[196] Bauernkrieg nennt man die Aufstände des Landvolkes im südl. und westl. Deutschland zur Zeit der Reformation, vorzüglich 1525, welche zunächst der Wunsch nach Erleichterung kaum erschwinglicher Lasten, das Verlangen nach Unterricht in der evangelischen Lehre und das gänzliche Misverstehen der von den Reformatoren gepredigten christlichen Freiheit, indem man dadurch auch von allen Abgaben, Frohndiensten u.s.w. sich befreit glaubte, veranlaßte.
Klagen über harten Druck waren übrigens nichts Neues; selbst Kaiser Friedrich III. sprach sich 1441 aufs Entschiedenste gegen den Adel und die Geistlichkeit aus und wünschte die menschliche und christliche Freiheit der »armen Leute«, wie man damals das Landvolk nannte, wieder aufzurichten. Allein geistliche und weltliche Herren fuhren fort, die ungemessensten Foderungen zu stellen. Dies war vorzüglich zu Anfang des 16. Jahrh. der Fall, wo Söldner an die Stelle des Rittergefolges traten, deren Erhaltung dem Bauer meist aufgebürdet und auch sonst mehr als je von ihm gefodert wurde, um der einreißenden Prunksucht zu fröhnen. Gerichtshöfe aber, wo der Landmann Schutz gegen seine Herren suchen konnte, gab es nicht. Daneben hatte sich ein großer Theil der Geistlichkeit durch Unwissenheit, Stolz, ärgerliches Leben und Verfolgungssucht verhaßt gemacht, daher auch nicht wenig unter geistlicher Obrigkeit stehende Gebiete am Aufstande Theil nahmen, der sich durch viele einzelne Ausbrüche der Unzufriedenheit lange vorher ankündigte. Schon 1476 veranlaßten im Bisthume Würzburg die Predigten des Hirten Hans Böheim aus Niclashausen Zusammenrottirungen von mehr als 30,000 Menschen, die aber nach seiner Verhaftung und Hinrichtung leicht zerstreut wurden. Den Aufstand der Bauern des Abts von Kempten, 1491, dämpfte der schwäb. Bund; gefährlicher konnte für die Niederrheingegend 1492 die Empörung der niederländ. Bauern werden, welche sich bei 40,000 versammelt hatten, ein Brot und einen Käse in ihren Fahnen führten, deshalb »Käsebröder« hießen, durch den Statthalter Herzog Albert von Sachsen aber zerstreut wurden. Von mehren Bauerverschwörungen im Elsaß, 1493, im Abteigebiete von Ochsenhausen, 1500, im Bisthume Speier, 1505, war letztere die wichtigste, wurde aber noch vor der Ausführung entdeckt. Sie wird auch der Bundschuh genannt, weil ein damals gewöhnlicher, über den Knöcheln mit Riemen zugeschnürter Bauerschuh zum Banner diente. Andere Aufstände fanden 1509 in Erfurt, 1511 in Konstanz, 1513 zu Lehen im Breisgau statt. In Würtemberg gab die Erhöhung des Weinzolles und Verminderung von Maß und Gewicht Anlaß, daß aus einer fröhlichen Brüderschaft, nach ihrem Stifter der »arme Konrad« genannt, 1514 ein Verein der Widersetzlichkeit hervorging, der aber durch Nachgeben entwaffnet wurde; einen ähnlichen Verein zu Bühel in Baden unterdrückte man durch Gewalt.
Nach Luther's Auftreten fanden noch 1522 im Hegau, 1523 in Salzburg, 1524 auf den Gütern des Grafen von Lupfen und des Abtes von Reichenau bald gedämpfte Aufstände statt, ehe am 1. Jan. 1525 der Hauptaufruhr von den Bauern des Abts von Kempten begonnen wurde, denen die Stadt, die bischöflich-augsburg. Bauern im Algau, die der Äbte von Ochsenhausen, Roth, der Grafen von Montfort, der Truchsesse von Waldburg und anderer adeligen Herren sich anschlossen. Ein Bundesvertrag dieser oberschwäb. Bauern kam am 7. März zu Stande, worauf sie sich in drei Haufen, zwischen Günzburg und Leipheim, bei Wurzach und am Bodensee lagerten. Gegen sie rüstete sich der schwäb. Bund, welcher Georg Truchseß von Waldburg, einen eifrig katholischen und unerbittlich strengen Mann, zu seinem Feldherrn ernannt hatte, mit um so mehr Eile, als der vertriebene Herzog Ulrich von Würtemberg gleichzeitig ein Heer Schweizer anwarb und sich mit den Bauern zu vereinigen drohte. Die schweizer Obrigkeit aber wurde [196] zur Abberufung der Söldner, welche der Herzog geworben, vermocht und nun konnte das Heer des schwäb. Bundes, ohne sich im Rücken bedroht zu sehen, gegen die Bauern ziehen, die am 4. Apr. bei Leipheim, am 14. bei Wurzach leicht und völlig besiegt wurden. Bessere Haltung behauptete der vom Bodensee heranziehende dritte Hause, mit welchem deshalb am 22. Apr. ein Vertrag zu Stande kam, worauf er sich friedlich zerstreute.
Unterdessen hatte sich der Aufstand über die Neckar-, Main- und Rheingegend und den Odenwald, ganz Franken, die Gebiete des Deutschmeisters, Hohenlohe, des Bischofs von Würzburg, die Reichsstadt Rothenburg, Heilbronn, das Oberstift Mainz, den Rheingau, Breisgau, Würtemberg, Tirol, Steiermark, das Bisthum Speier, die Pfalz, den Elsaß, bis nach Hessen und Thüringen verbreitet. In den Reichsstädten Frankfurt am Main, Worms und Speier wurden neue Magisträte bestellt, geistliche Güter eingezogen und von den nicht reichsfreien Städten zeichneten sich vorzüglich die unter geistlichen Herren, wie Mainz, Würzburg, Salzburg, Fulda und andere durch Zutritt zu den Bauern oder eignen Aufruhr aus. Zur Verbreitung des Aufstandes trugen außer den obengenannten Ursachen Drohungen der Bauern und Schriften viel bei, worin des Volkes Beschwerden und Foderungen ausgesprochen wurden und von denen die sogenannten zwölf Artikel die berühmteste und gewissermaßen ein gedrängter Entwurf Dessen ist, was die Bauern erringen wollten. Sie sprachen den Gemeinden die Wahl ihrer Pfarrer zu, die den Kornzehnten forterhalten sollten, verlangten Aufhebung der Leibeigenschaft, des Viehzehntens; Freiheit von Jagd und Fischerei, wenn das Wasser nicht bedingungsweise verkauft sei; Rückgabe der vom Adel in Besitz genommenen Gemeindewaldungen und Ländereien; Beschränkung der Frohndienste auf das Herkömmliche und Bezahlung der darüber nöthigen u.s.w. Mit der Bescheidenheit mancher dieser Foderungen im grellen Widerspruch war aber der Bauern Thun, die Blut nicht sparten, Küchen und Keller leerten, was sie nicht verzehren konnten, verdarben, Schlösser und Klöster plünderten und verbrannten.
Ohne gemeinschaftliche Leitung und festen Plan zogen sie raubend und schwelgend einher und nur auf Betrieb weiter sehender Anführer ward Götz von Berlichingen (s.d.) von ihnen zum Hauptmann gewählt und durch Drohungen und Zureden der mainzer Räthe auch bewogen, sich vom 24. Apr. an in der Hoffnung dazu herzugeben, fernere Gewaltthaten zu verhüten, was er aber nicht vermochte. Ähnliche Verhältnisse und Luft nach geistlichen Gütern bestimmten auch viel andere Edelleute, den Bauern zu helfen, von denen Anfangs Mai ein zahlreicher Hause, geführt vom Schenkwirthe Georg Metzler vom Odenwalde und dem sich leidend verhaltenden Götz, den Würzburgern zu Hülfe zog, mit ihnen die bischöfliche Feste Liebfrauenberg belagerte und allein am Main 179 Burgen und 28 Klöster verheerte. Hatte sich aber der Aufstand bisher schnell verbreitet, so wurde er noch schneller zu Boden geschlagen. Der Truchseß von Waldburg wendete sich von Weingarten mit seinem Heere zuerst gegen die würtemberger Bauern, die er am 12. Mai zwischen Böblingen und Sindelfingen besiegte, vereinigte sich bei Fürfeld mit den Truppen des Kurfürsten von der Pfalz und anderer Fürsten vom Rhein und Main, welche bereits im Bisthum Speier die Ruhe hergestellt hatten, und zog nun gegen Würzburg. Nach zwei leichten Siegen, am 2. Jun. bei Königshofen an der Tauber, wo 7000 Bauern blieben und am 4. bei Sulzdorf und Ingolstadt, ergab sich die Stadt Würzburg am 7. Jun. auf Gnade und Ungnade. Ein neuer Aufstand in der Pfalz ward sehr schnell mit der Einnahme von Weißenburg gedämpft. In den Städten Frankfurt, Mainz, Worms und Speier gab die Bürgerschaft die Abschaffung der eingeführten Neuerungen zu, den Rheingau schützte rasche Unterwerfung vor Waffengewalt und auch der Breisgau ward auf gütliche Weise beruhigt, nur in Oberschwaben hielt sich noch bei Kempten ein großer Hause Empörer und dorthin zog jetzt der Truchseß, ward aber durch ihre feste Stellung abgehalten, sie anzugreifen. Zu ihrem Glück traf um diese Zeit der menschlichere Georg von Frundsberg (s.d.) beim Bundesheere ein und wußte durch Bestechung der Bauernanführer den ganzen Haufen zum Auseinandergehen zu bringen. Da nun sogleich das schwäb. Bundesheer entlassen wurde, so unterblieb hier wenigstens Blutvergießen, woran es Georg Truchseß, sowie an Plündern, Sengen und Brennen so wenig hatte fehlen lassen, wie die Bauern. Auf ähnliche harte Weise hatte Herzog Anton von Lothringen die Bauern im Elsaß bekämpft, ganze Ortschaften mit ihren Bewohnern verbrannt und Grabesruhe hergestellt; im Salzburgischen dämpften die Östreicher und Frundsberg den Aufruhr minder blutig.
Gewissermaßen abgesondert von diesen Aufständen und ausgezeichnet durch wilden Fanatismus des Volks, steht der in Thüringen von einem der merkwürdigsten damaligen Volksverführer, dem hier abgebildeten Thomas Müntzer, geb. zu Stolberg am Harz, gleichzeitig erregte Aufruhr da. Müntzer hatte schon frühzeitig als Lehrer in Aschersleben und Halle ein Complott gegen den Erzbischof von Magdeburg angezettelt. war ehrgeizig, beredt, in der Bibel sehr belesen und hatte [197] sich 1520 in Zwickau, wohin er als Pfarrer berufen wurde, den Wiedertäufern angeschlossen. Als Prediger in Altstädt, 1522–24, hatte er außerordentlichen Zulauf, rühmte sich des göttlichen Berufs zum Umsturz der Obrigkeit, predigte Gütergemeinschaft, entwich aber, als er deshalb zur Verantwortung nach Weimar gefodert wurde, nach Süddeutschland, wo er sich in Nürnberg, dann in Schwaben aufhielt und 1525 nach Thüringen zurückkam. In Mühlhausen wählte ihn eine Partei Bürger zum Prediger, die durch ihn bald die herrschende wurde. Der Stadtrath ward von ihr verändert, die Klöster wurden geleert und nachdem sich der verwegene Prämonstratensermönch Pfeiffer zu Müntzer gesellt, trotz dessen Unentschlossenheit auf einem Raubzuge ins Eichsfeld 25 Klöster und das Schloß Scharfenstein verheert. Der Aufruhr griff weiter um sich, allein es nahten auch schon der Landgraf Philipp von Hessen, der in seinem Lande schnell Friede gestiftet, Kurfürst Johann und Herzog Georg von Sachsen, Herzog Heinrich von Braunschweig und Andere, die am 15. Mai bei Frankenhausen zusammentrafen, wo die Bauern, 8000 M. stark, sich mit einer Wagenburg auf einem Berge verschanzt hatten, der seitdem Schlachtberg heißt. Müntzer benutzte die Erscheinung eines Regenbogens, die um ihn versammelte Menge so zu entflammen, daß sie alle Auffoderungen abwiesen. Ein geistliches Lied singend, ließen sie ruhig das feindliche Heer herankommen, bis sie Kugeln und Spieße fühlten, worauf sie die Flucht ergriffen, auf der sie meist niedergemacht wurden. Müntzer entkam nach Frankenhausen, ward aber entdeckt, mit vielen Andern durchs Schwert hingerichtet und sein Kopf auf einen Pfahl gesteckt. Mit der Einnahme von Meiningen und Hildburghausen durch Kurfürst Johann war Anfangs Jun. der Aufstand völlig gedämpft.
Die Folgen des Bauernkriegs waren trostlos. Beide Theile hatten sich mit den gröbsten Unthaten befleckt, mehr als 100,000 kräftige Männer waren im Kampfe, meist ohne große Gegenwehr, und viele durch den Henker gefallen, der auch nachher noch lange an Schuldigen und Unschuldigen sein blutiges Handwerk übte. Die alten Lasten blieben, neue Schatzungen kamen dazu, denn der Schade sollte ersetzt werden, und so wurde dieser Aufruhr für die Landleute eine furchtbare Lehre, denn nur von der Milde zweier Anführer, Ludwig's von der Pfalz und Johann's von Sachsen, weiß die Geschichte.
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