knoll u. Mattoni jährlich viele 1000 Krüge in alle Weltgegenden verschickt [324] 1/4 Stunde von K. ist ein kalter Sauerbrunnen, von welchem man jedoch nur nebenher u. als Zusatz zum Baden Gebrauch macht. Nach der Analyse Wolfs fand man auch schwefelsaures Kali 1, 96039 Gr., Natriumjodid 0, 02096 Gr., Natriumbromid 0, 01336 Gr. Berzelius fand in allen Brunnen gleichmäßig in 1 Pfund (16 Unzen): schwefelsaures Natron 19, 8691 Gr., salzsaures Natron 7, 2753 Gr., kohlensaures Natron 9, 6950 Gr., kohlensauren Kalk 2, 3700 Gr., flußspathsauren Kalk 0, 0245 Gr., phosphorsauren Kalk 0, 0016 Gr., kohlensauren Strontian 0, 0072 Gr., kohlensaure Magnesia 1, 2696 Gr., basische phosphorsaure Thonerde 0, 0024 Gr., kohlensaures Eisenoxydul 0, 0278 Gr., kohlensaures Manganoxyd 0, 0064 Gr., Kieselerde 0, 5771. Göttl hat die Mengen der vorkommenden Stoffe durch chemischen Nachweis auch sehr vermehrt, indem es ihm gelang in großen Wassermengen nachzuweisen: Baryt, Lithion, Titan, Nikel, Kobalt, Kupfer, Blei, Silber u. Gold, Selen, Harze u. bituminöse Stoffe. Die Menge des kohlensauren Gases ist jetzt genau bestimmt, u. davon enthält der Sprudel in 16 Unzen nahe an 8 u. der Schloßbrunnen etwas über 17 Kubikzoll. Der Karlsbader Sprudel wurde 150 Jahr lang einzig als Bad gebraucht u. deshalb durch Rinnen in die Keller der Stadt geleitet, wo man badete. Als man später das Wasser trank, wurden die Bäder vernachlässigt, letzt sind in K. zwei große Badehäuser eingerichtet, nach einem großen Brande 1759 in den neuen Häusern keine Bäder mehr eingerichtet u. jetzt wird fast allenthalben das Wasser in die Häuser zum Baden in Badewannen getragen. Seit mehren Jahren schon sind auch Moorbäder in Gebrauch. K. ist bes. für chronische, bes. durch Störungen des Pfortadersystems veranlaßte Unterleibsleiden nützlich. Curzeit 4–8 Wochen. Meist wird das Wasser den ersten Morgenstunden am Quell getrunken a. in den Tagesstunden gebadet. Hier wurde am 13. Septbr. 1858 (dem 500. Jahrestag der Gründung) dem Kaiser Karl IV., als dem Gründer des Karlsbades, ein Denkmal errichtet. Merkwürdig bei K., außer dem steilen Felsen Hirschensprung (Hirschenstein), der Dreikreuzberg, der Hammer- u. Laurenzberg, eingerichtete, gut unterhaltene Anlagen, so wie eine Menge in der Nähe für geselliges Zusammensein reizend gelegene Erholungsörter (Sächsischer Saal, Posthof, Freundschaftssaal, Hammer). Vgl. Sartori, Taschenbuch für Karlsbads Curgäste, Wien 1817; J. J. v. Berzelius, Untersuchung der Mineralwasser von K, Teplitz u. Königsmark, aus dem Schwedischen von G. Rose, mit Zus. von Gilbert, Lpz. 1823; v. Hoff, Geognostische Bemerkungen über K., Gotha 1825; K. u. seine Heilquellen, ein Handbuch für Curgäste, von J. E. Ryba, Prag 1827; Mannl, Der Führer in K. u. seinen Umgebungen, Karlsb. 1853: Carro, Vingt-huit ans dobservations et d'experience à Carlsbad., ebd. 1853; Hauck, Karlsbad, Berl. 1857; Hlawaczek, Karlsbad, Prag 1859._– Schon um 664 werden in Urkunden, unter dem Namen Tepliwode, warme Quellen in der dasigen Gegend erwähnt. Mehr bekannt wurden sie durch Kaiser Karl IV., von dem bei einer Jagd, welche er von Ellnbogen aus 1347 (nach Anderen 1358) unternahm, ein Jagdhund, welcher einen Hirsch vom Hirschensprung herab verfolgte u. sich die Läufe verbrannte, zur Benutzung der Quellen Anlaß gab. Peter Beyer, des Kaisers Arzt, heilte ein Fußleiden des Kaisers mit dem Warmbad, ein Schloß wurde gebaut u. schnell fanden sich Ansiedler. 1370 erließ Karl von Nürnberg aus einen Freiheitsbrief an die Einwohner, worin er dem Ort Stadtrechte u. den Namen K. gab. 1544 wurde K. protestantisch, 1628 aber wieder katholisch. Mit Ellnbogen war es bis 1577 an die Grafen von Schlick verpfändet, wurde aber wieder eingelöst. 1707 ward es königliche Stadt. Hier Ministerialcongreß der Deutschen Bundesversammlung; derselbe faßte am 20. Sept. 1819 die Karlsbader Beschlüsse, welche die Auslegung des Art. 13 der Bundesacte im Sinne des monarchischen Princips, die Executionsordnung für die Bundesbeschlüsse, die Überwachung der Universitäten, die Censur der periodischen Schriften u. der Werke unter 20 Druckbogen, das Recht der Bundesversammlung zur Unterdrückung von Preßerzeugnissen u. die Niedersetzung einer Centraluntersuchungscommission gegen revolutionäre Umtriebe betrafen; s.u. Deutscher Bund. Vgl. Welcker, Wichtige Urkunden für den Rechtszustand der deutschen Nation, Manh. 1844.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 324-325.
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